Koblenz
Kommentar vor dem zweiten Spiel der DFB-Elf in Katar: Kein Prozess, keine Reife
Bundestrainer Hansi Flick wird zeigen müssen, ob er ein Konzept für die DFB-Elf hat – gegen Spanien geht es bereits um alles.
picture alliance/dpa/Christian C

Sportlich hat diese erste WM-Woche schon einige Erkenntnisse geliefert. Es gab einige Teams, die sich klar als Titelanwärter positioniert haben. Eher traurig: die deutsche Mannschaft gehört nicht dazu. Ihr fehlt es an Reife - unter anderem.

Lesezeit 2 Minuten

Bundestrainer Hansi Flick wird zeigen müssen, ob er ein Konzept für die DFB-Elf hat – gegen Spanien geht es bereits um alles.
picture alliance/dpa/Christian C

So, jetzt haben alle Mannschaften mal vorgespielt bei dieser WM. Und wer mit dem Makel politischer Unkorrektheit gut leben kann, weil er den gesamt-gesellschaftlich – zweifellos aus guten Gründen – angetragenen TV-Boykott für sich boykottiert, wird auch schon seine Auswahl getroffen haben, was den engeren Kreis der Titelanwärter angeht. Teams wie Spanien, Frankreich oder Brasilien, das war klar zu erkennen, haben zweifellos die Reife, um sehr weit zu kommen. Die deutsche Mannschaft, so viel steht fest, hat diese Reife nicht.

Sport-Redakteur Klaus Reimann

RZ

Während bei den drei genannten Teams ein klarer Plan zu erkennen ist und dort aus gewachsenen Strukturen etwas erwachsen ist, das den sportlichen Ambitionen gerecht wird, mangelt es der DFB-Elf an der inneren Balance, an der Passgenauigkeit in des Wortes doppelter Bedeutung. Es ist toll, dass wir einen Youssoufa Moukoko haben, dass wir in Niclas Füllkrug einen richtigen Stoßstürmer und in Mario Götze einen gereiften Spielgestalter in Katar mit dabei haben – aber wo bitte ist das Konzept, dass all dies zusammenführt und ein gesundes Selbstverständnis erzeugt, das die Mannschaft durchs Turnier trägt? Genau dieses Selbstverständnis einer gewachsenen, nur schwer zu bezwingenden Einheit geht der deutschen Mannschaft schon seit Jahren ab und hat im Spiel gegen Japan zu einem Ergebnis geführt, das keiner haben wollte. Das aber absehbar war.

Konkurrenz ist Jahre voraus

Verglichen mit den drei oben genannten Teams hinkt der DFB-Kader um Jahre hinterher. Der Pioniergeist, der Mut zum Wagnis, er scheint verloren gegangen hierzulande. Vier Halbfinalteilnahmen seit der WM 2002 mit der Krönung des Titels vor acht Jahren haben satt und die Verantwortlichen offenbar zu Anhängern des Irrglaubens gemacht, wonach es immer so weitergeht.

Just die am Sonntag für die Flick-Elf Schicksal spielenden Spanier haben diese Verve, diese Energie zum Wandel. Angesprochen darauf, ob das erst 18 Jahre alte Mittelfeldtalent Gavi die Zukunft der Nationalmannschaft sei, entgegnete Nationaltrainer Luis Enrique: „Er ist nicht die Zukunft, er ist unsere Gegenwart.“ Bitter, aber folgerichtig, wenn die DFB-Elf das am Sonntag zu spüren bekäme.

E-Mail an den Autor: klaus.reimann@rhein-zeitung.net

Top-News aus der Region