Paris
Deutschland als Vorbild: Streit um Anrede "Mademoiselle"

Paris (dpa) - Sexistisch, unzeitgemäß und diskriminierend: Französische Feministinnen sagen den Kampf gegen die Anrede "Mademoiselle" an. Das Synonym zum deutschen Fräulein ist in Frankreich noch immer weit verbreitet, steht ihrer Ansicht nach für die Ungleichheit von Mann und Frau.

Paris (dpa) – Sexistisch, unzeitgemäß und diskriminierend: Französische Feministinnen sagen den Kampf gegen die Anrede „Mademoiselle“ an. Das Synonym zum deutschen Fräulein ist in Frankreich noch immer weit verbreitet, steht ihrer Ansicht nach für die Ungleichheit von Mann und Frau. Vor allem Behörden und Unternehmen sollten die Unterscheidung zwischen „Madame“ (verheiratet) und „Mademoiselle“ (ledig) mit sofortiger Wirkung aufgeben.

In Frankreich ist es bis heute üblich, dass Frauen sich auf Behörden- oder Unternehmensformularen „outen“ müssen. Wer das Kreuzchen an der falschen Stelle macht, riskiert, dass Verträge wegen falscher Angaben für ungültig erklärt werden. 2007 gab es eine Klage bei der Antidiskriminierungsbehörde, weil eine Präfektur von einer Frau 145 Euro dafür kassieren wollte, aus der „Mademoiselle“ in ihren Fahrzeugpapieren eine „Madame“ zu machen.

Eine gesetzliche Grundlage für die Unterscheidung gibt es allerdings nicht. „Seit mehr als 40 Jahren werden Verwaltungen mit Rundschreiben darin erinnert, dass Frauen kein Dokument vorenthalten werden darf, weil sie den Titel “Madame„ gebrauchen wollen“, schimpfen die Feministinnen. Dennoch hätten es viele Frauen immer noch schwer, ihre Rechte durchzusetzen.

Der Titel „Mademoiselle“ erinnere an eine Epoche, in der die Frauen mit der Heirat von der Obrigkeit des Vaters in die Obrigkeit des Ehemannes übergeben wurden, heißt es in ihrem am Dienstag veröffentlichten Aufruf zu Protestbriefen an Regierungsmitglieder und Parlamentarier.

In Deutschland ist der Gebrauch des Wortes „Fräulein“ auf Behördenformularen bereits seit 1972 tabu. Damals gab das Bundesinnenministeriums die Weisung aus, volljährige Frauen auch als solche zu bezeichnen. In Kanada sei der Begriff sogar eine Beleidigung, merken die Gruppen „Osez le féminisme!“ (deutsch: Mut zum Feminismus) und „Chiennes de garde“ (Wachhündinnen) an.

Dass manche Frauen ab 35 den Begriff „Mademoiselle“ durchaus als Kompliment für ihre jugendliches Aussehen werten, verstehen die Feministinnen nicht. In dem Wort „ledige Frau“ schwinge mit, dass eine Frau verfügbar sei. Dies sei keineswegs schmeichelhaft, finden die Aktivistinnen. Ihr Aufruf einer Kampagne beginnt mit der provokativen Frage: „Haben Sie sich nie gefragt, warum man einen unverheirateten Mann nicht Herrlein (Mondamoiseau) nennt?“

In Deutschland werden die Berührungsängste mit dem Wort allerdings schon wieder abgebaut. Seit dem vergangenen Jahr nennt sich eine neue Zeitschrift selbstbewusst „Fräulein“. Für Frauen, die noch Mädchen sind, heißt es in der Werbung.

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