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Westerwald/Rhein-Lahn

Wahlzeit: Handwerksberuf unbeliebt – Gesellschaft soll umdenken

Moderne Computertechnologie gehört auch im Steinmetzgewerbe längst zum Berufsalltag. Trotzdem scheuen immer mehr Jugendliche davor zurück, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Stefan Schlosser hat seit drei Jahren keine einzige Bewerbung mehr bekommen. Foto: Dagmar Schweickert
Moderne Computertechnologie gehört auch im Steinmetzgewerbe längst zum Berufsalltag. Trotzdem scheuen immer mehr Jugendliche davor zurück, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Stefan Schlosser hat seit drei Jahren keine einzige Bewerbung mehr bekommen. Foto: Dagmar Schweickert

Moderne Computertechnologie gehört auch im Steinmetzgewerbe längst zum Berufsalltag. Trotzdem scheuen immer mehr Jugendliche davor zurück, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Stefan Schlosser hat seit drei Jahren keine einzige Bewerbung mehr bekommen.

Lesezeit: 3 Minuten
Die ersten Autos verlassen frühmorgens den Hof, das Telefon klingelt im Minutentakt. Hier eine Baustelle, da ein Zulieferer. Steinmetzmeister Stefan Schlosser behält den Überblick. Zusammen mit Bruder Joachim und Vater Werner, Gesellen und Helfern sind sie die Esterau Natursteine Verarbeitungs GmbH (ENV) in Holzappel. Die Firma wurde 1986 gegründet. Geschäftsführer ...
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Andreas Nick: Rückgrat unserer Wirtschaft

Unsere Handwerksbetriebe tragen maßgeblich zu Wohlstand, Ausbildung und Beschäftigung bei. Bei Betriebsbesuchen erfahre ich regelmäßig, vor welchen Herausforderungen die Betriebe stehen:

Qualifizierte Bewerber fehlen, nicht alle freien Stellen oder Lehrstellen können besetzt werden. In Familienbetrieben gibt es Nachfolgeprobleme. Bürokratie belastet die Betriebsinhaber. Weltweit gilt unser Modell der dualen Ausbildung als vorbildlich: Es sorgt für qualifizierte Fachkräfte, verhindert Jugendarbeitslosigkeit, eröffnet vielfältige Entwicklungsperspektiven. Wir müssen seine Grundlagen bewahren und stärken. Mit Aktionen wie „Hände hoch fürs Handwerk“ werben wir für die Ausbildung in Handwerksberufen. Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten müssen bekannter werden. Berufsbilder sollen an das digitale Zeitalter angepasst werden. Das Handwerk ist Rückgrat unserer Wirtschaft, gerade in unserer ländlichen Region. Die CDU setzt sich für den Erhalt des Meisterbriefs ein und will nach der Wahl prüfen, wie er für weitere Berufsbilder EU-konform eingeführt werden kann. Durch einen „Meisterbonus“ soll eine Gebührenerstattung bei bestandener Meisterprüfung möglich werden.

Gabi Weber: Hohe Standards bewahren

Die Fachkräftesicherung ist das drängendste Problem mittelständischer Handwerksbetriebe. Wir motivieren junge Menschen, Berufe zu ergreifen, die nicht den vermeintlichen Geschlechterklischees entsprechen.

Es ist ein Gewinn, wenn sich mehr Frauen für MINT-Berufe oder einen Handwerksberuf entscheiden. Dazu gehört: frühzeitige Information in den Schulen, Abschaffung der Gebühren für Techniker-, Meister- und Fachwirtkurse, Masterstudium mit einem Meisterbrief. Als Keramikmalerin spreche ich das Thema bei jedem Schulbesuch an. Viele junge Menschen kennen die wohnortnahen Möglichkeiten nicht. Für eine sozial abgesicherte Industrie 4.0 ist es wichtig, dass wir den Mittelstand und das Handwerk für die Digitalisierung gewinnen. Unsere hohen Qualitätsstandards bei Berufszugang und

-ausübung im Handwerk müssen gewahrt bleiben. Zugleich verschließen wir uns Harmonisierungen zwischen den EU-Staaten nicht. Daher werden wir das System der zulassungspflichtigen Handwerksberufe sowie den Meisterbrief stärken. Auch wollen wir ein modernes Einwanderungsrecht schaffen, um den drohenden Fachkräftemangel abzufedern.

Michael Musil: Gute Ausbildung für Migranten

Die Situation ist nicht neu. Der alte Spruch: „Handwerk hat goldenen Boden“ hat leider an Bedeutung verloren. In den Schulen fehlt das Fach Berufskunde. Der Trend zu höherer Bildung trocknet den Markt für Handwerksbetriebe aus.

