Fußball: Bundestrainermuss womöglich beide Innenverteidiger im Achtelfinale ersetzen
Kader vor neuer Bewährungsprobe – Fallen für EM-Achtelfinale beide Innenverteidiger aus?
Euro 2024: Schweiz - Deutschland
Schon gegen die Schweiz kam Nico Schlotterbeck (links) für Jonathan Tah ins Spiel. Für das Achtelfinale ist Tah gesperrt. Foto: Christian Charisius/dpa
Christian Charisius. dpa

Herzogenaurach. Die Vorrunde bei der Heim-EM ist für die deutsche Mannschaft beendet. Den Abschluss mit dem Prädikat Gruppenerster in der Tasche zu haben, ist für eine DFB-Auswahl insofern bemerkenswert, als dass sie bei zwei der vergangenen drei Turniere an dieser Stelle bereits auf der Heimreise war.

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Doch diesmal, so der Eindruck, ist eine Nationalmannschaft am Start, die den Willen und auch die Qualität hat, das angekratzte Image aufzupolieren und es weit zu bringen bei ihren „Heimspielen“. Natürlich gab es in diesen ersten drei Partien noch Situationen, in denen es nicht so rund lief. In Halbzeit eins gegen die Ungarn ließ eine etwas zu sorglose DFB-Elf hinten zu viel zu, und auch gegen die Schweizer waren es die ersten 45 Minuten, in denen die deutsche Mannschaft offensiv zu ideenlos und in der Defensive einmal zu unaufmerksam agierte.

Schnell den Rhythmus gefunden

Dass sich die Mannen von Bundestrainer Julian Nagelsmann in beiden Spielen dann doch noch ihrer Stärke besannen, beharrlich und fokussiert blieben, zeugt von einer gewissen Stressresistenz, die der erst im März gebildete Kader an den Tag legt. Es ist schon erstaunlich, wie schnell diese Mannschaft ihren Rhythmus bei diesem Turnier gefunden hat – ganz gleich in welcher Zusammensetzung. Das sind keine schlechten Voraussetzungen für eine K.o.-Phase.

Die Kader-Philosophie des Bundestrainers hat sich – Stand heute – bewährt. Ein jeder kennt seine Rolle und versucht, zum Wohle des Teams das Beste aus dieser Rolle zu machen. Dieses Miteinander wirkt, zumal Leistungssteigerungen wie gegen Ungarn und die Schweiz nicht zuletzt den eingewechselten Spielern zu verdanken waren. Wobei es in diesen Partien in erster Linie darum ging, mit neuem Personal offensiv mehr Durchschlagskraft zu erlangen.

Tah fällt aus, Rüdiger fraglich

Im Achtelfinale in Dortmund am Samstag (21 Uhr, ZDF) wird die Herangehensweise eine andere sein. Hier wird Nagelsmann erstmals nicht seine Stammelf ins Rennen schicken können. Und auf einmal liegt der Fokus auch nicht mehr auf der Offensive. Nein, just in der K.o.-Phase, wo jedes Gegentor auch schon das Aus bedeuten kann, bereitet die Defensive Kopfschmerzen. Schneller als geahnt rücken jene Spieler ins Rampenlicht, die Nagelsmann dazu auserkoren hat, in die Bresche zu springen, sollte beim unangefochtenen Innenverteidiger-Duo Antonio Rüdiger/Jonathan Tah irgendwas passieren.

Das ist jetzt der Fall. Tah wird wegen einer Gelb-Sperre im ersten K.o.-Spiel definitiv fehlen. Und wenn es ganz blöd kommt, muss der Bundestrainer sogar beide Positionen neu besetzen, wobei nach wie vor nicht klar ist, wie schwer Rüdigers Oberschenkelverletzung tatsächlich ist.

Und auf einmal ist sie wieder da, die Abwehrdebatte, die Nagelsmann und sein Trainerteam schon überwunden glaubten. Für Kader-Kritiker rächt es sich jetzt, dass der Bundestrainer bei dieser EM auf Routinier Mats Hummels verzichtet hat. Für Nagelsmann ist Hummels nicht für eine Reservistenrolle bei einem Turnier gemacht. Dieselben Kritiker fragen jetzt, ob Nico Schlotterbeck und der Stuttgarter Waldemar Anton als Innenverteidiger das Zeug dazu haben, auf diesem hohen Niveau zu spielen und zu überzeugen. Und jetzt müssen vielleicht sogar beide ran.

DFB will keine Debatte aufkommen lassen

Beim DFB wollen sie diese Debatte gar nicht erst wieder ins Rollen kommen lassen. „Ja, wir sind bei dem Rollenverständnis. So wie ich den Kader vor Augen habe, würden wir trotzdem mit elf spielen und zwei andere aufstellen“, meinte Geschäftsführer Andreas Rettig ganz pragmatisch.

Sollte es beim Ausfall von Tah bleiben, wird Schlotterbeck an seine Stelle rücken. Der Dortmunder, der sich gegen Ende der abgelaufenen Saison enorm gesteigert hat und stabiler geworden ist, kam schon gegen die Schweiz zum Einsatz. Man habe ihm „Minuten geben“ wollen, so Nagelsmann. Anton, trotz seiner 28 Jahre mit zwei A-Länderspielen auf internationaler Bühne ein Frischling, käme zu seinem ersten EM-Einsatz. „Spieler von der Bank können Spiele entscheiden“, hatte der Bundestrainer gesagt, nachdem der eingewechselte Niclas Füllkrug gegen die Schweiz das viel umjubelte 1:1 erzielt hatte. Die Flanke kam vom eingewechselten David Raum. Jetzt ist es an Schlotterbeck und/oder Anton, sich als Torverhinderer einen Namen zu machen.

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