RZ-Adventskalender lüftet "Koblenzer Geheimnisse" - Hinter dem siebten Türchen geht es um eine verborgene Fahrspur
7. Türchen im RZ-Adventskalender: Die Bergbahn zum Rittersturz
Bernd Reeb weist auf eine breite, flache Schneise, die sich bergan durch den Wald zieht. Hier fuhr einst die Rittersturz-Bergbahn. Foto: Sascha Ditscher/Bast Medien Verlag
Sascha Ditscher

Der RZ-Adventskalender lüftet „Koblenzer Geheimnisse“ – Hinter dem siebten Türchen geht es um eine verborgene Fahrspur.

In Koblenz gibt es diverse öffentliche Verkehrsmittel, vor allem die Buslinien, die Seilbahn über den Rhein, den Festungsaufzug hoch auf den Ehrenbreitstein. Nein, keine U-Bahn, und eine Straßenbahn auch nur bis 1967. Aber da war doch noch etwas, auch wenn sich immer weniger Menschen daran erinnern und so gut wie keine Spuren mehr darauf hinweisen. Genau: die Rittersturz-Bergbahn. Der RZ-Adventskalender lüftet „Koblenzer Geheimnisse“.

Anlagen wurden nach der Stilllegung entfernt

Von 1928 bis 1959 führte diese von der Laubach an der B9 hinauf zum Hotel Rittersturz. Einige Jahre nach ihrer Stilllegung wurden alle Anlagen komplett entfernt – Bernd Reeb hat aber noch letzte Relikte gefunden, die auf die Bahn hinweisen. „Hier kann man die Trasse erkennen, auf der früher die Schienen lagen“, sagt Reeb und weist auf eine breite, flache Schneise, die sich bergan durch den Wald zieht. Er selbst ist Betriebsleiter der Koblenzer Verkehrsbetriebe (Koveb) und hat sich intensiv mit der Geschichte des ÖPNV in der Stadt beschäftigt.

Eine kleine Wanderung ist nötig, um die Fahrspur zu entdecken. Diese zeigt noch heute, wo früher einmal die Bahn zum ebenfalls längst abgerissenen Hotel Rittersturz hinauffuhr. Die Gleise und der Schotter, die sich dort befanden, wurden längst entfernt, den Verlauf der Trasse an sich kann man aber weiterhin gut erkennen.

Schauplatz der Rittersturz-Konferenz

Zwei sogenannte Standseilbahnen fuhren vom 2. Juni 1928 bis zum 25. Oktober 1959 in leichten Kurven zwischen der damaligen Haltestelle „Laubach“, an der die Straßenbahn auf dem Weg nach Kapellen-Stolzenfels hielt, und dem Hotel Rittersturz hin und her, erzählt Reeb. Dieses kennt man vor allem als Schauplatz der Rittersturz-Konferenz 1948, bei der die neue Bundesrepublik Deutschland quasi aus der Taufe gehoben wurde. Aber: „Das Hotel war auch ein beliebtes Ausflugsziel“, sagt er. Und dazu trug auch die Bergbahn bei. In der Saison fuhr diese bis zu 40-mal am Tag bergauf und bergab und brachte Menschen von der B 9 kurz hinter dem heutigen Überflieger vor der Südbrücke hoch zum Rittersturz und wieder zurück.

Koblenzer Familien machten hierhin gern ihren Sonntagsausflug. „Wer es sich dann leisten konnte, ist mit der Bergbahn gefahren“, so Reeb, die anderen liefen auf der Straße, die in Teilen neben der Bahn verlief. Und auch die Hotelgäste nutzen die Bahn, vermutet er – schließlich hatten in dieser Zeit längst nicht alle ein eigenes Auto.

Mit Kriegsbeginn 1939 wurde der Betrieb der Bergbahn eingestellt und 1949 wieder aufgenommen. Doch in den 1950er-Jahren sank die Zahl der Nutzer immer mehr, „die Nachfrage war nicht mehr hoch, und hohe Investitionen wären auch nötig gewesen“, sagt Reeb. Der Betrieb der nicht subventionierten Bahn wurde immer unwirtschaftlicher und wurde 1959 schließlich eingestellt.

So geht's zur Trasse

Von der B 9 (in Fahrtrichtung Boppard) geht direkt hinter dem Überflieger vor der Südbrücke ein Wanderparkplatz in Richtung Rittersturz ab. Dort kann man sein Auto stehen lassen. Es folgt ein kurzer Spaziergang: Der Straße nach oben in Richtung Rittersturz folgt man vorbei an der alten Tragemauer und biegt dann links auf den ersten Wanderweg ab. Direkt von der zweiten Kehre des Weges aus sieht man linker Hand etwas versteckt die alte Bahntrasse.

Ab 1960 fuhr stattdessen der „Bergbus“ auf einer 1,8 Kilometer langen Strecke hinauf zum Rittersturz, er verkehrte aber nur mittwochs sowie an Wochenenden und Feiertagen ein paarmal am Tag – und wurde, kaum genutzt, 1971 gestrichen. 1973 wurde dann auch das Hotel Rittersturz abgerissen.

Nachdem die Bergbahn und ein paar Jahre später auch die Straßenbahn stillgelegt wurden, konnte man lange nur noch mit dem Bus öffentlich durch Koblenz fahren. Doch seit einigen Jahren gondelt nun die Seilbahn über den Rhein, und der Festungsaufzug führt in Ehrenbreitstein hoch auf die Festung.

Von der Rittersturz-Bergbahn sind heute jedenfalls nur noch eine alte Stützmauer zu sehen, die die Bahntrasse trug, die großen Stufen am Rande der B 9, die man früher zur Tatstation hochging, und eben die alte Trasse. Und diese wird jetzt nach und nach wieder Teil des Waldes.

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Koblenz und die Region sind voll von Geschichten, voller rätselhafter und oft übersehener Überbleibsel aus der Vergangenheit. Das Buch „Koblenzer Geheimnisse“ geht diesen nach. Es ist in Kooperation zwischen der Rhein-Zeitung und dem Bast Medien Verlag erschienen. In der Adventszeit stellen wir Auszüge daraus in Form eines Adventskalenders vor.

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