Nürburgring

„Jede Unterschrift zählt“: Amnesty International Koblenz sammelt Signaturen gegen Katar-WM bei Rock am Ring

Von Finn Holitzka
Amnesty International bei Rock am Ring
"Rocken für Menschenrechte": Der Stand von Amnesty International bei Rock am Ring 2022. Foto: Finn Holitzka

Klar, die meisten sind hier, um Spaß zu haben – aber wie ist es, sich bei Rock am Ring für die Menschenrechte einzusetzen? Zu Besuch am Stand von Amnesty International Bonn/Koblenz.

Lesezeit: 2 Minuten
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Festival, das ist auch immer ein bisschen Parallelwelt. Während vor der Utopia Stage Tausende zum Spaßpunk der Donots grölen und das erste Rock-am-Ring-Konzert seit 2019 feiern, gibt es ein paar Gehminuten weiter Wassereis mit 10,5 Prozent Alkohol.

Die Besucher laufen als Bierflaschen verkleidet durch die Gegend, haben Outfits an, die farblich zum Sonnenbrand passen oder tragen Glitzer im Gesicht. Gute Laune nach so viel Verzicht. Aber auch in dieser Parallelwelt gibt es ein Fenster in die echte Welt mit ihren Krisen, Konflikten und Skandalen. Dieses Fenster ist quietschgelb.

Protest gegen Katar und Russland

Am Stand von Amnesty International sitzen Studentinnen der Hochschulegruppen Bonn und Koblenz vor Tischen mit Stickern und Buttons. Amnesty ist eine NGO (Nicht-Regierungs-Organisation), die sich für die Menschenrechte weltweit starkmacht. Probates Mittel: Petitionen gegen die Ungerechtigkeiten der Welt. Dafür braucht es Unterschriften. Viele Unterschriften.

Bei Festivals bauen Ben Flinkerbusch, Pressereferent der lokalen Amnesty-Gruppe, und sein Team den gelben Stand auf – Motto und Schriftzug am Pavillon: „Rocken für die Menschenrechte“. Ihre Themen heute: Die Fußball-WM im Winter 2022, bei der nachweislich Arbeiter in unwürdigen Verhältnissen die Stadien bauten – und natürlich der russische Angrifsskrieg gegen die Ukraine.

In Katar ist die Menschenrechtslage schlecht. Arbeiter, die Stadien für die Fußball-WM bauten, wurden ausgebeutet.
In Katar ist die Menschenrechtslage schlecht. Arbeiter, die Stadien für die Fußball-WM bauten, wurden ausgebeutet.
Foto: picture alliance/dpa/KEYSTONE | Laurent Gillieron

Menschenrechte neben Autoscooter

Wichtige Themen, zweifelsohne – aber sind die hier auch am richtigen Platz, in der ekstatischen, feierwütigen Welt von Rock am Ring? Keine 20 Meter neben dem gelben Stand ist der Autoscooter, der zum hiesigen Rummelplatz gehört. Ein Riesenrad gibt's auch.

Ben Flinkerbusch hat gute Erfahrungen mit der Kampagnenarbeit auf Festivals gemacht. Beim Kölner Summer Jam habe die Gruppe zuletzt mehr als 1100 Unterschriften für ihre Petitionen gesammelt. „Aber da hatten wir auch einen besseren Spot, direkt am Eingang.“ Hier auf den Rummelplatz kommen die Rockfans vermutlich eher zwischendurch, um mal durchzuschnaufen. Dennoch sind die Aktivisten optimistisch.

Gute Erfahrungen bei anderen Festivals

Johanna Berhausen, eine der Studentinnen, die den Stand betreuen, hofft auf „mehrere hundert Unterschriften“ – bei 90 000 Festivalbesuchern dürfte das drin sein. Für Amnesty-Verhältnisse zwar kleine Zahlen (bei internationelen Kampagnen kommen auch mal Millionen Unterschriften zusammen) – aber Berhausen sagt den Satz, der einer Aktivistin wohl in Fleisch und Blut übergehen muss: „Jede Unterschrift zählt.“

Zusätzlich kann man am Stand der Amnesty-Gruppe Bonn/Koblenz auch via QR-Code seine Ablehnung gegenüber einer restriktiveren Abtreibungspolitik in den USA bekunden. Ziemlich harte Themen am Gute-Laune-Ring. Aber Ben Flinkenbusch betont: Die Inititative für die Amnesty-Präsenz hier ging sogar von Rock am Ring aus.

Amnesty zahlt keine Standgebühr

„Wir wurden eingeladen, das freut uns natürlich sehr“, sagt der Aktivist. Standgebühr zahlt Amnesty nicht, auch das Camping für die Gruppe sei umsonst. Nur die Bühnen sieht man vom gelben Stand aus nicht – die Parallelwelt Rock am Ring und die echte Welt mit all ihren Übeln, sie bleiben halt doch ein wenig getrennt.