Führung wirft ihrem einstigen Aushängeschild parteischädigendes Verhalten vor - Wie man den ehemaligen Berufssoldaten disziplinieren will, ist noch offen
Ex-Fraktionschef Junge macht Landes-AfD eine Kampfansage: Führung wirft ihm parteischädigendes Verhalten vor
Bekennender Kritiker des rechtsextremen ,Flügels’: Uwe Junge, Ex-Fraktionschef der AfD im Landtag, veröffentlicht in Kürze ein Buch. Foto: dpa
dpa

Rheinland-Pfalz. Der Streit zwischen Uwe Junge und der rheinland-pfälzischen AfD spitzt sich weiter zu. Dem Ex-Fraktionschef, der in der kommenden Legislaturperiode nicht mehr im Mainzer Landtag sitzt, drohen Ordnungsmaßnahmen der Partei. Möglich sind eine Abmahnung, eine Ämtersperre oder ein Ausschlussverfahren. Eine öffentliche Bestätigung, wie die Partei ihren einstigen Chef bestraft, gibt es bislang nicht.

Lesezeit 3 Minuten

Der Grund: Die AfD hat dem Vernehmen nach einen Beschluss gefasst, sich öffentlich vorläufig nicht zu Sanktionen gegen ihren einstigen Chef zu äußern. Ein interner Maulkorb, wo zuvor kräftigst gebissen wurde. Die AfD wirft Junge parteischädigende Äußerungen vor. Der antwortete der Partei in einer Stellungnahme harsch. In seinem Schreiben an die AfD unterstellte Junge Absichten, die „willkürlich und Interessengelenkt“ seien, „um unliebsame Kritiker mundtot zu machen“.

Worum geht es in dem Konflikt? Die AfD hält Junge öffentliche Äußerungen in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook vor, wo der Ex-Fraktionschef bis zu 15.000 Anhänger hat. Zum 80. Geburtstag von Alexander Gauland twitterte Junge: „Ohne ihn hätten wir eine bürgerliche, konservative und wählbare Opposition. Ohne ihn wäre Höcke nur ein Provinzclown, Kalbitz gar nicht existent und der ,Flügel' nur eine Splittergruppe.“

Die Partei wirft Junge vor, die AfD mit diesen Worten kurz vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz und im Superwahljahr 2021 als unwählbar dargestellt zu haben. Auch Einträge auf Facebook erzeugten Unmut in Teilen des Landesvorstands. Dort schrieb Junge, die AfD solle darüber nachdenken, wählbare Personen nach vorn zu stellen. In einem Beitrag behauptete Junge auch, die AfD reduziere sich auf einen „Mandatsbeschaffungsverein für einige wenige Protagonisten, die sich die AfD zur Beute machen“.

Junges Reaktion? Er widersprach immerhin dem Vorwurf der AfD, seine personelle Kritik ziele auch auf den Trierer Spitzenkandidaten Michael Frisch. Dessen Kandidatur habe er stets unterstützt und die Leistungen im Wahlkampf positiv gewertet. Ansonsten blieb Junge bei seiner Haltung. Er stelle in der rheinland-pfälzischen AfD fest, dass unpolemische Sacharbeiter „systematisch ausgesondert und durch unkritische Mitläufer ersetzt“ würden. Als Beispiele nannte er den ausgeschiedenen Landtagsabgeordneten Timo Böhme oder den Koblenzer Joachim Paul, den die Fraktion in einer Abstimmung vom Vize zum einfachen Abgeordneten abstürzen ließ. Die Verursacher der Negativentwicklung versuchten nun diejenigen zu verfolgen, „die es bemerkt haben und aufzeigen“, so Junge in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt. Auch an der Kritik gegen Gauland hielt der einstige Berufssoldat fest und erhob den Vorwurf, dass von der Bundesebene heraus Einfluss auf Entscheidungen des Landesverbands genommen werde, wenn es um bekennende Kritiker des sogenannten Flügels der AfD gehe. Als einen solchen bezeichnet sich Junge selbst.

Teile der Partei sind wiederum sauer auf Junge, heißt es aus AfD-Kreisen, die ihm vorwerfen, einen Rachefeldzug zu führen, weil ihm 2019 die Wahl in den Bundesvorstand versagt blieb. Sie drängten auf Strafen. Junge wiederum kündigte trotzig an: „Ich werde jedenfalls keine Parteiordnungsmaßnahme widerspruchslos hinnehmen.“ Der Konflikt könnte sich nach dem Beschluss des Landesvorstands nun weiter verschärfen.

Auch abseits von Junge öffneten sich zuletzt interne Gräben in der Landes-AfD. In der Fraktion sahen viele Abgeordnete die Degradierung von Joachim Paul kritisch, seitdem geht ein Spalt durch die Lager. Und als Landesvize und Bundestagskandidat Bernd Schattner in einer internen E-Mail den Sturz von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen anregte und dies bekannt wurde, forderten ihn die Landtagsabgeordneten Joachim Paul, Martin Schmitt und Matthias Joa zum Rücktritt auf. Der Landesvorstand rang sich zwar dazu durch, sich hinter Meuthen zu stellen, missbilligte aber genauso die Mitteilung der Abgeordneten und griff sie damit öffentlich an.

Und auch das letzte Kapitel um Uwe Junge ist – im wahrsten Sinne des Wortes – bislang noch nicht geschrieben. Im Mai veröffentlicht der 63-Jährige ein Buch. Es wird darin – so viel ist bereits bekannt – auch um die AfD in Rheinland-Pfalz gehen.

Von Florian Schlecht

Top-News aus der Region