Der Serientitel ist frei wählbar, firmiert angesichts namhafter Vorgänger wie „Lindenstraße“ und „In aller Freundschaft“ irgendwo zwischen „Otto-Fleck-Schneise“ und „In aller Feindschaft“. Drehort ist der Deutsche Fußball-Bund in eben jener Schneise im Frankfurter Stadtwald, die Liste der Hauptdarsteller ist lang. Dabei spielt jeder gegen jeden, alle hängen aber irgendwie doch mit allen zusammen, keiner will's gewesen sein – und niemand ist mehr sicher. Friedrich Walter „Fritz“ Keller hat sich die Rolle als Ekel Alfred und stures Oberhaupt redlich verdient, „ein Herz und eine Seele“ ist aber längst niemand mehr im DFB.
Der Präsident des größten Sportfachverbands der Welt müsste eigentlich schon längst zurückgetreten sein, schließlich haben sich so gut wie alle Serienmitglieder gegen ihn ausgesprochen. Der Chef hatte seinen Stellvertreter Rainer Koch, die Else Kling des DFB – alles beobachtend, ständig stichelnd, aber krisenresistent –, mit einem Nazi-Richter verglichen. Doch keiner ist offenbar imstande, den Boss aus der Serie zu schreiben, weder die mächtigen Landesfürsten, noch die Vertreter der millionenschweren Profibranche oder die hauseigenen Instanzen. Die hauptamtlichen Chefs haben ohnehin genug mit sich selbst zu tun, werden sie doch ebenfalls als untragbar angesehen. An der Spitze steht Generalsekretär Friedrich Curtius, vordergründig wie der arglose Bobby Ewing aus der US-Saga „Dallas“, wenn es hart auf hart kommt aber wie dessen skrupelloser Bruder J.R. Ewing.
F.W. Keller war nun ziemlich lange im Off verschwunden und hat kurz vor dem Wochenende pflichtschuldig um Verzeihung gebeten. An einen Rücktritt verschwendet der 64-Jährige aber weiter keinen Gedanken und krallt sich trotz aller Misstrauensvoten am Chefsessel fest. Nun kam sogar Ober-Intendant Horst Seehofer aus der Deckung. „Es wird Zeit, dass die Sportverbände dieses jämmerliche Schauspiel beenden“, schimpfte der für den Sport zuständige Bundesinnenminister, der sich sonst für den Sport nur selten zuständig zeigt. Keller aber will seine von Patzern und Verfehlungen gesäumte eineinhalbjährige Amtszeit tatsächlich fortsetzen. Eine Hauptrolle gibt man schließlich nicht so leichtfertig aus der Hand. Der umtriebige Winzer aus dem Breisgau war nach eigenem Plan angetreten, um beim DFB reinen Tisch zu machen. Dumm nur, dass dies in seiner Ehrenamtsbeschreibung nicht vorgesehen war. Vielmehr sollte er Kunstrasenplätze einweihen, ein paar salbungsvolle Reden halten – bei wichtigen Themen aber lieber den Mund.
Ein Wohlfühl-Onkel à la Mutter Beimer wollte der Freiburger nun nicht sein, zerrte stattdessen windige Beraterverträge aus dem DFB-Sumpf an die Oberfläche und mischte sich sogar ins Sportliche ein, sprich in die Bundestrainerfrage. Solch ein Präsident war nicht vermittelbar im Intriganten-Stadl DFB mit all seinen gewachsenen Abhängigkeiten und Zerwürfnissen. So staute sich in eineinhalb Jahren vieles auf, was mit Kellers unsäglichem Nazi-Vergleich explodierte.
Ein derartiger Höhepunkt eignet sich in einer TV-Serie bestens für das Ende einer Staffel. Nur müsste die Fortsetzung nach dieser Zäsur dann schon etwas Neues bringen, am besten sogar frische Gesichter. Doch dafür ist im DFB-Drehbuch nur selten Platz. Stattdessen werden die Namen alter neuer Serienhelden gehandelt: Karl-Heinz Rummenigge und Rudi Völler als streitbare Doppelspitze wie Oberbürgermeister Wolfgang Wöller und Nonne Lotte in „Um Himmels Willen“. Oder Ex-Bayern-Profi Philipp Lahm im Sinne von „Dahoam is Dahoam“.
Nun hat sich – wie schon 2019 vor Fritz Kellers verhängnisvoller Wahl – Ute Groth für das höchste Amt im deutschen Fußball ins Gespräch gebracht. Die 62-Jährige ist Vorsitzende des Amateurvereins DJK TuSA 06 Düsseldorf. Der mögliche Titel ihrer Präsidentschaftskandidatur, nach einer deutschen TV-Seifenoper: „Eine für alle – Frauen können's besser.“ Die Serie wurde 2009 nach nur einer Staffel abgesetzt. Höchst unwahrscheinlich, dass ein Remake mit Ute Groth bei den Programmdirektoren des Altherrenklubs DFB überhaupt eine Chance hätte.