Der wundersame und wunderbare Weg der Wikinger ist für alle Fußball-Romantiker ein Fest. Inmitten von verwöhnten Superstars, superreichen Jungprofis und einer Kommerzialisierung der Superlative sind die Sigthorssons und Gudmundssons eine Wucht. Das Team mit den ulkigen Nachnamen – isländische Kinder tragen den Vornamen ihres Vaters mit der Ergänzung -son für Sohn und -dottir für Tochter – beweist, dass ein dichtes Kollektiv immer noch schlagkräftiger sein kann als dicke Konten.
Die Fußballer aus dem Land der Gletscher und Geysire haben sogar Trends gesetzt: Dank ihres bärtigen Kapitäns Aron Gunnarsson stehen sie für die Wiedergeburt des weiten Einwurfs als Torvorlage. Und dank ihrer Verweildauer im EM-Turnier kennt nun wohl jeder den perfekt choreografierten Schlachtruf: Erst herrscht Stille im Stadion. Dann klatschen die Isländer die Hände über dem Kopf zusammen, brüllen „Hu!“. Und noch mal: „Hu! Hu! Hu!“, bis alle Fans einstimmen. Das Siegesritual erinnert an Schlachtrufe der Wikinger, ist aber schlicht eine Erfindung des Fanverbands „Tolfan“. Tolfan heißt die Zwölf – für den zwölften Mann im Rücken der „wilden 13“.
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