Fußball-EM: Wie dasdeutsche Team den Brocken Spanien aus dem Weg räumen will
DFB-Elf: Es ist an der Zeit, Berge zu versetzen – Glaube an Erfolg gegen Spanien ist groß
Euro 2024: Training Nationalmannschaft
Die Blicke richten sich auf Spanien: Robert Andrich (Mitte, mit neuer Haarfarbe), Toni Kroos (rechts) und Co-Trainer Sandro Wagner. Foto: F. Gambarini/dpa
dpa / Federico Gambarini. dpa

Herzogenaurach. Es ist schon einige Zeit her, dass die Fußball-Nation derart gespannt und angespannt einem Viertelfinale der deutschen Nationalmannschaft entgegengefiebert hat. Was auch daran liegen könnte, dass schon acht Jahre und drei weitere Gurken-Vorstellungen vergangen sind, seit die DFB-Auswahl sich letztmals bei einem großen Turnier unter den besten acht Teams tummeln durfte. Bei der EM 2016 in Frankreich gab es in Bordeaux einen Sieg im Elfmeterschießen gegen Angstgegner Italien.

Lesezeit 3 Minuten

Duplizität der Ereignisse? Diesmal wartet in Spanien ein weiterer Kontrahent, gegen den zu spielen für eine deutsche Mannschaft selten ein Vergnügen war. Der letzte Sieg in einem Pflichtspiel datiert aus dem Jahr 1988, bei der Heim-EM gab es seinerzeit in der Gruppenphase einen 2:0-Erfolg. Damals stand die Mauer noch.

Womit eine mehr oder weniger elegante Überleitung auf die Viertelfinalpartie heute (18 Uhr, ARD) in Stuttgart gelungen wäre. Mauerfußball, also das Verwalten eines Minimalerfolgs, indem der Mannschaftsbus buchstäblich im Strafraum geparkt wird, war noch nie deutsche Kernkompetenz. Unter Julian Nagelsmann ist ein solches spieltaktisches Unterfangen geradezu utopisch. Klar, in der Rückwärtsbewegung werden gegen fußballerisch omnipotente Iberer alle Spieler gefordert sein. Die Ballbesitzmaschine Spanien soll erst gar nichts ans Laufen kommen. Auf der anderen Seite darf die Partie aus deutscher Sicht auf keinen Fall zu einem Allzeit-Verteidigungsspiel geraten. „Die Spanier kommen über den Ballbesitz. Sie sind es, die die Akzente setzen wollen. Aber das wollen wir auch. Wir müssen sie beschäftigen“, hält Toni Kroos fest. Sein Teamkollege bei Real Madrid, Antonio Rüdiger, pflichtet dem Routinier in dieser Frage bei. „Man muss den Mut haben, nach vorn zu gehen, denn sie sind auch verwundbar. Sie pressen hoch, darüber kann man kommen“, meint der beinharte Innenverteidiger.

Mit einer Fünferkette?

Bleibt die Frage, in welcher taktischen Ausrichtung die DFB-Elf ins Spiel geht. Beim 2:0 im Achtelfinale gegen die Dänen hat der Bundestrainer nach rund einer halben Stunde auf Dreierkette umgestellt. Robert Andrich reihte sich hinten bei Nico Schlotterbeck und Rüdiger ein. „Wir wollten defensiv anders pressen und die Dänen damit überraschen“, blickt Kroos zurück. Ob das von Beginn an auch eine Option gegen die Spanier ist, ließ der 34-Jährige offen. Damit wäre die Mitte hinten dicht, auf der anderen Seite fänden die Spanier bei nur einem deutschen Sechser, nämlich Kroos, im Mittelfeld mehr Raum, um ihr Spiel über den Komplett-Fußballer Rodri erfolgreich aufzuziehen.

Kroos ist auch klar, dass den beiden spanischen Wirblern auf den Außenpositionen, Lamine Yamal und Nico Williams, nur beizukommen sein wird, „wenn wir im Verbund verteidigen“. Es soll in den vergangenen Tagen darüber diskutiert worden sein, Schlotterbeck auf die linke Verteidigungsseite zu ziehen, um über mehr Defensiv-Power zu verfügen. Rüdiger und Rückkehrer Jonathan Tah würden dann die Innenverteidigung bilden, Maximilian Mittelstädt und David Raum blieben so erst einmal außen vor.

“Brauchen guten Ballbesitz und Ruhe"

Bei allem Mut, mit dem die DFB-Auswahl spielen muss, will sie Erfolg haben, gibt Rüdiger eingedenk der Klasse des Gegners aber auch zu bedenken: „Wir müssen einen guten Ballbesitz und Ruhe in den Drucksituationen haben. Und du darfst keine Fehler machen, denn wir wissen um ihre enorme Konterstärke.“

Diese Ruhe kann und soll Kroos auch gegen Spanien ausstrahlen. Das Rezept für Erfolg ist damit aber noch lange nicht ausgestellt. „Natürlich kann ich durch meine Erfolge mit Real Madrid eine gewisse Sieger-Mentalität vorgeben. Fühlen und erarbeiten aber muss sich diese Mentalität letztendlich jeder Spieler selbst“, sagt Kroos – und wähnt das Team auf einem guten Weg. „Der Glaube in der Mannschaft ist stärker geworden, das hat mit dem Sieg gegen die Niederlande im März nach frühem Rückstand begonnen und sich bei diesem Turnier mit dem hart erkämpften 2:0 gegen Ungarn und dem späten Remis gegen die Schweiz fortgesetzt. Und dieser Glaube wächst immer mehr“, hat der Taktgeber im deutschen Spiel festgestellt. Ob dieser Glaube reicht, um Berge zu versetzen, wird sich heute Abend in Stuttgart zeigen. Spanien ist zweifellos ein gewaltiger Brocken, den es aus dem Weg zu räumen gilt.

Top-News aus der Region