Wie eine vierköpfigeFamilie aus Neuwied beim Ticketkauf ihrblaues Wunder erlebte
Ticket-Wucher des IOC: Olympia 2024 in Paris – Dabei sein ist teuer
Wer als Zuschauer die Sommerspiele in Paris vor Ort verfolgen will, muss nicht selten tief in die Tasche greifen. Foto: Michel Euler/dpa
dpa

Als Zuschauer mal bei Olympia dabei sein - das kann eine ganz schön teure Angelegenheit werden. Eine Familie aus der Region Neuwied schmiedete bereits eifrig Pläne, wollte den Sommer 2024 nur allzu gerne in Paris verbringen. Doch dieser Traum war ziemlich schnell ausgeträumt:

Wer als Zuschauer die Sommerspiele in Paris vor Ort verfolgen will, muss nicht selten tief in die Tasche greifen. Foto: Michel Euler/dpa
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Wie heißt es noch gleich, das olympische Motto aus den Zeiten Pierre de Coubertins? Ach ja: Dabei sein ist alles! Gut, was in erster Linie auf die Athleten gemünzt war und ist, darf gern auch für Zuschauer der alle vier Jahre stattfindenden Sommerspiele gelten. Das dachte sich zumindest ein Familienvater aus dem Raum Neuwied, der anonym bleiben will, und schmiedete schon eifrig Pläne für einen Besuch der Spiele im nächsten Jahr in Paris.

Ein Problem ward vorab schon gelöst. Die Suche nach einer Herberge für die Zeit Ende Juli, Anfang August in der Seine-Metropole erübrigte sich – Freunde wollten die vierköpfige Familie, nennen wir sie im Folgenden Familie S. (richtiger Name ist der Redaktion bekannt) in ihrem Zuhause unterbringen. Ein nicht unerheblicher Budgetposten konnte also schon mal gestrichen werden. Blieben noch die Tickets für die einzelnen olympischen Wettbewerbe. Doch in diesem Punkt geriet die Verlockung Olympia zur Enttäuschung. Der Paris-Traum war für die Neuwieder schnell ausgeträumt.

Sämtliche Tickets für die Wettbewerbe in Paris werden nach Angaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) erstmals in der Geschichte zu 100 Prozent digital und zentral auf einer Plattform abgewickelt. Die Adresse lautet www.tickets.paris2024.org.

Dort registrierten sich auch die hoffnungsvollen Neuwieder – Vater und Mutter jeweils getrennt, um die Chancen auf Tickets zu erhöhen. Stichtag für die erste Verkaufsphase war der 31. Januar. Wer sich angemeldet hatte, nahm erst mal nur an einer Verlosung teil, die – im Fall der ersten Verkaufsphase – Anfang Februar beginnen sollte. Alles lief wie am Schnürchen für Familie S, die Ende Februar zwei E-Mails erreichten mit dem Hinweis auf ein zwei Tage später startendes Verkaufsfenster.

Schwimmen für 230 Euro

Die Vorfreude stieg – doch umso größer war dann die Ernüchterung eingedenk der Preise, die das IOC für den Besuch einiger nicht mal hochkarätiger Wettbewerbe aufrief. So hätte der Besuch einer Leichtathletik-Veranstaltung, Vorkämpfe wohlgemerkt, mit 170 Euro zu Buche geschlagen – mit Medaillenentscheidung wären es schon 690 Euro gewesen. Schwimm-Vorläufe gab es für 230 Euro, für ein Tischtennis-Viertelfinale hätte Familie S. satte 120 Euro berappen müssen – alles pro Person, versteht sich.

Erschwinglich waren lediglich die Besuche beim 7er-Rugby und bei Vorrundenspielen im Fußball. Dort sollte die Karte 24 Euro kosten. „Aber wer will bei Olympia schon Fußball sehen?“, meinte das Familienoberhaupt ernüchtert. Bei der globalen Veranstaltung reizen andere Sportarten neben dem Branchenprimus.

Unschöner Verdacht

Dabei hatten die Organisatoren vorab noch damit geworben, viele günstige Tickets herausgeben zu wollen. Das hat bei Familie S. nicht geklappt, wobei der Familienvater einen Verdacht hat. „Wir, meine Frau und ich, haben uns an verschiedenen Tagen angemeldet, bei der Verlosung aber für den exakt gleichen Zeitraum das Zugriffsrecht bekommen. Ich gehe davon aus, dass in diesen 48 Stunden alle de.-Adressen, also alle deutschen Interessenten, dran waren. Womöglich hatten die in Frankreich registrierten Bewerber da schon alle günstigen Tickets abgesaugt.“

Kein unbegründeter Verdacht. Bei der am 21. Februar gestarteten Auswahl soll es in Gänze keine Tickets günstigerer Kategorien gegeben haben. Die Teilnahme an einer weiteren Kartenvergabe ist noch offen. Aber günstiger wird es kaum werden – das gewiefte IOC behält sich vor, die Preise bei späteren Ticketvergaben noch einmal zu erhöhen.

Nein Danke zu Olympia

Unterm Strich wäre das Dabei-sein-in-Paris zu einem alles andere als günstigen Unterfangen für die vierköpfige Familie S. geworden. Zumal sie in diesem Verkaufsfenster Tickets für mindestens drei Veranstaltungen hätte abnehmen müssen – und immer gleich viele pro Veranstaltung. Das hätte in Summe 2080 Euro ohne Medaillenvergabe und 4160 Euro mit der in Augenscheinnahme von Edelmetall ausgemacht. Und dann hätte noch keiner etwas gegessen oder getrunken.

So oder so, Familie S. aus dem Raum Neuwied sagte zu dem Angebot aus verständlichen Gründen „Nein danke“ – und verfolgt die Olympischen Spiele im kommenden Jahr lieber vor dem Fernseher. Vielleicht ja dann bei den Freunden in Paris.

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