Klaus Reimann zur Eskalation im Duell Niersbach gegen Zwanziger
Doch wie das richtige Leben, erzählt der Sport nicht nur Geschichten von selig machenden Bindungen. Auch hier gibt es Trennungen. Und die fallen mitunter schmerzhaft aus. Eine Scheidung der ganz speziellen Art erlebt die Gesellschaft gerade in der Schlammschlacht zwischen dem einstigen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes, Theo Zwanziger, und seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach.
Während die DFB-Auswahl in Brasilien bemüht ist, die deutschen Farben gut zu vertreten, praktizieren zwei Alphatiere des deutschen Fußballs mit Erfolg genau das Gegenteil. Und das bleibt festzuhalten: Der größte Sportfachverband der Welt gibt in dieser Causa kein gutes Bild ab. So wenig souverän, wie Niersbach und Co. auf die sachlichen Einlassungen Zwanzigers reagieren. So wenig transparent, wie sie Details zur Betriebsrentenregelung unter der Decke halten, die dem aktuellen DFB-Boss ein erkleckliches Salär sichert. Trotz Ehrenamt. Trotz der Arbeit in einem gemeinnützigen Verband. Zur Sache trägt der DFB wenig Erhellendes bei. Argumente? Fehlanzeige!
Niersbach bestätigt nach zwei Jahren Amtszeit seinen Ruf als nüchterner Technokrat. Er kommt ziemlich profillos daher bei seinem Schaffen, bei dem er sich lieber den Kernaufgaben des Fußballs widmet, als bei gesellschaftspolitisch relevanten Aspekten der Sportart Nummer eins Flagge zu zeigen. So wie Zwanziger das gut und gern getan hat.
Vielleicht ist das der Grund, warum der Altendiezer sich häufiger zu Wort meldet, als dies seinem Image gut tut. Sein hehres Ziel in allen Ehren, stets die politische Bedeutung des Sports hervorzuheben; langsam ist es an der Zeit, die moralische Keule in die Ecke zu stellen. Auf der anderen Seite: Sollte Niersbach auch die Auseinandersetzung mit dem Vorgänger als Kernaufgabe sehen, so erledigt er diese Aufgabe schlecht. Zwanziger als anerkanntem Reformer im Weltverband den Rücktritt nahezulegen, schadet dem DFB mehr als es ihm nutzt.
Wo Niersbach doch sonst nicht müde wird, gegen Fifa-Boss Sepp Blatter und dessen Reformmüdigkeit zu Felde zu ziehen. Oder ist das nur die taktische Finesse eines Mannes, der versucht, als Adlatus von Blatter-Gegner Michel Platini die Strippen zu ziehen? Ganz in seinem und dem Sinne des Chefs des europäischen Fußball-Verbandes, der es in punkto Machtbesessenheit locker mit Blatter aufnehmen kann. Welches Spiel spielt Niersbach da?
Die Scheidung zwischen Niersbach und Zwanziger – sie ist längst vollzogen. Aber auch geschiedene Leute sollten lernen, wieder miteinander statt übereinander zu reden. Niersbach wie Zwanziger nennen schließlich beide ein gemeinsames Kind ihr Eigen: das Wohl des Fußballs. Da muss dringend etwas Kitt her.
E-Mail: klaus.reimann@rhein-zeitung.net