Alessandro Fogolin blickt auf die Sportwoche zurück
Im Team wiederum lässt sich alles besser teilen – sowohl die Freude als auch die Enttäuschung. Und die Hauptlast der Schuld trägt im Normalfall der Trainer. Diese Woche bescherte dem deutschen Sport zwei prima Beispiele, wie das mit Freud und Leid im Mannschaftssport manchmal so läuft. Die Volleyballerinnen pritschen und schmettern bei der EM im eigenen Land die Sterne vom Himmel, die Basketballer sind nach einem unterirdischen EM-Auftritt schon längst wieder zu Hause angekommen aus Slowenien.
Was nicht heißt, dass die Sache für die verhinderten Korbjäger schon gelaufen ist. Im Nachklang der Ereignisse von Ljubljana hat natürlich Bundestrainer Frank Menz das größte Problem. Wie will man schon Niederlagen erklären gegen Großbritannien und Belgien, wo doch kaum jemand wusste, dass dort überhaupt Basketball gespielt wird? 18 Jahre lang sind die deutschen Riesen nicht mehr so gestutzt worden – jetzt tut eine akribische Fehlersuche not.
Die muss nicht zwingend bei Menz enden. Oder mit dem Vorwurf, dass einige junge Spieler den Akzent auf ihr berufliches Fortkommen legen – und damit quasi Verrat am Vaterland verüben. Wenn Dennis Schröder, Elias Harris und Tim Ohlbrecht ihr Augenmerk auf ihre startenden NBA-Karrieren bei den Atlanta Hawks, Los Angeles Lakers und Philadelphia 76ers legen statt aufs Nationalteam, dann ist das ihre Entscheidung und ihr gutes Recht.
Ob sie sich über kurz oder lang damit einen Gefallen getan haben, ist eine ganz andere Geschichte. So oder so: Der Deutsche Basketball- Bund und sein Trainer Menz können nur mit jenen Spielern arbeiten, die sie zur Verfügung haben. Im propagierten Neuaufbau der Mannschaft hilft da kein Lamentieren – und schon gar nicht der standardisierte Ruf nach ihrem ewigen Helden.
Eine Rückkehr von Dirk Nowitzki ins Nationaltrikot, so unpopulär das auch klingen mag angesichts der Verdienste des 35- Jährigen um den deutschen Basketball, ist kein in die Zukunft gerichtetes Konzept. Ungleich unbedeutender sind die Sorgen, die Deutschlands Volleyballerinnen in der öffentlichen Wahrnehmung derzeit haben. Angesichts der erfolgreichen EMAuftritte arbeiten sich manche Medien im Zuge der fortschreitenden Boulevardisierung des Sports schon an Fragen ab, deren Antworten die Welt nicht entscheidend verändern werden.
Dass die 19-jährige Lisa Izquierdo nach eigener Auskunft einen Taschentick hat, passt immerhin noch gut in gängige Klischees. Wohin die Information führt, dass Christiane Fürst als Thema ihrer Magisterarbeit „Herbert Wehner und die Anfänge der neuen Ost-Politik“ wählte, lässt einen dagegen rätselnd zurück. Es sei denn, gesteigertes Interesse an Politik schult die Arbeit im Mittelblock. Sportlich jedenfalls sind die Frauen (die übrigens zur Hälfte im Ausland spielen), anders als häufig Politiker, auf der Höhe des Geschehens.
Und anders als ihre männlichen Basketball-Kollegen sind sie auf dem Feld als Mannschaft erkennbar – gerade mal einen Schritt entfernt vom Titel. Das alles ist fein anzusehen, auch wenn man als Nicht-Volleyballer das mannschaftliche Ritual befremdlich finden mag, wenn jeder Punkt, und sei er auch für den Gegner, gefeiert wird.
Das hätte sich der frühere Kreisliga-Fuballer ähnlich gewünscht bei jedem seiner ungezählten Befreiungsschläge ins Seitenaus. Er kann sich nicht annähernd an solch euphorische Reaktionen der Teamkollegen erinnern, weiß aber auch um die finalen Vorzüge des Mannschaftssports: die gemeinsame Kiste Bier nach jedem Sieg. Und selbstverständlich nach jeder Niederlage.