Anfang August sorgte ein Offener Brief für Aufsehen: Der Landesverband der Berufsjäger forderte darin Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) auf, den Entwurf des neuen Landesjagdgesetztes zurückzunehmen und gänzlich neu zu erarbeiten. Mehrere jagdliche Verbände haben das Schreiben seinerzeit unterstützt.
Inzwischen sind vier Wochen vergangen. Auf eine Antwort aus dem Ministerium warten die Jäger bisher allerdings vergebens. „Wir sind darüber sehr enttäuscht. Nicht einmal der Erhalt wurde uns bestätigt“, sagt Christoph Hildebrandt, der erste Vorsitzende des Landesverbands der Berufsjäger, und verdeutlicht: „Wir hatten bewusst den persönlichen und öffentlichen Weg des Anschreibens an die Ministerin gewählt, damit Frau Eder sieht, wie dringlich und wichtig unser Anliegen ist.“
„Wir nehmen Einwände und Anregungen ernst“
Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt das Umweltministerium am Donnerstag: „Auf den Offenen Brief werden wir konkret und ausführlich antworten.“ Pressesprecher Dietmar Brück macht deutlich, dass der Brief in den letzten Zügen der Beantwortung liege. „Wir nehmen Einwände und Anregungen ernst“, betont er. Dies bezweifelt jedoch Berufsjäger Hildebrandt: „Dass man sich im Ministerium wochenlang Zeit lässt, ist nicht verständlich. Wir fühlen uns nicht ernst genommen.“ Er wird deutlich: „Wenn man bedenkt, wie viele Verbände, national und auch international, sich als Unterstützer unserem Offenen Brief angeschlossen haben, muss es doch im Interesse der Ministerin sein, zeitnah zu reagieren und den persönlichen Austausch mit uns zu suchen.“
Der Gesetzesentwurf muss so schnell wie möglich vom Tisch
Christoph Hildebrandt vom Landesverband der Berufsjäger
Wie berichtet, hatten sich mehrere jagdliche Verbände, darunter auch der Deutsche Jagdverband, der Landesjagdverband und weitere, in dem Schreiben solidarisiert. „Diese Institutionen haben mehr als 240.000 Mitglieder. Sie teilen die Auffassung der Berufsjäger. Der Gesetzesentwurf muss so schnell wie möglich vom Tisch“, erklärt Hildebrandt. Seit Wochen sorgt die Novellierung des Landesjagdgesetzes für heftige Kritik: Der Großteil der Jägerschaft wirft dem federführenden Umweltministerium schwere fachliche und juristische Mängel vor.
In einem Offenen Brief, der unserer Redaktion exklusiv vorliegt, wendet sich der Landesverband der Berufsjäger an diesem Mittwoch an Umweltministerin Katrin Eder (Grüne). Viele jagdliche Verbände unterstützen das Schreiben.Offener Brief an Ministerin Eder: Jäger üben scharfe Kritik am Entwurf des Jagdgesetzes
Im Juli hatte Ministerin Eder verkündet, dass sich Rheinland-Pfalz mit dem Regierungsentwurf auf den Weg begebe, eines der modernsten Jagdrechte in Deutschland zu entwickeln. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens läuft noch bis Mitte Oktober ein Anhörungsverfahren, „in dem noch einmal alle Verbesserungsvorschläge gesichtet und gewichtet werden“, erläutert das Ministerium in Mainz und verspricht: „Wir werden alle Anregungen und Vorschläge der Verbände und anzuhörenden Stellen im laufenden Anhörungsverfahren sorgfältig und ergebnisoffen prüfen.“
Anhörungsverfahren läuft
Berufsjäger Hildebrandt sieht keinen Grund für ein neues Jagdgesetz. „Unser bisheriges Jagdgesetz regelt alles Wichtige und hat sich bewährt. Es an einigen Stellen nachzubessern, wäre der richtige Weg“, sagt er voller Überzeugung. Nach dem Anhörungsverfahren wird die Landesregierung eine abschließend überarbeitete Fassung der Gesetzesvorlage Mitte nächsten Jahres dem Landtag von Rheinland-Pfalz zur Beschlussfassung zuleiten, damit es zum Jagdjahr 2025 in Kraft treten soll. „So weit darf es nicht kommen“, appelliert Hildebrandt.
