„Zusammenhalt, Zuflucht, aber auch konstruktive Auseinandersetzung mit aktuellen Themen. Umso mehr überrascht es mich bei meiner Arbeit als Musikerin, dass ich in den zurückliegenden Monaten oft vor leeren Stühlen aufgetreten bin. Die Gründe dafür sind vielfältig und nachvollziehbar, aber es ist eine verpasste Chance – gerade jetzt!
Ich glaube an die Kraft und politische Macht der Kunst. Nicht ohne Grund erleben wir zurzeit, wie in demokratiefernen Regionen unserer Welt Künstlerinnen und Künstler massiv unter Druck gesetzt oder gar eingesperrt werden, sei es im Iran, in Belarus oder anderswo. Die Möglichkeit zur freien Kunstausübung ist ein kostbares Gut, das unsere Gesellschaft zusammenhält und die Demokratie stärkt.
Ein ganz persönliches musikalisches Erlebnis der vergangenen Wochen macht mir Hoffnung, daher möchte ich es hier teilen: Anfang November habe ich kurzfristig den iranischen Musiker Mehdi Jalali zu einem Konzert in den Westerwald eingeladen, um auf die Situation der Protestierenden in seiner Heimat aufmerksam zu machen. Mit traditioneller persischer Musik zog er das Publikum in seinen Bann.
Im Anschluss haben wir, die wir uns zwei Stunden zuvor zum ersten Mal begegnet waren, gemeinsam improvisiert. Die Kraft und Energie, die in dem Raum entstand zwischen uns und mit dem Publikum, war etwas, was ich selten erlebt habe und was alle wahrgenommen haben. Mehdi ist zurück in Teheran, und ich habe keine Ahnung, wie es ihm geht. Aber er hat etwas mitgenommen und uns etwas gegeben, das bleibt.
Musik kann die Welt zusammenrücken lassen. Ich glaube an die Kraft von Kulturerlebnissen jeglicher Art, und ich wünsche mir für das neue Jahr, dass wir alle diese Chance wieder öfter nutzen.“
Eva Zöllner, Musikerin und Veranstalterin aus Wirges.