Von unserem Redakteur Dietmar Brück
Bei der Kabinettssitzung am Dienstag ist breite Zustimmung gewiss. Schließlich stammt der Vorschlag von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) höchstpersönlich. Allenfalls der geborene Kandidat für dieses Amt dürfte bei manchen Ministern ein Stirnrunzeln auslösen: Klaus Behnke, der Präsident des Rechnungshofs. Der unbequeme Behördenchef ist der alten SPD-Regierung, aber auch Rot-Grün mehr als einmal in die Parade gefahren. Behnke ist zwar Sozialdemokrat, aber das ließ er sich nie anmerken. Im Gegenteil: Eine Weile sah die Opposition in ihm einen Kronzeugen für ihre Fundamentalkritik, wenn er etwa die hohe Staatsverschuldung anprangerte oder die undurchsichtige Finanzierung des Freizeitparks am Nürburgring. Was hat also Malu Dreyer dazu gebracht, ausgerechnet ihn auf den Schild zu heben?
Ring soll Einzelfall bleiben
Möglicherweise der Schock über das Urteil gegen den früheren rheinland-pfälzischen Finanzminister Ingolf Deubel (SPD). Das Koblenzer Landgericht hatte dreieinhalb Jahre Haft wegen Untreue verhängt. Ein Urteil, das noch nicht rechtsgültig ist, die Landesregierung Ende April aber mächtig unter Druck setzte. Viele Minister, die zur Zeit Deubels Verantwortung trugen, sind noch im Amt. Ministerpräsidentin Dreyer musste Handlungsfähigkeit demonstrieren. In aller Eile trommelte sie die Medien zusammen. Um zu verkünden, dass das Land einen Beauftragten für Wirtschaftlichkeit berufen will. Sinn der Initiative: Ein unabhängiger, kritischer Geist soll verhindern helfen, dass sich ein Desaster wie die gescheiterte Privatfinanzierung an Europas berühmtester Rennstrecke wiederholt. Ein Schaden von bis zu einer halben Milliarde Euro für den Steuerzahler kann sich keine Regierung ein zweites Mal leisten.
Leicht wird es nicht, Akzeptanz für den neuen Chefkontrolleur zu erzeugen. Kurz nach ihrer Ankündigung erntete Dreyer Spott und Kritik. „Die Ministerien sollen ihren Job richtig machen, dann braucht es keinen Wirtschaftlichkeitsbeauftragten“, hieß es aus der CDU. Parteichefin Julia Klöckner bezeichnete die Initiative als „hilflos“ und meinte: „Herr Beck und Herr Deubel hätten sich wohl kaum von einem externen Beauftragten aufhalten lassen.“ Schwer vorstellbar, dass zwei Politiker vom Kaliber des früheren SPD-Ministerpräsidenten und des einstigen SPD-Finanzministers den Bedenken eines Wirtschaftlichkeitsbeauftragten besondere Bedeutung geschenkt hätten.
Die FDP spricht von einem „Placebo für das Volk“. Und die Jungen Unternehmer im Land meinten damals lakonisch: „Statt Nebelkerzen zu zünden, sollte Frau Dreyer endlich den Schuldenabbau zur Chefsache machen.“ Seltene Rückendeckung erhält die SPD-Landesregierung indes vom Rechnungshofpräsidenten selbst, einem ihrer unerbittlichsten Kritiker. „Ich halte das für einen interessanten Gedanken, der viele positive Chancen beinhaltet“, sagt Klaus Behnke unserer Zeitung. Und weiter meinte er: „Der Einsetzung eines Wirtschaftlichkeitsbeauftragten stehe ich positiv und aufgeschlossen gegenüber.“
Modell Bund und Hessen
„Es ist sinnvoll, dieses Amt beim Rechnungshof anzusiedeln“, sagte SPD-Fraktionschef Hendrik Hering unserer Zeitung. „Klassischerweise übt es der Präsident des Rechnungshofs aus.“ So ist es im Bund, und so ist es auch in Hessen. „Das läuft dort völlig unproblematisch“, hat Behnke beobachtet.
Der Präsident der Speyrer Prüfbehörde hält es offenbar für sinnvoll, dass die Expertise des Rechnungshofs nicht erst gehört wird, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Als Wirtschaftlichkeitsbeauftragter kann er Projekte und Gesetzesvorhaben beeinflussen, die bereits im Entstehen sind. Eingekauft von der Regierung würde der Rechnungshof dadurch nicht, heißt es. Der Präsident entscheidet in seiner Rolle als Beauftragter für Wirtschaftlichkeit selbst, was er wann prüft. Er und sein kleiner Apparat wollen unabhängig agieren.