Die rheinland-pfälzische Landesregierung weiß nicht, wie viele Menschen auf Corona getestet wurden, und sie weiß auch nicht, wie groß die Testkapazitäten sind. Das ist schlichtweg nicht hinnehmbar und behindert den Kampf gegen die Ausbreitung des Virus massiv.
Eines vorweg: Gerade im Gesundheitsministerium von Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) wird derzeit auf Hochtouren gearbeitet. Wer auch nur in der Nähe der Hausspitze agiert, hat 18-Stunden-Tage. Allerdings kämpfen Politik und Verwaltung nicht nur gegen den unsichtbaren Krankheitserreger, sondern auch gegen gravierende Versäumnisse der Vergangenheit – und die werden nun sichtbar wie das Coronavirus unterm Rasterelektronenmikroskop.
Warum wäre es so wichtig zu wissen, wie viele Menschen bisher getestet wurden? Südkorea hat 5556 von einer Million Einwohnern getestet und war – unter anderem damit – höchst erfolgreich in der Seuchenbekämpfung. Solche Werte helfen den Virologen, die bekanntlich zum unentbehrlichen Ratgeber der Politik werden, ein realistisches Bild der Verbreitung des Virus zu zeichnen. Nicht zuletzt deshalb riet die Weltgesundheitsorganisation zuletzt plastisch: „Unsere simple Botschaft: Testen! Testen! Testen!“ Rheinland-Pfalz kann überhaupt nicht feststellen, wie viele seiner vier Millionen Bürger gecheckt wurden. Berlin, ein Land, das nicht für seine Verwaltungseffizienz bekannt ist, hat die Zahlen. Dort steht man nicht schlecht da. Auch in Staaten wie Rumänien, Vietnam und Pakistan ist es möglich, den Wissenschaftlern diese Entscheidungsgrundlage zu liefern – Rheinland-Pfalz nicht.
Aber: Sollte man den Instituten und Laboren aktuell trotz der hohen Belastung diesen Zusatzaufwand zumuten? Ja! Denn wie problematisch die Nicht-Erkenntnis ist, zeigt die Frage nach der Testkapazität. Das Land sagt im Prinzip: Wir kennen sie nicht, aber sie reicht aus, und wir bauen sie aus. Um zu veranschaulichen, warum das unverantwortlich ist, reicht ein Alltagsbeispiel. Wer keine Ahnung hat, wie viel Liter Benzin im Tank sind, würde nie sagen: „Kein Problem: Nach Moskau schaffe ich es locker mit einer Füllung!“ Trotz aller Dramatik der Lage und der Belastung: Bitte jetzt nachsteuern, Frau Bätzing-Lich-tenthäler!
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