Rheinland-Pfalz
Höhere Preise auf der Speisekarte: Alles halb so wild?
Kaffeewirtschaft Koblenz
David Richard hat mit Blick auf die wieder steigende Mehrwertsteuer bereits im Dezember alle Preise um fünf Prozent erhöht. Der Inhaber der Kaffeewirtschaft in Koblenz findet es nicht fair, dass für Speisen zum Mitnehmen ein geringerer Steuersatz gilt.
Sascha Ditscher

Seit Januar gilt für Speisen in der Gastronomie wieder ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Während der Corona- und Energiekrise war er auf 7 Prozent gesenkt worden. Die RZ hat sich umgehört, was die Mehrwertsteuererhöhung für Betriebe in der Region bedeutet. Dabei gibt es auch optimistische Stimmen. Doch die Branche bleibt weiter unter Druck - nicht nur aufgrund der Steueranhebung.

Kaffeewirtschaft Koblenz
David Richard hat mit Blick auf die wieder steigende Mehrwertsteuer bereits im Dezember alle Preise um fünf Prozent erhöht. Der Inhaber der Kaffeewirtschaft in Koblenz findet es nicht fair, dass für Speisen zum Mitnehmen ein geringerer Steuersatz gilt.
Sascha Ditscher

Sich im Restaurant bekochen zu lassen, ist seit Jahresbeginn in der Regel wieder teurer. Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie beträgt seitdem wieder 19 Prozent. In der Corona-Krise war sie auf 7 Prozent gesenkt worden, aufgrund der Energiekrise wurde die Regelung bis Ende 2023 verlängert. Zum Januar ist sie ausgelaufen. Verprellt das die Kunden? Unsere Zeitung hat sich bei Gastronomen aus der Region umgehört.

„Wir haben sie weitergegeben“, sagt Andreas Röth über die wieder angehobene Mehrwertsteuer. Gemeinsam mit Udo Braun ist Röth in Bad Kreuznach Inhaber von gleich drei Gastrobetrieben: des Brauhauses Brauwerk, des Restaurants und Cafés Salinas sowie der Schirmbar Fritz. Zu den höheren Preisen geäußert habe sich bisher kaum ein Gast. „Wir haben viele Stammkunden“, betont Röth. Diese hielten den Lokalen die Treue.

Keine verlässlichen Angebote für Hochzeiten im Sommer möglich

Erfahrungsgemäß, so Röth, sind Januar und Februar in der Gastronomie die schlechtesten Monate des Jahres. Doch der Umsatz sei diesmal nicht schlechter als im Vorjahr. „Es geht uns eigentlich immer noch sehr gut“, meint Röth. Die anfängliche Aufregung um die Anhebung der Mehrwertsteuer, die auch in den Medien zu spüren gewesen sei, hat sich aus Sicht des Kreuznacher Gastronoms gelegt. Doch er weist auch auf gestiegene Personalkosten, gesunkene, aber immer noch hohe Energiekosten und stark gestiegene Fleischpreise hin.

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In den Lokalen, die Andreas Röth (Foto) und Udo Braun gemeinsam in Bad Kreuznach betreiben, habe sich bisher kaum ein Gast zu höheren Preisen geäußert. "Wir haben viele Stammkunden", betont Röth.
Archiv/Josef Nürnberg

„Der Fleischpreis ist Wahnsinn“, sagt Röth. Für Hochzeitsfeiern im Sommer könne er derzeit nur Pi mal Daumen ein Angebot machen, weil er nicht wisse, wie sich die Lebensmittelpreise entwickeln. Derzeit sei hier keine Entspannung zu erkennen. Im Alltagsgeschäft kämen auch fleischlose Tagesgerichte gut an. Kartoffelpuffer mit Apfelmus könne beispielsweise weiterhin für unter 10 Euro angeboten werden.

