Musiker stehen neben Literaten, Sängerinnen neben Mäzenen, viele von ihnen Italiener, nur wenige (wie eben die international bekannte Operndiva Sontag) Koblenzerinnen. „Wenn ich gefragt werde, was es mit diesen Namen auf sich hat, dann behaupte ich, dass sie alle Kaffee geliebt haben“, gesteht David Richard und lacht.
Seit seinem 25. Lebensjahr leitet er die Kaffeewirtschaft, so wie schon sein Großvater und Urgroßvater vor ihm. „Eigentlich ist die Wahrheit aber ganz banal: Mein Vater Bernhard Wolfgang Richard war Maler, Grafiker und Bildhauer und hat die Namen jener Künstlerinnen und Künstler einarbeiten lassen, die er besonders verehrt hat.“ 1978 habe man damit angefangen, sie als Gestaltungselement auf Höhe der zweiten Etage anbringen zu lassen. „Mittlerweile setzen sich die Namen auch um die Ecke fort, und unser Nachbar hat das Konzept ebenfalls aufgegriffen“, freut sich Richard. Die Kaffeewirtschaft selbst blickt auf eine lange Tradition zurück.
„Damals wie heute fragt man sich manchmal, ob die verantwortlichen Politiker und Verwaltungsleute die Lebensbedingungen in der Altstadt verstehen“
, kritisiert David Richard.
1907 gründete Bäckermeister Josef Richard mit seiner Frau Katharina das erste Café dieses Namens im Metternicher Hof, 1911 zogen sie in das jetzige Stammhaus um, das seitdem durchgehend im Familienbesitz war. „Mein Urgroßvater wurde damals von seinen Freunden ,Kanonenbäcker‘ genannt, weil er unter anderem die Preußen auf der Feste Konstantin mit Broten versorgte, was im Rheinland als Sünde galt“, erzählt David Richard. „Sie wollten Josef mit diesem Spitznamen ärgern, und das ist ihnen auch gelungen. Andererseits hat es mein Großvater nicht zuletzt durch die Arbeit für die Preußen geschafft, sich innerhalb kürzester Zeit in der Stadt zu etablieren. Ab 1922 hat sein Sohn Philipp den Spitznamen aufgegriffen, als Warenzeichen schützen lassen und seine Konditorei danach benannt.“ Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Richards viel Kraft gekostet. „Damals wie heute fragt man sich manchmal, ob die verantwortlichen Politiker und Verwaltungsleute die Lebensbedingungen in der Altstadt verstehen“, kritisiert David Richard.
„Gerade in Koblenz sind meiner Meinung nach im Denkmalbereich sehr viele Fehler gemacht worden, und es wird nicht besser. Mein Vater, der die Kaffeewirtschaft nicht weiterführen wollte und stattdessen in seinem Atelier unterm Dach seiner Kunst nachgegangen ist, hat sich immer gefragt, wie sich die Stadt wohl entwickelt hätte, wenn die Medici hier gewirkt hätten, die ja bekanntlich bedeutende Förderer der Künste waren.“
Die Bankiersfamilie, die vor allem im 15. Jahrhundert Florenz zu einer der führenden Kulturmetropolen der Renaissance machten, protegierten unter anderem Michelangelo, Botticelli, Donatello und Leonardo da Vinci. „Deswegen ist auch der Name von Cosimo I. über der Kaffeewirtschaft verewigt.“ Diese wurde nach Philipp Richards Tod 1962 aufgegeben, existiert seit 1999 aber wieder unter ihrem ursprünglichen Namen und bietet neben Kaffee- und Tee-Spezialitäten unter anderem Weine aus der Region, moderne rheinländische Küche und natürlich Kulturveranstaltungen an. Immer unter dem Siegel des „Kanonenbäckers“ – und den Vorbildern des Künstlervaters.
So geht's zur Kaffeewirtschaft: Die Kaffeewirtschaft befindet sich am Münzplatz 14.
Koblenz und die Region sind voll von Geschichten, voller rätselhafter und oft übersehener Überbleibsel aus der Vergangenheit. Das Buch „Koblenzer Geheimnisse“ geht diesen nach. Es ist in Kooperation zwischen der Rhein-Zeitung und dem Bast Medien Verlag erschienen. In der Adventszeit stellen wir Auszüge daraus in Form eines Adventskalenders vor. Das Buch (Hardcover) kostet 24 Euro, hat 192 Seiten und ist durchgehend bebildert. Erhältlich ist es über unseren Produktshop www.rz-forum.de sowie im Buchhandel oder direkt beim Verlag unter bestellungen@bast-medien.de . ISBN: 9783946581925.