Mainz

Rhein-Main-Derby: Schmidt gibt in Mainz den Ton an

Guter Einstand
Trainer Martin Schmidt feierte in Mainz mit dem 3:1 gegen Eintracht Frankfurt einen perfekten Einstand. Foto: Arne Dedert

Auf Dauer werden das die Stimmbänder nicht aushalten. Will Martin Schmidt noch länger Bundesliga-Trainer bleiben, muss sich der Schweizer Fußballlehrer in Zukunft stimmlich zurücknehmen müssen. Beim 3:1 (1:1) des FSV Mainz 05, Schmidts erfolgreichem Debüt, gab der 47-Jährige an der Seitenlinie lautstark den Wortführer.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Aus Mainz berichtet unser Redakteur Jochen Dick

Nach dem Derbysieg gegen Eintracht Frankfurt krächzte Schmidt seine Analysen heiser in die zahlreichen Mikrofone. „Er ist wie ein zwölfter Spieler“, lobte 05-Manager Christian Heidel seinen neuen Cheftrainer, den er unter der Woche für den glücklosen Dänen Kasper Hjulmand von der eigenen U23- zur Bundesliga-Mannschaft befördert hatte.

Schon zweimal sind die Mainzer mit Trainerlösungen aus den eigenen Reihen mehr als gut gefahren, 2001 übernahm der Spieler Jürgen Klopp das Zepter, 2009 der A-Juniorentrainer Thomas Tuchel. Jetzt also Schmidt, der nach seiner erfolgreichen Premiere als der neue Mainzer Messias gefeiert wurde. Schmidt selbst blieb relativ gefasst. „Ich bin kein Wunderheiler“, sagte der Walliser, „ich habe nur etwas die Sinne geschärft.“ Seine Spieler bescheinigten ihm eine motivierende Ansprache vor der richtungsweisenden Partie. „Er ist aus sich rausgegangen und hat Zug reingebracht“, berichtete Torwart Loris Karius. „Er setzt auf Mentalität und Emotionalität“, ergänzte Kapitän Niko Bungert.

Mit Leidenschaft und hoher Laufbereitschaft begegneten die Mainzer den Frankfurtern, die ihrerseits dieses Derby wohl etwas zu lässig hinter sich bringen wollten. In der Mittelfeldzentrale fehlte der Eintracht die Stabilität, im Spielaufbau die Übersicht. „Wir haben jeden Ball nur nach vorn gehauen“, sagte Stefan Aigner frustriert, der das 1:0 für die Gäste erzielt hatte. Bei diesem schnellen Konter über neun Stationen deutete die Eintracht ihr Potenzial an – das einzige Mal in diesen 90 Minuten. „Wir haben es ja schon oft erlebt, dass wir in Führung gegangen sind“, sagte Frankfurts Trainer Thomas Schaaf. „Aber mit diesem Vorteil können wir anscheinend nicht umgehen.“

Mainz nutzte diese Laxheit, traf kurz vor der Pause durch Christian Clemens und kurz nach der Pause per Doppelschlag durch Johannes Geis und Yunus Malli. Geis zirkelte dabei einen Freistoß frech und direkt ins kurze Eck. „Das übe ich oft im Training“, erzählte der Torschütze. Zwölf Minuten benötigten die Rheinhessen, um dieses Spiel zu drehen. Das von vielen herbeigesehnte Mainz-05-Gefühl, bestehend aus Leidenschaft und Zusammenhalt, erfuhr seine Wiedergeburt. Der neue Trainer zählte 260 Sprints seiner Mannschaft und streute in seine Analyse wohl klingende Vokabeln wie „Umschaltüberfälle“ und erreichte „Handlungs- und Prozessziele“. Das klang ganz nach Thomas Tuchel, wobei Schmidt weit weniger verbissen wirkt als sein Vor-Vorgänger. Über seinen Vorgänger Kasper Hjulmand wollte Schmidt kein böses Wort verlieren. „Glaubt mir: Der Trainer vor mir hat nicht alles falsch gemacht, sonst hätte ich nicht eine Mannschaft übernommen, mit der man direkt Eintracht Frankfurt schlägt.“

Schmidt weiß sehr wohl, dass dieser Derbysieg nur ein (Neu-)Anfang ist. „In der ersten Woche laut zu sein, ist einfach“, bezog sich der rhetorisch begabte Schweizer auf seine leidenschaftliche Herangehensweise. „Wenn man aber immer nur laut ist, wird man irgendwann überhört. Man muss das Ganze mit Inhalten füllen.“ Das schont auch die Stimmbänder.