Neuwied

Kleiner Sohn erspart Betrüger die Haft

Er kann sich bei seinem Sohn bedanken, dass er doch nicht ins Gefängnis muss. Ein 36-jähriger Mann aus Neuwied ist gestern wegen Betrug in zwölf Fällen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.

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Neuwied – Er kann sich bei seinem Sohn bedanken, dass er doch nicht ins Gefängnis muss. Ein 36-jähriger Mann aus Neuwied ist gestern wegen Betrug in zwölf Fällen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Die Strafe wurde allerdings zur Bewährung ausgesetzt. Der Neuwieder hatte vor Gericht zugegeben, zwischen Sommer 2008 und Herbst 2010 unter falschem Namen Computer, Receiver, Computerspiele und Abonnements eines Bezahlfernsehsenders im Gesamtwert von knapp 9000 Euro bei einem Versandhaus bestellt, die Rechnungen aber nie beglichen zu haben. Alle Waren hatte er sich nach Hause liefern lassen.

Der Angeklagte hatte großes Glück, denn eigentlich war das Maß aus Sicht des Richters und der Staatsanwaltschaft voll. Denn der Neuwieder hatte eine lange Liste mit Vorstrafen mitgebracht, darunter auch mehrere Diebstahldelikte. Er war zudem während seiner Bewährungszeit straffällig geworden. Der 36-Jährige ist allerdings auch noch Vater eines neunjährigen Sohnes, der zwar wegen einer psychischen Störung (ADHS) in einer therapeutischen Einrichtung untergebracht ist, seinen Vater aber besuchen darf. Der Neuwieder hat das alleinige Sorgerecht. Der Mutter, die in Norddeutschland lebt, wurde der Umgang mit dem Kind verboten.

„Als ich Ihre Akte gelesen habe, war für mich eigentlich klar: Eine Bewährungsstrafe ist nicht mehr drin“, sagte die Staatsanwältin. „Doch Ihr Sohn tut mir leid. Er hat niemanden außer Ihnen und müsste möglicherweise in eine Pflegefamilie, wenn Sie eine Haftstrafe antreten.“ Die Staatsanwältin beantragte daher die längst mögliche Bewährungsstrafe von fünf Jahren.

Richter Herbert Speyerer, der sich der Forderung der Staatsanwaltschaft anschloss und den Neuwieder noch zu 200 Sozialstunden verdonnerte, machte in der Urteilsbegründung deutlich, dass das Strafmaß nicht nur wegen des Schicksals des verhaltensauffälligen Sohnes etwas niedriger ausgefallen war. Vor allem die Tatsache, dass der Angeklagte in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht straffällig geworden war und sich um eine feste Arbeitsstelle bemüht hatte, führten demnach neben dem umfassenden Geständnis zum milden Urteil.

„Sie können nicht dauernd Ihr Kind als Grund für Ihr Fehlverhalten anbringen“, sagte der Richter, der dem Angeklagten auch dessen Motiv für die Betrügereien nicht abnahm. Der Angeklagte hatte behauptet, die erhaltene Ware wieder veräußert zu haben. Mit dem Geld habe er unter anderem die Fahrtkosten beglichen, die bei den Besuchen des Sohnes in dem nordrhein-westfälischen Therapiezentrum angefallen seien. Er habe die Straftaten aus einer finanziellen Notlage heraus begangen.

Speyerer dazu: „Sie haben unter anderem Leistungen eines Bezahlfernsehens bestellt und nicht bezahlt. Das haben Sie aus meiner Sicht nicht aus einer Notlage heraus gemacht.“ Der Richter wollte letztlich aber auch nicht, dass der neunjährige Sohn demnächst auf den Umgang mit seinem Vater verzichten muss.

Von unserem Redakteur Philipp Daum