„Dieser Entwurf muss weg“: Was Dieter Mahr, Präsident des Landesjagdverbandes, bei der jüngsten Delegiertenversammlung in Neuwied sagte, trifft die Meinung eines Großteils der Jäger in Rheinland-Pfalz.Debatte ums Landesjagdgesetz: Staatssekretär verteidigt Entwurf, Freie Wähler kritisieren ihn
Die Ampel-Koalition sieht durch die Neufassung des Jagdrechtes im Wesentlichen die Rechte der Grundbesitzer gestärkt, die behördlichen Strukturen entlastet, neuartige wildökologische Erkenntnisse umgesetzt sowie den Natur- und Tierschutz gestärkt. Demgegenüber ist der Landesverband der Berufsjäger davon überzeugt, dass der Gesetzentwurf alle diese Ziele verfehlen, zu großen Teilen ihr Erreichen sogar unmöglich machen wird. „Der Gesetzesentwurf muss so schnell wie möglich vom Tisch“, erneuert Hildebrandt seine Forderung.
Grundeigentümer sehen keinen Anlass für tiefgreifenden Wandel
Auch die Interessengemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer (IGJG) im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau (BWV) steht dem Entwurf des neuen Landesjagdgesetzes kritisch gegenüber, wie bei der jüngsten Mitgliederversammlung in Koblenz deutlich wurde. „Wir sehen eigentlich keinen Grund für einen tiefgreifenden Wandel im bestehenden Jagdgesetz, da es sich in den vergangenen Jahren bewährt hat. Allerdings müsste es an einigen Stellen nachgebessert werden“, sagt Marcus Hehn, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbands, im Gespräch mit unserer Zeitung.
Der Regierungsentwurf zum Landesjagdgesetz erhitzt die Gemüter in den Revieren. Die Kreisjägerschaft Ahrweiler hatte Jägerschaft und Politik zur Debatte eingeladen. Doch dazu kam es nicht.Debatte um Landesjagdgesetz: „Wir stehen als Jäger mit dem Rücken zur Wand“
Als Beispiel für die Kritik am vorgelegten Entwurf nennt er die Gefahr für das bewährte System der Jagdgenossenschaften durch die vorgesehenen Ausnahmen vom bisherigen System der Revierjagd oder den Wegfall der Mindestpachtdauer. Zudem kritisieren die IGJG und BWV, dass viele Verfahrensfragen im Rahmen von Ermächtigungsregelungen unmittelbar vom Umweltministerium konkretisiert werden sollen, ohne dass deren genaue Ausrichtung bekannt wäre.
„Wichtig für die Grundeigentümer und Bewirtschafter ist es, auch in Zukunft eine funktionierende Jagd sicherzustellen“, betont Hehn. Er nennt auch einen konkreten, positiven Ansatz im Gesetzentwurf, der die vorgesehenen Änderungen im Bereich des Wildschadensverfahrens betrifft. Im Gesetz soll in Zukunft festgeschrieben werden, was den praktischen Gepflogenheiten folgt. Wenn Wildschäden auf Wiesen im Zeitraum vom 1. November bis 15. März entstehen – also in kalten Monaten, wo ohnehin kein Wachstum erfolgt – müssen diese nicht kurzfristig und einzeln, sondern gesammelt zum 15. März gemeldet werden.
160.000 Hektar Mitgliedsfläche in früheren Regierungsbezirken
Die IGJG versteht sich als politische und gesellschaftliche Vertretung aller Grundeigentümer in den landwirtschaftlich geprägten ehemaligen Regierungsbezirken Koblenz und Trier. „Wir reden von einer Mitgliedsfläche von etwa 160.000 Hektar, die im Besitz zahlreicher Grundeigentümer ist“, verdeutlicht Hehn die Dimension. Dazu gehören auch Jagdgenossenschaften, der alle Eigentümer bejagdbarer Flächen angehören, die jeweils weniger als 75 Hektar Grundfläche besitzen, aber gemeinsam über eine Fläche von mindestens 250 Hektar in einer Kommune verfügen. Hinzukommen alle Besitzer von sogenannten Eigenjagdbezirken.
Damit sind zusammenhängende Grundflächen von mindestens 75 Hektar gemeint, die einer Personen oder Personengemeinschaft gehören, die auf dieser Fläche auch das Jagdausübungsrecht innehaben.