Fernreisen
Kampf mit innerer Uhr: Wie Jetlag entsteht – und was hilft
Ein Mann weckt eine Frau im Wartebereich eines Flughafen
Ein Mann weckt eine Frau im Wartebereich eines Flughafen
Christin Klose. DPA

Bei Reisen über mehrere Zeitzonen ändert sich der Rhythmus von Tag und Nacht und das bringt unseren Körper durcheinander. Wie kommt er möglichst schnell wieder in die Spur?

Lesezeit 3 Minuten

Köln (dpa/tmn) – Er sorgt dafür, dass man neben der Spur ist. Und auf den Magen kann er auch schlagen. Ein Jetlag ist ein unangenehmer Reisebegleiter, gegen den es leider kein Patentrezept gibt. Eine Expertin klärt auf, was hinter den Symptomen steckt und wie wir besser damit fertig werden.

Wie entsteht ein Jetlag?

Das habe mit unserer inneren Uhr zu tun, sagt Dorothee Steven. Die Psychologin arbeitet am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln in der Abteilung für Schlaf und Humanfaktoren.

Die innere Uhr ist nach ihren Worten im Gehirn angesiedelt und steuert alles, was im Körper mit einem Rhythmus abläuft oder zu vorgegebenen Zeiten ablaufen muss. «Licht ist der stärkste Taktgeber für die innere Uhr.» Ändert sich der Zeitpunkt von Helligkeit und Dunkelheit plötzlich, wie bei einem Flug durch mehrere Zeitzonen, kann sie das durcheinanderbringen.

Bei Reisen in Richtung Asien oder Australien, also nach Osten, fühlt sich das oft schlimmer an. Das hängt damit zusammen, dass sich die innere Uhr dort verfrühen muss. Wenn es in Hongkong 23.00 Uhr ist, ist es in Deutschland erst 17.00 Uhr – sich darauf einzustellen, fällt vielen Menschen schwerer als bei Reisen nach Westen, etwa nach New York, wo es dann erst 11.00 Uhr wäre.

Lässt sich einem Jetlag vorbeugen?

Man kann versuchen, seinen Schlafrhythmus schon einige Tage vor der Reise anzupassen – vor allem mit Licht, wie Steven beschreibt. Wenn es draußen noch dunkel ist, können Tageslichtlampen Helligkeit simulieren. Ist es draußen noch hell, kann man das Zimmer abdunkeln. Dadurch passt sich der Schlaf dann an. «Aber das ist alles ein bisschen zäh und oftmals nicht sozialverträglich», sagt die Expertin.

Gänzlich verhindern kann man einen Jetlag dadurch nicht, sondern höchstens abmildern. Möglicher unerwünschter Nebeneffekt dieser Maßnahmen: Gefühle eines Mini-Jetlags schon zu Hause.

Was sind die Symptome eines Jetlags?

Ganz oben stehen Schlafstörungen, weil man nicht zur gewünschten Zeit schlafen kann. Die Folgen des gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus können sich geistig und körperlich bemerkbar machen.

«Man ist im Kopf nicht mehr so schnell, fühlt sich ein bisschen wie in Watte gepackt», beschreibt Steven. Die Reaktionsfähigkeit nimmt ab, Dinge wie Kopfrechnen funktionieren nicht mehr so gut. Möglicherweise reagiert man auch sensibler und gereizter als sonst, weil man Emotionen aufgrund des mangelnden Schlafs nicht gut regulieren kann.

Und dann gibt es noch eine ganze Reihe von körperlichen Symptomen. Dazu gehören vielfach Magen-Darm-Probleme wie Magenschmerzen und Verdauungsstörungen.

Wie lässt er sich am Reiseziel eindämmen?

Man sollte mit dem Licht-Dunkel-Wechsel vor Ort gehen. «Als Orientierungshilfe gilt: Wenn es draußen hell ist, ist man wach, und wenn es draußen dunkel wird, dann sollte man zur Ruhe kommen», sagt Steven.

Wenn man etwa bei einer Reise in die USA Ortszeit 18.00 Uhr ankommt, ist es in Deutschland oft schon mitten in der Nacht. Dem Drang der inneren Uhr, nun ins Bett zu gehen, sollte man dann nicht nachgeben, sondern möglichst draußen im Tageslicht noch etwas tun, bis es auch vor Ort dunkel wird, rät Steven.

Und wenn man die Müdigkeit am Tag gar nicht aushält?

Ein kurzer Schlaf am Tag ist erlaubt, wenn einem die Müdigkeit übermannt. Schlafmediziner raten aber, dass das Nickerchen nicht länger als 20 bis maximal 30 Minuten dauern sollte. Also Wecker stellen.

Was ist, wenn man abends nicht einschlafen kann?

Man kommt Ortszeit spätabends an, aber in Deutschland ist es noch mitten am Tag und man ist entsprechend seiner inneren Uhr noch hellwach.

Dann ist es ratsam, sich hinzulegen und dem Körper zu signalisieren, dass Schlafenszeit ist – sofern es einem die sozialen oder geschäftlichen Umstände gestatten, so Dorothee Steven. Pharmakologisch könnte man hier mit Melatonin unterstützen. «Das ist eine Art Synchronisierungs-Präparat», sagt sie. Es sei wie ein Signal an die innere Uhr, dass nun Nacht wäre. Melatonin ist ein Hormon, das hilft, den Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren – aber es ist kein Schlafmittel.

Von rezeptpflichtigen Schlafmitteln wie Benzodiazepinen zur Bekämpfung des Jetlags rät die Psychologin ab. «Die dämpfende Wirkung kann den Jetlag noch schlimmer machen.»

Noch ein Tipp: Die Essgewohnheiten an die Ortszeiten anpassen und zunächst lieber leichtere Mahlzeiten wählen. Das beugt Magen-Darm-Problemen infolge des Zeitzonenwechsels vor.

Das Patentrezept gegen Jetlag gibt es aber leider nicht: «Einfach aus dem Grund, weil die innere Uhr so träge ist», sagt Steven.

Wie lange dauert ein Jetlag?

Pro Zeitzone einen Tag, lautet die Daumenregel, sagt Steven. Die größten Anpassungen und damit auch Beschwerden treten am Anfang auf. «Meist hat man schon am zweiten, dritten oder vierten Tag das Gefühl, man ist aus dem Gröbsten raus.» Probleme mit dem Einschlafen und Durchschlafen könnten bei großen Unterschiedszeiten aber durchaus eine Woche oder länger anhalten.

© dpa-infocom, dpa:250819-930-931909/1

Top-News aus der Region