Infrastruktur Fehlt es an Bauland? Oder ist die Baubranche überlastet? So oder so wird im Land weniger neu gebaut
Fehlt es an Bauland? Oder ist die Baubranche überlastet? Warum es weniger neue Wohnungen gibt
Obwohl der Bedarf da ist, werden in Rheinland-Pfalz weniger Wohnungen und Einfamilienhäuser genehmigt und damit auch gebaut. Für die Immobilienbranche ist der Fall klar: Die öffentliche Hand muss mehr Bauland ausweisen. Foto: dpa
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Rheinland-Pfalz. Schlechte Nachrichten für Wohnungssuchende in Rheinland-Pfalz: Die Kommunen haben im vergangenen Jahr deutlich weniger Wohnungen zum Bau freigegeben. Die Bauämter erteilten Genehmigungen für 6826 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern, das waren dem Statistischen Landesamt zufolge 12,3 Prozent weniger als noch im Jahr 2016. Auch Einfamilienhäuser wurden seltener genehmigt, insgesamt 5124-mal und damit 7 Prozent weniger als im Vorjahr.

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Dabei ist Wohnraum knapp – vor allem in den Ballungszentren. Laut der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft, die die Interessen von Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften in Hessen und Rheinland-Pfalz vertritt, werden in Rheinland-Pfalz jährlich 15.000 neue Wohnungen gebraucht, aber nur 10.000 gebaut. Auch der Immobilienverband (IVD) spricht von „Tausenden fehlenden Einheiten in den Ballungsräumen und in den Universitätsstädten des Landes“.

Die Gründe, weshalb trotz des Bedarfs weniger Wohnungen genehmigt werden, sind aus Sicht der Branche vielfältig. So spricht zum Beispiel der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft von teils überzogenen Vorgaben für Klimaschutz, Brandschutz und Barrierefreiheit. 20.000 Bauvorschriften machen das Bauen demnach teuer und müssten nach Ansicht des Verbandes überprüft werden.

Das findet auch Andreas Schnellting, im IVD West für Rheinland-Pfalz zuständig: „Wenn ein Platz zum Bauen da ist, bremsen die viel zu langwierigen Genehmigungsverfahren den bitter benötigten Fortschritt aus. Schließlich macht der Gesetzgeber auf Landes- und Bundesebene das Bauen immer komplizierter und teurer. Allein durch energetische Vorschriften sind die Baukosten in den letzten Jahren im deutlich zweistelligen Prozentbereich gestiegen“, sagt er. Viel gravierender findet er aber, „dass die öffentliche Hand zu wenig Bauland ausweist“.

Die Verantwortung dafür, dass weniger Wohnungen neu gebaut werden, liegt allerdings nicht allein bei Städten und Gemeinden. Das jedenfalls legt eine Studie der Förderbank KfW nahe. Demnach werden viele Baugenehmigungen zwar erteilt, aber nicht genutzt. Laut der KfW-Studie liegt das an Kapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft. In der öffentlichen Debatte werde der Schwarze Peter zwar gern den Kommunen zugeschoben, deren langwierige Genehmigungsverfahren für den Wohnungsmangel verantwortlich sein sollen, heißt es in der Expertise. „Einer empirischen Überprüfung hält dieser Vorwurf jedoch kaum Stand. Das Fertigstellungsdefizit entsteht vielmehr dadurch, dass genehmigte Bauvorhaben oftmals nur mit Verzögerungen oder gar nicht umgesetzt werden.“

Insbesondere in den großen Ballungszentren wie dem Rhein-Main-Gebiet zeige sich außerdem das Phänomen, dass Investoren Baugenehmigungen auf Vorrat einholen und die dahinterliegenden Projekte zunächst nicht umsetzen, weil sie auf steigende Mieten und Immobilienpreise in der Zukunft setzen. „Bereits der Abbau des bestehenden enormen Überhangs von Baugenehmigungen würde erheblichen Druck von den angespannten Wohnungsmärkten nehmen“, befinden die Experten der KfW.

Tatsächlich scheint die Baubranche insgesamt mehr als ausgelastet. Wie das Statistische Bundesamt erst am Freitag bekannt gegeben hat, haben Deutschlands Bauunternehmen zum Jahresanfang erneut mehr Aufträge erhalten. Die Bestellungen stiegen demnach im Januar im Vergleich zum Vorjahr preisbereinigt um 4,4 Prozent – der Bauboom hält also an.

Von unserer Redakteurin Angela Kauer-Schöneich

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