Ja, vielleicht hatte es Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl flapsig und nicht ganz ernst gemeint dahingesagt, als er vor dem Rückspiel beim FC Chelsea erklärte, dass er „auch mal mit einem Unentschieden zufrieden“ sei. Genau so aber hat die Borussia in London dann auch gespielt. Unentschieden im Kopf, ob sie sich denn nun trauen soll, in die Offensive zu gehen. Oder reicht unter Umständen solide Abwehrarbeit fürs angestrebte Weiterkommen?
Nun, mit dem Zutrauen in die eigene Offensivkraft war es dann nicht weit her, und trotz guter Defensivleistung gab es ein 0:2, was gleichbedeutend war mit dem Achtelfinal-Aus in der Königsklasse für den so ambitionierten BVB.
Ja sicher, es gab äußere Umstände mit negativem Einfluss auf ein mögliches Weiterkommen. Julian Brandt fiel früh verletzt aus. Und der niederländische Schiedsrichter Danny Makkelie verdutzte bei seinen Elfmeterentscheidungen mit einer eigentümlichen Regelauslegung. Gleichwohl ist Borussia Dortmund gegen einen FC Chelsea rausgeflogen, der in der heimischen Premier League zuletzt über die Rolle des Scheinriesen nicht hinauskam – und dem in zwei Spielen nicht mutig genug agierende Dortmunder die Gelegenheit boten, sich auf internationalem Parkett zu rehabilitieren. Seit zehn Pflichtspielen ungeschlagen – diese Erfolgsserie war der Borussia in 180 Minuten zu selten anzumerken.
Mentale Stärke ist die Basis
Und so kam es, wie es kommen musste – und wie es zuletzt in Konstanz zu beobachten war: Die Münchner Bayern stehen im Viertelfinale, und die Dortmunder schauen nur zu. Die breite Brust, die mentale Stärke, die es nun mal braucht, um einen Kontrahenten wie Paris Saint-Germain in die Knie zu zwingen, hatte Thomas Müller schon vor der Begegnung bemüht und zur Schau gestellt. Obgleich als Ausnahmefußballer erkannt und anerkannt, hatten Lionel Messi und Kylian Mbappé für die Bayern bereits vor der Partie ihren Schrecken verloren. „Es macht Spaß, ihnen zuzusehen. Aber sie werden gegen uns keinen Spaß haben.“ Ein Basta-Satz als Grundlage für das, was auf dem Rasen folgen sollte.
Den Spaß hatten allein die Münchner, meinten es mit dem 2:0 noch gnädig mit einer reichlich unstrukturiert und in den entscheidenden Momenten hoffnungslos überforderten Pariser Mannschaft. So sehr der FC Chelsea vor diesem Achtelfinale in der Königsklasse unterschätzt worden sein mag, so überschätzt wird dieses PSG-Ensemble, für das fußballerische Harmonie und Einheit Fremdwörter sind.
Als Außenstehender muss man die klare Hierarchisierung, was die Leistungen deutscher Klub-Mannschaften auf internationaler Bühne angeht, nicht mögen. An der Tatsache aber gibt es kein Vorbeikommen. Viel schlimmer sind die Folgen fürs nationale Geschehen. Mit Einnahmen von schon jetzt rund 90 Millionen Euro in der Champions League für die Bayern geht – erst finanziell, dann sportlich – die Schere zwischen dem Rekordmeister und dem Rest der Liga immer weiter auseinander.
Reform der TV-Gelder nötig
Vielleicht können die Dortmunder die mitunter vorkommenden Nachlässigkeiten der Münchner im Ligaalltag in dieser Saison ausnutzen. Vielleicht pumpt der Dosengetränke-Hersteller aus Österreich irgendwann so viel Geld in sein Leipziger Kunstgebilde, dass es mal für den Meistertitel reicht. Auf Strecke indes helfen nur allumfassende und sicher auch unbequeme Maßnahmen, soll der Begriff vom ausgeglichenen Wettbewerb keine Schimäre bleiben. Im eigenen Interesse sollten sich die Bayern nicht verschließen, wenn es um eine Reform bei der Verteilung der TV-Gelder in der Liga oder um Gehaltsobergrenzen geht. Die Champions League schüttet genug Schmerzensgeld aus.