Insgesamt habe die Branche sich nach Corona noch nicht vollständig konsolidiert. Die Mehrwertsteuer auf Speisen für weitere ein bis zwei Jahre zu senken, wäre aus Röths Sicht gut gewesen. „Dann hätte man sich von allem erholt.“ Doch der Gastronom ist guter Dinge und weiß um seinen Standortvorteil. „Wir haben Läden in einer guten Lage, wo die Leute gern hingehen.“ Nun freue er sich auf den Start der Außensaison. Doch für Kollegen, die in der aktuellen Lage immer noch von Corona gebeutelt seien und bei schönem Wetter keine Sitzplätze im Freien vorhalten könnten, „ist das wirklich hart“.

Dann hätte man sich von allem erholt.

Gastronom Andreas Röth findet, dass es der Gastrobranche geholfen hätte, die gesenkte Mehrwertsteuer für weitere ein bis zwei Jahre beizubehalten.

Für ein Fazit, ob ihre Gäste seit Januar zurückhaltender sind, ist es Christa Storch noch zu früh. Sie betreibt mit ihrer Familie das Gasthaus Assenmacher in Altenahr. Die erhöhte Mehrwertsteuer ist im Restaurant auf die Speisenpreise aufgeschlagen worden. „Es gab keinen Gast, der gesagt hat: Ihr seid aber teuer geworden“, sagt Storch. Doch genau wie ihr Kollege aus Bad Kreuznach weist sie darauf hin, dass in den ersten beiden Monaten des Jahres weniger los ist als sonst.

Wenn zu Weihnachten viel Geld ausgegeben und an den Feiertagen und Silvester gut gegessen werde, sei es im neuen Jahr erst mal ruhiger – auch wenn die restlichen Ferien im Januar, Karneval, Aschermittwoch und der Valentinstag positiv herausstechen. Daher kann Christa Storch noch nicht beurteilen, „ob jetzt jemand weniger essen geht oder bei uns weniger isst“.

Belastungen in der Gastrobranche nehmen zu

Mit dem vergangenen Jahr zeigt sich die Gastronomin zufrieden. Aber: „Ich glaube, dass wir noch etwas kämpfen müssen.“ Die Umsatzzahlen stimmten, aber die Belastungen würden mehr – beispielsweise bei den Lebensmitteln. So seien die Einkaufspreise für Gemüse und Fisch im Januar noch mal angestiegen. Bei fast allen Lieferungen werde inzwischen eine zusätzliche Lieferpauschale fällig – das habe sich etabliert, als mit dem Ukraine-Krieg die Spritpreise angestiegen waren. Zudem müsse ihr Betrieb zum Teil noch Corona-Hilfen zurückzahlen, so Storch. Zum Januar ist auch der Mindestlohn gestiegen. Doch die meisten Mitarbeiter würden ohnehin übertariflich bezahlt. „Sie müssen froh sein, wenn Sie gute Leute haben.“

Christa Storch betreibt mit ihrer Familie das Gasthaus Assenmacher in Altenahr. Für ein Fazit, wie sich die erhöhte Mehrwertsteuer auf ihren Betrieb auswirkt, ist es ihr noch zu früh, da im Januar und Februar erfahrungsgemäß weniger lost ist.
Dominik Ketz/Gasthaus Assenmache

Die preislichen Spitzenreiter auf der Karte des Gasthauses sind derzeit der Hirschkalbsrücken für 43,50 Euro sowie der Wolfsbarsch für denselben Preis. Doch es werde auch nach günstigeren Alternativen Ausschau gehalten, wie die Chefin erklärt. So habe man sich etwa bei der Fischauswahl für Dorade statt Steinbutt entschieden. Hier ist die Portion für 34 Euro nun im Vergleich zum Wolfsbarsch deutlich günstiger. Nach dem 12. März soll es zudem eine Mittagslunch-Karte geben, auf der mit wechselnden Angeboten gearbeitet werden kann, erklärt Storch. Insgesamt müssten die Preise mittlerweile mit weniger finanziellem Puffer kalkuliert werden, damit es für die Gäste nicht zu teuer werde.

