Weltall

Vor 50 Jahren startete Apollo 7 zur Vorbereitung des Mondfluges: Verschnupft und motzend im All

Von Christina Horsten
Schon der Start cder Apollo 7 heute vor 50 Jahren vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral stand unter keinem guten Stern. Dennoch glückte die Mission laut NASA zu „101 Prozent“.
Schon der Start cder Apollo 7 heute vor 50 Jahren vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral stand unter keinem guten Stern. Dennoch glückte die Mission laut NASA zu „101 Prozent“. Foto: dpa

Viel stand auf dem Spiel: Nach der „Apollo 1“-Tragödie mit drei Toten sollte die Crew der „Apollo 7“ vor 50 Jahren beweisen, dass das US-Raumfahrtprogramm doch eine Zukunft hat. Das gelang, die NASA sprach von einer „101-Prozent-Mission“, aber dominiert wurde die sie von Erkältungen und Streit.

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Schon der Start cder Apollo 7 heute vor 50 Jahren vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral stand unter keinem guten Stern. Dennoch glückte die Mission laut NASA zu „101 Prozent“.

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Deutlich schlechter gelaunt als sein später Nachfolger „Astro-Alex“: Walter Schirra, Kommandant der verflixten „Apollo 7“-Mission.

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Bei der Kommunikation mit der Bodenmannschaft der Nasa im Kontrollraum des Kennedy Space Center knirschte es gehörig.

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Von Anfang an lief es nicht rund. Der Start der „Apollo 7“-Mission der US-Raumfahrtbehörde Nasa am 11. Oktober 1968 stand kurz davor, abgesagt zu werden. Zu stark war der Wind am Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida. Aber die Nasa-Leitung machte Druck. „Es war wirklich so, dass da jemand dringend starten wollte“, sagte „Apollo 7“-Kommandant Walter Schirra später. „Ich habe dagegen angekämpft, bis es schwer wurde, und schließlich habe ich aufgegeben, mit großer Sorge.“

Rund eineinhalb Jahre zuvor waren beim Brand der „Apollo 1“-Kapsel während einer Übung drei Nasa-Astronauten ums Leben gekommen. Der Start von „Apollo 7“ fühlt sich für die Astronauten dramatisch an. „Als ich die Zündung gehört habe, gab es ein brutales, vibrierendes Geräusch. Unwirklich. Beim Start konnte ich die Uhr gar nicht richtig sehen, ich dachte, die Welt geht unter“, erinnert sich Schirra später. Aber der Start verläuft erfolgreich.

Schnupfen legt Astronauten beim Einsatz im Weltall lahm

Kurz danach allerdings gehen die Probleme weiter. Kommandant Schirra bekommt eine Erkältung und steckt auch noch seine beiden Kollegen Donn Eisele und Walter Cunningham an. Da Nasensekrete im All aufgrund der Schwerelosigkeit nicht automatisch ablaufen, fühlt sich eine Erkältung im All deutlich unangenehmer an als auf der Erde. Die drei Astronauten fühlen sich matt und müde, gleichzeitig sollen sie eigentlich ein straffes Testprogramm absolvieren.

Besonders Schirra wird mürrisch und streitet sich immer wieder mit der Flugleitung am Boden. „Ich wünschte, ihr würdet den Namen des Idioten herausfinden, der sich diesen Test ausgedacht hat“, schnauzt er einmal bei einem Antriebstest in Richtung Flugleitung. „Ich will es wissen, und ich will mit ihm persönlich reden, wenn ich wieder unten bin.“

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Der offizielle NASA-Kurzfilm zur Apollo 7-Mission

Als wäre das nicht genug, tauchen weitere Probleme auf: Das Essen – unter anderem dehydrierter Obstsalat, Zimttoast, Kakao, Hühnchensalat und Lebkuchen – ist den Astronauten „zu viel und zu süß“. Die Toiletten funktionieren nicht richtig. Keiner von den dreien schläft gut. „Die ganze Zeit da oben konnte ich nicht richtig schlafen“, erinnert sich Eisele später. „Das lag an dem komischen Stundenplan und den Aktivitäten und Unterhaltungen der anderen.“ Vom Boden aus bittet die Nasa die kranken Astronauten zudem ständig, ihr ohnehin schon straffes Arbeitsprogramm noch zu ergänzen.

Glamouröse Fernsehbilder, aber hinter den Kulissen brodelt's

Öffentlich zu merken ist von alldem nichts. „Apollo 7“ hat erstmals eine Kamera an Bord, mit der Liveübertragungen ins Fernsehen möglich sind. Lächelnd halten die drei Männer Fanpost in die Kamera und bedanken sich artig – für die Nasa ein PR-Coup, für den sie sogar einen renommierten US-Fernsehpreis, den Emmy, gewinnt.

Hinter den Kulissen aber brodelte es weiter und kulminierte schließlich bei der Landung. Die verschnupften Astronauten wollen ihre Helme nicht tragen, weil sie Angst haben, dass sie sich dann nicht die Nasen zuhalten können und ihre Trommelfelle platzen. Die Flugleitung aber besteht auf den Helmen – aus Sorge, dass sich die Astronauten sonst das Genick brechen. „Ich ordne an, dass du deinen Helm anziehst“, sagt Chefastronaut Deke Slayton vom Boden aus zu Kommandant Schirra. Dessen Antwort: „Deke, dann komm doch hoch, und zieh ihn mir an.“

Die Landung nach zehn Tagen, 20 Stunden, neun Minuten und 163 Erdumrundungen läuft erfolgreich. Ohne Helme. Chefastronaut Slayton nimmt sich Kommandant Schirra danach erst einmal für eine Aussprache zur Seite. Die Mission war ein Erfolg, da sind sich alle bei der Nasa einig – die vielen Tests haben wichtige Informationen geliefert. Aber die Stimmung ist vergiftet. „Ich war total sauer“, erinnert sich Missionsleiter Glynn Lunney später. „Das war ein Affront, unangebracht und aufmüpfig.“

Von der Mannschaft lebt nur noch Cunningham, heute 86 Jahre alt. Eisele starb 1987, Schirra 2007. Die berühmt-berüchtigte „Apollo 7“-Mission blieb für alle drei Astronauten der letzte Flug ins All.

Von Christina Horsten (dpa)

Vor der bemannten Apollo 7-Mission gab es sechs unbemannte Testflüge mit Apollo-Kapseln. Sie trugen zunächst die Projektbezeichnungen „AS 201-203“ und später die Namen „Apollo 4-6“. „Apollo 1“ wurde zu Ehren der Opfer die Kapsel benannt, in der bei einem Bodentest alle drei Astronauten verbrannten. (Apollo-Programm in Wikipedia)