Deshalb wollen wir die Bildungs- und Berufsabschlüsse von Migranten und Migrantinnen schneller anerkennen und bürokratische Hürden bei der Anerkennung abbauen. Wir wollen einen rechtmäßigen Aufenthalt während und nach der Ausbildung garantieren und die Vorrangprüfung abschaffen, nach der deutsche Bewerber bei Ausschreibungen bevorzugt werden müssen. Das Bildungssystem werden wir so durchlässig gestalten, dass wir auch gegenüber Migranten das Versprechen eines sozialen Aufstiegs über gute Bildung einhalten können. Wir werden Bildungs- und Berufsabschlüsse schneller und großzügiger anerkennen und ein verlässliches Bleiberecht während und nach der Ausbildung schaffen. So können Asylbewerber bei entsprechender Qualifikation eine Arbeitserlaubnis erhalten. Wir wollen die Arbeitsaufnahme in Deutschland erleichtern. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die Situation zusätzlich verbessern.

Martin Klein: Azubis effektiver vermitteln

Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung stärkt vor allem die Exportkonzerne. Die einseitige Orientierung führt zu massiven wirtschaftlichen Ungleichgewichten und zur Benachteiligung von Handwerk, landwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Betrieben.

Die Linke tritt für einen Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik ein. Wir kämpfen dafür, dass in Zukunft gilt: Mensch und demokratische Mitbestimmung vor Profit! Wir wollen, dass in einem Programm öffentliche und private Investitionen deutlich angehoben werden. Damit soll auch die regionale Wirtschaft gefördert werden. Daneben fordern wir eine Reform des Berufsbildungsgesetzes, in der die Verbesserung der Ausbildungsqualität in den Mittelpunkt rückt. Pro Jahr werden in Deutschland etwa 80.000 junge Menschen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz vertröstet. Ziel ist die effektivere Vermittlung junger Azubis. Dabei setzen wir uns besonders für duale Ausbildungsgänge an Berufs-, Fach- und Meisterschulen als Alternative zum Hochschulstudium ein. Außerdem müssen deutlich mehr Lehrkräfte ausgebildet und eingestellt werden, um die Personalnot an Bildungseinrichtungen zu beenden.

Thorsten Hehl: Meister so viel wert wie Master

Handwerk und Mittelstand sind tragende Säulen von Qualifizierung, Wohlstand und Wachstum. Wir setzen uns dafür ein, Kinder früh für technische und mathematische Fächer zu begeistern.

In Deutschland haben wir einen Fachkräftemangel, den der demografische Wandel verstärken wird. Ein Meister muss genauso viel wert sein wie ein Master. Während akademische Bildung weitgehend kostenfrei ist, müssen angehende Meister für ihren Abschluss tief in die Tasche greifen. Diese Ungleichbehandlung ist ungerecht. Die finanzielle Benachteiligung der beruflichen gegenüber der akademischen Bildung hat nicht unwesentlich zum Fachkräftemangel beigetragen. Wir wollen, dass nicht der Staat Anreize für einen Bildungsweg schafft, sondern die Jugendlichen frei entscheiden, welcher Weg für sie der richtige ist. Akademiker, hochqualifizierte Facharbeiter oder gut ausgebildete Handwerker, wir brauchen alle. Eine Lehre ist ein solides Fundament für eine berufliche Laufbahn. Wir wollen unser berufliches Bildungssystem stärken, zu dem duale Ausbildung und Abschlüsse der höheren beruflichen Bildung wie Meister, Fachwirte und Betriebswirte gehören.

Astrid Angelika Bergmann-Hartl: Heimatnahe Ausbildung

Stärkung des Mittelstandes: Seit Jahren stehen die Freien Wähler für den Erhalt regulierter Berufe und dem damit eng verbundenen dualen Ausbildungssystem. Der Meisterbrief steht für höchste Qualität und ist ein Gütesiegel deutscher Handwerkskunst.

Gerade, weil wir für eine heimatnahe Ausbildung sind und uns für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land einsetzen, sind die Handwerksbetriebe für uns so wichtig und schützenswert. Deswegen setzen wir uns gegen Gesetze zum Schaden des Mittelstandes, zum umfassenden Bürokratieabbau und der im Schnellverfahren aufgebauten Mindestlohn-Bürokratie ein.

Eine umfassende Unterstützung im Bereich des dualen Ausbildungssystems in den Schulen, Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen gehört genauso dazu wie die Sicherheit bei der Ausbildung von Flüchtlingen, die ein Bleiberecht während ihrer Ausbildungszeit garantiert bekommen.