Falls das alles etwas verwirrend sein sollte: Es ist noch lange nicht das Ende der Reise nach Jerusalem, die wir noch von den Kindergeburtstagen kennen und die sich gerade in der Fußball-Bundesliga großer Beliebtheit erfreut.
Für einen Moment sah es dabei so aus, als würde für die Wolfsburger kein Trainer mehr übrig sein – aber die Niedersachsen sind dann auch fündig geworden. Wenn auch nicht im inneren Zirkel der Liga, was ja zu weiteren Verwerfungen bei anderen Klubs geführt hätte. Stattdessen heißt der neue VfL-Trainer mutmaßlich Mark van Bommel. Bekannt als grätschender Mittelfeldspieler vom FC Bayern, der in seiner niederländischen Heimat auch schon PSV Eindhoven trainiert hat. Und es gibt noch ein neues Gesicht in der Liga. Sein Name: Gerardo Seoane. Der 42-jährige Schweizer, zuletzt dreimal Meister mit den Young Boys Bern, soll Bayer Leverkusen wieder in die Champions League führen.
Kurzum: Sieben der acht Top-Klubs der Fußball-Bundesliga werden zum Start der neuen Saison einen anderen Trainer als noch am Schluss der abgelaufenen Spielzeit haben. Die Ausnahme bildet allein Urs Fischer bei Union Berlin. Und man möchte (ironisch) fragen: Was hält den Mann bloß noch bei den „Eisernen“ in Köpenick?
Nun gehören Trainerwechsel und vor allem -rauswürfe seit den Gründertagen der Liga zu den Gepflogenheiten des Geschäfts. Herbert Widmayer wurde beim 1. FC Nürnberg im Oktober 1963 als Erster seines Amtes enthoben, schon damals war der Ruhm als Meistertrainer (und Pokalsieger) schnell vergänglich. Viele weitere wurden aus Aktionismus oder einem Akt der Verzweiflung vom Hof gejagt, häufig genug ist der gewünschte Effekt ausgeblieben.
Fast scheint es, als wollten die Fußball-Lehrer ihr Schicksal nun selbst in die Hand nehmen. Die Flicks, Roses, Hütters und Glasners warten nicht erst, bis die sogenannten üblichen Mechanismen der Branche greifen, sondern wissen um ihren Wert als Führungspersönlichkeit in einem Unternehmen – und nichts anderes sind die millionenschweren Profi-Klubs. Natürlich folgt der legitime Wechsel des Arbeitsplatzes häufig genug dem Ruf des Geldes, aber eben nicht nur. Es geht eben auch um Macht und Einfluss, wie die Fälle in München und Wolfsburg zeigen. Bei den Bayern wollte sich Flick in Personalfragen nicht mehr mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic aufreiben, die verlockende Aussicht auf den frei werdenden Bundestrainer-Job beschleunigte zudem das vorzeitige Ende.
Ähnlich lagen die Dinge in Wolfsburg, wo Glasner durchaus Bemerkenswertes vollbracht hat. Das Verhältnis zu Sportdirektor Jörg Schmadtke galt schon lange als zerrüttet, trotz der wenig fruchtbaren Arbeitsatmosphäre hat er die Unstimmigkeiten von der Mannschaft ferngehalten und sie in die Champions League geführt. Nun nimmt er sogar in Kauf, sich an neuer Wirkungsstätte sportlich und wohl auch finanziell zu verschlechtern. Kein Problem für Glasner, der wissen lässt, dass „die Emotionalität in der Stadt und der Region rund um die Eintracht großartig ist“. Es ist sicher auch der etwas hölzerne Versuch, zarte Bande mit den Fans zu knüpfen. Immerhin: Mit weitergehenden Bekenntnissen oder gar Visionen halten sich alle Beteiligten in Zeiten von Ausstiegsklauseln inzwischen wohlweislich zurück.