Erhalten bleiben unter anderem die Geschäftsstellen in Koblenz, Betzdorf, Montabaur, Neuwied, Bad Kreuznach, Idar-Oberstein, Simmern und Mainz. Die Krankenkasse will mit diesem Umbau Verwaltungskosten von bis zu 300 Millionen Euro jährlich einsparen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es laut Kleis nicht geben.
Wir sprachen mit Dunja Kleis:
Der Kassenbeitrag sinkt 2015 auf 14,6 Prozent. Wird es bei der Barmer GEK dabei bleiben, oder müssen Sie Zusatzbeiträge erheben?
Die Entscheidung darüber fällt erst im Herbst. Uns fehlen noch die Prognosen der Kostenentwicklung für 2015. Erst daraus können wir ableiten, ob wir einen Zusatzbeitrag benötigen.
Was kann sich da verändern, was Sie jetzt noch nicht wissen?
Wir sind ja derzeit noch in Verhandlungen darüber, wie sich die Krankenhauskosten entwickeln. Wir haben auch noch keine sicheren Zahlen über die künftigen Arzneimittelkosten.
Ist das nicht ein Poker bis zur letzten Minute, weil sich keine große Kasse Zusatzbeiträge leisten kann?
Nein. Von Pokern würde ich nicht sprechen. Wir brauchen eine Prognose für 2015, auch bezüglich der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. Da hat es noch einige gesetzliche Veränderungen, etwa hinsichtlich der Einbeziehung der Krankengeldzahlungen, gegeben.
Aber eine große Kasse wie die Barmer GEK kann es sich doch nicht ernsthaft erlauben, mehr als andere Versicherungen zu verlangen.
Der Wettbewerb ist ja erklärtes Ziel der Politik. Unser Ziel ist natürlich, dass wir nicht teurer als die anderen sind. Bislang haben wir mit einem Beitragssatz von 15,5 Prozent Überschüsse erwirtschaftet. Im Moment schrumpfen diese. Deshalb gehe ich schon davon aus, dass es eine allgemeine Diskussion um Zusatzbeiträge geben wird.
Was ziehen Sie vor: die Rücklagen angreifen oder Zusatzbeiträge erheben?
Wir werden auch an die Rücklagen gehen. Allerdings gibt es eine gesetzliche Mindestreserve. Es ist nicht sinnvoll, allein eine kurzfristige Strategie zu verfolgen. Bundesweit haben wir monatliche Ausgaben von 2,061 Milliarden Euro. Unsere Mindestreserve beträgt ein Viertel dieser Summe, also etwa 515 Millionen Euro.
Sie haben sich für eine Freigabe des Kassenbeitrags eingesetzt. Sind Sie jetzt zufrieden?
Ja. Die bisherigen Zusatzbeiträge waren bürokratisch sehr aufwendig, weil wir bestimmte technische Möglichkeiten vorhalten mussten, die wir aber nie gebraucht haben, weil wir keine Zusatzbeiträge erheben mussten. Auch der Sozialausgleich war kostspielig. Kritisch sehe ich, dass die Arbeitnehmer ab 2015 allein für Kostensteigerungen etwa wegen der demografischen Entwicklung zahlen müssen. Problematisch finde ich auch, dass wir einen enormen Aufwand treiben müssen, um die Versicherten über ihr Sonderkündigungsrecht aufzuklären. Die Versicherten durften ihren Vertrag auch vorher schon mit einer Frist von 18 Monaten kündigen, bei einer Beitragssteigerung sogar sofort. Darüber haben wir auch stets informiert. Doch jetzt müssen wir jeden Versicherten anschreiben. Ich befürchte, dass einige dies als Aufforderung zur Kündigung auffassen. Das ist nicht der richtige Weg.
Ärzteverbände fordern, dass Kassen nur noch eine Basisleistung anbieten und Sonderleistungen wie Homöopathie oder Akupunktur nicht mehr als Bonbon mitversichern, sondern als private Zusatzleistung auslagern. Was sagen Sie dazu?
Das ist eine grundsätzliche Systemdiskussion, die immer mal wieder aufkommt. Ich kann mir vorstellen, dass wir uns auch unter diesen Bedingungen am Markt positionieren. Dazu müsste es aber einen gesellschaftlichen Konsens darüber geben, was unter Basisleistungen zu verstehen ist. Auch heute finanzieren wir nur Leistungen, bei denen es einen hinreichenden Hinweis gibt, dass sie wirksam sind und einen Zusatznutzen haben.
Die Bundesregierung rechnet damit, dass die Kassen künftig sparen müssen. Sie haben im Land fast 800 Beschäftigte, fast 40 Bezirksgeschäftsstellen und vier Regionalgeschäftsstellen. Was kostet das?
Jährlich fast 47 Millionen Euro bei Gesamtausgaben von 1,2 Milliarden Euro – das ist ein Anteil von 4,1 Prozent für die Verwaltung.
Ist eine so große Verwaltung noch zeitgemäß?
Wir haben Kundenbefragungen gemacht. Das Ergebnis: Unsere Versicherten wollen ein flexibles Angebot haben. Sie wollen über verschiedene Kanäle beraten werden, übers Telefon, online, aber auch im persönlichen Gespräch. Der Trend geht aber klar zur telefonischen und Onlineberatung. Ein persönliches Gespräch wünschen sich nicht nur Ältere, sondern vor allem Versicherte mit einem schwierigen und komplexen Krankheitsfall.
Wie reagieren Sie darauf?
Bis Ende 2018 wollen wir 3500 von insgesamt 16.700 Stellen abbauen. In der Kundenberatung wollen wir aber kein Personal reduzieren, sondern das Angebot dort eher ausbauen. Der Bereich der Telefonberatung soll gestärkt werden. Die Versicherten sollen am Telefon die gleiche Beratung bekommen, als ob sie persönlich in die Geschäftsstelle gekommen wären. Es soll aber keine Callcenter geben.
Bedeutet dies, dass Sie sich aus der Fläche zurückziehen?
Wir werden die Standorte reduzieren. Geschäftsstellen mit sehr wenig Personal, die nicht an allen Tagen der Woche geöffnet haben, werden wir zusammenlegen. Die neuen Geschäftsstellen sind dann montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr geöffnet und personell stärker besetzt. Die Wartezeiten für Versicherte werden so also sinken.
Wie viele Geschäftsstellen wird es künftig im Land noch geben?
Bundesweit streben wir eine Zahl von 400 an. Derzeit haben wir noch mehr als 700. Im Land werden wir von derzeit 37 Geschäftsstellen 20 behalten. Es ist aber sichergestellt, dass kein Versicherter von seinem Wohnort weiter als 20 Kilometer zur nächsten Geschäftsstelle fahren muss. Älteren und weniger mobilen Versicherten werden wir außerdem verstärkt Hausbesuche anbieten. Zudem wird es vermehrt Beratungen in Gemeindezentren oder großen Firmen geben.
Was geschieht mit den Mitarbeitern? Wird es betriebsbedingte Kündigungen geben?
Nein. Die sind ausgeschlossen. Dazu gibt es einen Tarifvertrag, nach dem jedem Mitarbeiter eine zumutbare Stelle angeboten wird. Zumutbar ist bis zu eine Stunde Fahrt zum Arbeitsplatz.
Das Gespräch führte Christian Kunst