Wer sich der WM in Katar in diesen schwierigen Zeiten voller Krisen nähern will, mag feststellen, dass ein Schuss Ironie dabei hilfreich sein kann – denn am Ende ist es einfach nur Fußball. Es ist also nicht ganz ernst gemeint, aber möglich wäre es ja schon, dass wir in diesen Tagen Zeuge eines der größten Coups der WM-Geschichte werden – ohne es zu wissen. Vielleicht ist das peinliche 1:2 der DFB-Auswahl zum Auftakt gegen Japan nur Teil eines kühnen Plans, den Bundestrainer Hansi Flick und sein Chef Oliver Bierhoff schon lange vor dem Turnier im hochmodernen DFB-Campus in Frankfurt ausgetüftelt haben.
Alle Szenarien berechnet
Spätestens seit der WM 2014 in Brasilien, als für Deutschlands Fußballer eigens eine Residenz namens Campo Bahia mit allem Pipapo gebaut wurde, wissen wir, dass im Vorfeld eines Turniers nichts dem Zufall überlassen wird. Und natürlich wurden jetzt in den Wochen vor Katar alle Szenarien des Turnierbaums durchgerechnet – die in der Deutschland-Gruppe E vor allem dem Vorrunden-Zweiten viele Möglichkeiten bieten. Insofern ist der Bundestrainer mit seiner Mannschaft schon vor dem kribbeligen letzten Spiel gegen Costa Rica prima unterwegs, der Gruppensieg ist bei allen Konstellationen nicht mehr möglich.
Spaniern schwant Böses
Die besten Chancen auf Platz eins haben vielmehr die Spanier, denen vor dem Duell gegen Japan nun schon Böses schwant: Zwar ist der mögliche Gegner im Achtelfinale (Kroatien, Marokko, Belgien) nicht unbedingt Furcht einflößend, aber im Viertelfinale ginge es für die Iberer mutmaßlich gegen die Brasilianer – denen man in deren aktuellen Form lieber spät als früh oder am besten gar nicht begegnen möchte. Und Deutschland? Die DFB-Auswahl wäre bei einem Weiterkommen gegen das genannte Trio aus Gruppe F ebenfalls nicht chancenlos. Im Erfolgsfall hieße der Kontrahent in der Runde der letzten Acht statt Brasilien aber dann Schweiz oder Portugal.
Turnier 1974 als Vorbild
Die Älteren werden sich erinnern: Mit dieser Nummer ist der DFB schon 1974 gut gefahren, als die historische 1:2-Vorrunden-Niederlage in Hamburg gegen die DDR vieles leichter machte. Während die Ostdeutschen als Gruppensieger in der anschließenden Zwischenrunde gegen die Schwergewichte Brasilien, Niederlande und Argentinien auf verlorenem Posten standen, war der Weg zum Titel für Franz Beckenbauer, Wolfgang Overath, Gerd Müller und all die anderen praktisch eine gemähte Wiese: Siege gegen Jugoslawien (2:0), Schweden (4:2) und das 1:0 gegen Polen in der Wasserschlacht von Frankfurt bildeten die Ouvertüre zum umjubelten WM-Triumph gegen die Niederlande.
Warum sollte sich also in der arabischen Wüste nicht Geschichte wiederholen? Nun hat der DFB auf sportpolitischem Parkett in Katar bislang nicht die beste Figur gemacht – aber nun auf dem Rasen die versammelte Konkurrenz auszutricksen, das wäre schon ein cleverer Plan.
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