Dazu gehört nicht nur, ein taktisches Grundgerüst zu entwickeln und zu verinnerlichen, in dem jeder seine Rolle finden und ausfüllen soll. Nein, die psychologische Komponente entscheidet im Fußball der Gegenwart maßgeblich über Wohl und Wehe bei einem Turnier. Zumindest verfestigt sich dieser Eindruck.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Bundestrainer Nagelsmann ein großer Verfechter der Theorie ist, wonach gute Turniere im Kopf gespielt und im besten Fall gewonnen werden. Stereotypische Wortmeldungen aus dem deutschen EM-Kader scheinen dabei in erster Linie dazu da zu sein, das vorherrschende Meinungsbild zu bestätigen. „Julian Nagelsmann sorgt immer dafür, dass die Stimmung in der Mannschaft gut ist und dass wir uns auf dem Platz immer besser verstehen“, sagte beispielsweise Leroy Sané dieser Tage und verabreichte der Öffentlichkeit damit die tägliche Dosis Zuversicht.
Störfeuer, die das Zeug zum Flächenbrand haben, tritt der Bundestrainer dann auch gleich selbst aus. In der Causa Manuel Neuer herrscht ein strenges Diskussionsverbot. Dabei scheint der 38 Jahre alte Bayern-Keeper im gleichen Maße, wie er älter und verletzungsanfälliger wird, auch empfänglicher für Fehler zu werden. Natürlich ist Nagelsmanns Basta-Position nur allzu verständlich: Jetzt bloß kein Stimmungskiller so kurz vor dem Turnierbeginn!
Aus der Welt ist die Diskussion, die außerhalb der DFB-Blase natürlich geführt wird, damit freilich nicht. Schon am Freitag wird sich zeigen, ob Neuer das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen kann. Noch mehr als eine von allen Ablenkungsmanövern befreite Vorbereitung ist schließlich ein erfolgreiches Auftaktspiel, das den Weg für ein gutes Turnier ebnet.