Mit Vorliebe hockt er an der Theke, die Tageszeit ist da nicht so wichtig. Gut gelaunt, mal singend, mal die Welt unterhaltend, ist er zechendes Zeugnis irischer Lebensfreude. Große Biere betrachtet er als Herausforderung, die abzulehnen einer Todsünde gleich kommt. Zu seinen Füßen stehen nicht selten vollbepackte Plastiktüten. Gefüllt mit der Not-Ration für die nächsten Stunden. Was bekämpft Not am besten? Klar, Bier und Wein. Weiter auffällig: Die Plastiktüten sind gegenüber den Iren eindeutig in der Überzahl.
Am Abend, in Metrostrationen oder Bahnhöfen, kann man den Iren beim Rolltreppentest beobachten. Rauf fahren, runter purzeln, rauf fahren, runter purzeln. Ist er mit fremder Hilfe endlich oben, macht es sich der Ire gern bequem. Erkenntnis: Der Ire im Zustand der Gnade kann auf dem Boden liegen, ohne sich festzuhalten.
Selbst am Morgen ist der Ire fröhlich. So zieht die Polonaise in Grün durch den Frühstückssaal des Hotels. Singend natürlich. Ob der Ire noch von der Nacht übrig geblieben ist oder sich schon in der Vorbereitung aufs Spiel befindet, ist nicht auszumachen. Rein – und wieder raus. Schlafen? Essen? Ein Luxus, auf den der Ire gut verzichten kann. Er hat Wichtigeres zu tun dieser Tage. Auch in Lyon.
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