Düsseldorf – Im Polizeihubschrauber fliegen sie waghalsige Manöver, in ihrer Freizeit greifen sie zu Wolle und Häkelnadel. Zwei Polizisten der Fliegerstaffel Nordrhein-Westfalen sind „die Häkelhelden“.
Tim Pittelkow und Carsten Krämer sind die Häkelhelden. Die beiden Mitglieder der Polizeifliegerstaffel schaffen Mützen für den guten Zweck.
Von Frank Christiansen, dpa
Entspannt sitzen Tim Pittelkow (33) und Carsten Krämer (36) in einem Düsseldorfer Park – und häkeln. Aus bunter Merinowolle entstehen zwei modische Männermützen. Im Hauptberuf geht es bei den durchtrainierten Herren wesentlich hartgesottener zu: Sie sind Hubschrauber-Cops der Polizeifliegerstaffel NRW, jagen im Helikopter Vermissten und Verbrechern hinterher. Pittelkow ist Pilot, Krämer sitzt als Operator hinter ihm. Aber im Nebenjob sind die Polizei-Oberkommissare die „Häkelhelden“: Sie häkeln Mützen für einen guten Zweck.
Vier Ausführungen im Sortiment: So präsentieren die Häkelhelden ihre Modelle im Shop.
Aber was sagen die Polizei-Kollegen dazu? „Klar wurden wir belächelt und es gab Macho-Sprüche“, erzählt Pittelkow. „Aber das hat sich schnell gewandelt und dann kamen am Umkleide-Spind die ersten Bestellungen.“ Inzwischen werde nur noch hin und wieder gelästert: „Früher wurde hier mal über Autos geredet, nicht über Nadelstärken und Wollfäden.“
Bei dem ein oder anderen Vorgesetzten hielt sich die Begeisterung über die beiden fliegenden Häkelhelden auch in Grenzen. Dabei haben sie bereits über 1000 Euro für die Betreuung von Verbrechensopfern zusammengehäkelt. „Es ist die perfekte Lösung, sich trotz Schichtdienst ehrenamtlich zu engagieren.“
Alles begann, als Pittelkow vor etwa einem Jahr keine passende Wollmütze für sich fand und sich schließlich dachte: „Selbst ist der Mann.“ Das erste Exemplar sei zwar „schief und scheel“ gewesen, fand aber dennoch Anerkennung. Anfangs brauchte er noch über vier Stunden für ein Exemplar. Inzwischen sind es knapp unter zwei Stunden, dann sind 200 bis 350 Meter Wollfaden zu einer Mütze verhäkelt.
Der Hubschrauber-Pilot und die Luftmasche: Tim Pittelkow beim Häkeln. Fotos: Daniel Naupold/dpa
Die Kollektion besteht aus zwei Modellen für den Sommer, zwei für den Winter – zwischen 25 und 35 Euro das Stück – bei der Farbauswahl beraten die beiden Beamten gern. Stäbchen, halbes Stäbchen, Luftmasche, Kettmasche – ihre Mütter und Verwandten seien amüsiert vom neuen Hobby. Im Park in Düsseldorf zollen Passanten den Häkelkünstlern uneingeschränkte Anerkennung: „Das ist ja toll.“
Häkeln und Stricken hat nicht zuletzt durch Guerilla Knitting auch einen coolen Touch bekommen: Seit 2010 werden auch in Deutschland Gegenstände im öffentlichen Raum durch Strickereien und Häkeleien dekoriert – Graffiti aus Wolle, die die die Polizei garantiert zumindest dienstlich nicht beschäftigen. Und immer mehr junge Menschen greifen zur Wolle: Der Gesamtmarkt für Handarbeitsbedarf ist nach einem Bericht der Rheinischen Post im vergangenen Jahr um 15 Prozent auf rund 1,2 Milliarden Euro Umsatz gewachsen. Besonders groß waren demnach die Zuwächse in den Bereichen Handstrickgarne und Nähen, teilt die „Initiative Handarbeit“ mit.