David Richard, Inhaber der Kaffeewirtschaft am Koblenzer Münzplatz, setzt zunächst auf eine Mischkalkulation. „Wir haben im Dezember schon alle Preise komplett um 5 Prozent erhöht, um vorzubauen für den Januar“, erklärt Richard. Denn Januar und Februar, so betont es auch Richard, seien die dünnen Monate, „absolute Saure-Gurken-Zeit, wenn man nicht Karneval macht“. Aufgeschlagen hat der Gastronom die 5 Prozent nicht nur bei den Speisen, bei denen sich die Mehrwertsteuer ab Januar wieder erhöht hat, sondern auch bei den Getränken. Eine Art psychologischer Trick, da der Preissprung dann nicht so hoch aussieht.

Vor Corona hatte ich immer Angst, Preise zu erhöhen.

Gastronom David Richard macht sich heute keine Gedanken mehr über notwendige Anpassungen

Aber: „Im Gesamtpaket wird das nicht ausreichen, weil zu viel zusätzlich dazukommt“, sagt Richard. Im März, wenn die Terrassensaison beginnt, werde nachkalkuliert. Dann würden auch steigende Löhne berücksichtigt, die über die aktuellen Preise nicht abgedeckt würden. Hinzu käme unter anderem auch die Mauterhöhung, die von der Transportbranche weitergegeben werde. „Es wird ja alles transportiert, egal ob das das Bierfass ist, der Wein oder das Gemüse.“ Er stehe in Verhandlungen mit allen Zulieferern. Die Corona-Pandemie sei gerade erst vorbei, die Branche habe sie finanziell noch nicht weggesteckt. Nun kämen neue Belastungen – zu viele auf einmal. Auch der Fachkräftemangel plagt die Gastronomie.

Kaffeewirtschaft Koblenz
David Richard wünscht sich mehr Menschen in der Politik, die wissen, wie ein Betrieb funktioniert. Doch Selbstständige hätten oft nicht die Zeit, sich politisch zu engagieren. Der Abbau von Bürokratie könnte aus seiner Sicht Freiräume schaffen.
Sascha Ditscher

„Vor Corona hatte ich immer Angst, Preise zu erhöhen“, sagt Richard. Die Speise- und Getränkekarten – abgesehen von den Wochenkarten – seien zwei Jahre unverändert geblieben. Die Einkaufs- und Lohnkosten sowie „das Gesamtgefüge“ seien stabiler gewesen. Doch die Pandemie sei bitter für die Kaffeewirtschaft gewesen. Danach habe er sich bei Preiserhöhungen keine Gedanken mehr gemacht. „Zu meinen Mitarbeitern habe ich gesagt: Wenn die Gäste etwas sagen, könnt ihr das erklären. Die Alternative ist, dass es uns nicht mehr gibt.“ Aber auch die Kaffeewirtschaft hat Stammgäste, auf die sie zählen kann.

Ungleiche Besteuerung von Speisen wird als unfair empfunden

Richard kann zudem nicht nachvollziehen, dass Speisen, die im Restaurant gegessen werden, und solche zum Mitnehmen unterschiedlich besteuert werden. Beim Außerhausverkauf liegt die Mehrwertsteuer bei 7 Prozent. „Und das, was wirklich Arbeit macht und Geld kostet, wird mit 19 Prozent besteuert, das macht überhaupt keinen Sinn“, beklagt der Gastronom. Der Aufwand in seinem Lokal sei deutlich größer als beim Verkauf von Pommes über die Ladentheke. Er biete seinen Gästen Marmortische, Blumen, Kerzen, eine Toilette, einen Kellner, der an den Tisch kommt, einen Barkeeper, „und wir haben in der Küche gerade vier Leute am Arbeiten“.

Was Richard sich von der Politik wünscht, um die Lage zu entspannen? In der Corona-Zeit habe sich für ihn abgezeichnet, „dass wir Menschen in der Politik haben, die nicht aus der Wirtschaft kommen, die nicht wissen, wie Betriebe funktionieren“. Das hält der Gastronom für ein Problem. Früher seien viele Selbstständige selbst in der Politik aktiv gewesen. Doch er kenne heute keinen mehr, der den Freiraum hätte, sich politisch zu engagieren – „da ist diese große Bürokratieblase“, sagt Richard. Der Abbau von Bürokratie würde aus seiner Sicht alle Selbstständigen entlasten, nicht nur in der Gastronomie.

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