„Cahua ist die Mitte des Worts ‚Cacahuate‘, dem aztekischen Wort für Kakaogetränke“, erklärt Franka Rössel in ihrem kleinen Geschäft, in dem demonstrativ große Jutesäcke voller Kakaobohnen aus Costa Rica in der Ecke stehen. Zusammen mit ihrem Lebens- und Geschäftspartner Lucien Krempel eröffnete sie kurz vor Weihnachten mitten im zweiten Lockdown den Schokoladenladen. Bereut haben sie den ungünstigen Zeitpunkt aber nicht: „Für uns war es nicht so schlecht, so konnten wir die Abläufe kennenlernen und uns langsam an den Laden gewöhnen“, erzählt Krempel.
Schokolade aus Leidenschaft
Franka Rössel (25) ist gelernte Konditormeisterin (die Landesbeste 2019) und geprüfte Schokoladen-Sommelierin. In und nach ihrer Ausbildung sammelte sie diverse Auslandserfahrung, war in Brüssel, Valencia und sogar im Luxuskaufhaus Harrods in London. Ihr Ergänzungsstück ist Lucien Krempel. Der 26-Jährige ist Industriemeister für Süßwaren und hat früher Anlagen für Süßwarenhersteller gebaut. Er lernte in seiner Ausbildung alles über Schokolade, Bonbons und Eis. Zusammen harmonisieren sie sehr gut: „Die Konditoren-Ausbildung ist Handwerk, der Süßwarentechnologe sozusagen das Pendant in der Industrie“, sagt Krempel. Die Schokoladenproduktion in einem kleinen Maßstab war jedoch für beide totales Neuland: „In der Konditorausbildung lernt man die technischen Sachen, aber es steckt kein Wissen über die Schokolade dahinter“, erklärt Rössel. In ihrem Praktikum in Belgien sah sie dann, dass kleine Schokoladenmanufakturen funktionieren können. In Deutschland gibt es nur wenige sogenannte „Bean to bar“ Betriebe. Darunter versteht man Hersteller, die von der rohen Bohne bis zum fertigen Produkt alles selbst herstellen.
Der eigene Schokoladenladen
Die Erfahrung der beiden fließt nun in das eigene Geschäft ein. Seit knapp vier Jahren planen die beiden den Schritt in die Selbstständigkeit schon, dann fanden sie im letzten Sommer endlich das passende Geschäft. Wichtig war den beiden, die Heimatverbindung nicht aufzugeben und in oder um Koblenz herum etwas zu finden. In dem ehemaligen Immobilienbüro in der Görresstraße musste einiges renoviert werden. Der alte Teppichboden wich Fliesen für die Lebensmittelproduktion, die Elektrik und Wasseranschlüsse mussten neu verlegt werden. Die 36 Quadratmeter werden effizient genutzt: Aufgeteilt ist der Laden in ein Verkauf- und einen Produktionsbereich, der durch eine große Glasscheibe transparent ist. Dass bei der Eröffnung noch nicht alles fertig ist, ist Teil des Konzeptes: „Die Leute sollen mitbekommen, wie wir uns entwickeln, dann sehen sie eben auch, dass da jemand dahintersteht, der da sein Herzblut reinsteckt“, erklärt Rössel.
Erlesene Bohnen
Zusammen reisten sie im vorletzten Jahr nach Costa Rica und suchten sich passende Kakaobauern aus. „Wir haben eine Kooperative bestehend aus kleinen Familien gefunden, von denen wir direkt die Bohnen beziehen“, erzählt Rössel. Wichtig war ihnen dabei, Landwirte zu finden, die gänzlich auf Pestizide, Monokulturen und Kinderarbeit verzichten. „Wie bei Wein und den Traubensorten gibt es große Unterschiede in den verschiedenen Bohnen und dem Geschmack, der am Ende dabei rauskommt“, erklärt sie weiter. Das Sortiment soll in Zukunft vergrößert werden, um den Leuten die Unterschiede der Bohnen und die verschiedenen Geschmacksnuancen zeigen zu können.
Im Cahua Schokoladenlabor wird deswegen alles selbst gemacht. „So wie wir Schokolade herstellen, wurde es vor hundert Jahren gemacht“, erzählt Krempel. Manche der Gerätschaften werden noch mit Muskelkraft per Hand bedient. Dadurch, dass das Geschäft noch in den Kinderschuhen steckt, muss jeder zudem alles können. Sehr aufwendig ist die Produktion der Schokolade: „Die geht über drei bis fünf Tage“, erklärt Rössel. Denn zuerst müssen die Bohnen geröstet, von der Schale gelöst, gemahlen und conchiert werden, anschließend kann die fertige Schokolade gepresst und verarbeitet werden. „Und nur wenn die Schokolade so wenig verarbeitet wird wie möglich, sind die ganzen Aromen noch enthalten“, sagt Rössel weiter.
Kaffeekonzept ersetzt durch heiße Schokolade
Fest im Sortiment etwa sind Brownies und vegane Cookies. Das Angebot ist aber nur so groß, dass möglichst nichts weggeworfen wird und das wöchentlich auch Platz für limitierte Angebote da ist. „So sammeln wir im Moment unser Repertoire zusammen. Ich mag gerne neue Rezepte entwickeln und verschiedene Sachen ausprobieren“, erklärt Rössel. Die Schokoladentafeln, die die Form einer Kakaofrucht haben, kommen in passgenauen Papierverpackungen, die Becher sind mit einer Beschichtung aus Maisstärke komplett recycelbar. „Wir gucken, dass wir so wenig Plastik wie möglich verwenden“, so Rössel weiter.
Dreh- und Angelpunkt ist die heiße Schokolade, die wahlweise 100 oder 70-prozentig ist und mit verschiedenen Bio-Toppings wie Guarana, Ingwer oder Haselnuss verfeinert werden kann. Nur am Wochenende verfügbar und sehr begehrt sind die Brioches mit eingerollter Schokoladenmasse. Zu viel backen will die Konditormeisterin aber nicht: „Es geht ja eigentlich um die Schokolade, sagt sie.
Mehr Infos unter www.ku-rz.de/cahua