Jochen Dick zum Elfmeterpfiff von Dortmund: Zeitlupen sind was Wunderbares. In gedrosselter Geschwindigkeit werden komplexe Abläufe aufgedröselt – aus allen Winkeln und Perspektiven. Die Entdeckung der Langsamkeit hat längst ihren Höhepunkt erreicht, in der Erfindung der Superzeitlupe.
Ein Schiedsrichter aber hat keine Zeitlupe. Der Referee muss schnell entscheiden, er muss sich sicher sein – und er muss schließlich zu seiner Entscheidung stehen.
Wolfgang Stark hat schnell entschieden: zum Leidwesen der Dortmunder, die beim 2:3 gegen Wolfsburg benachteiligt wurden durch seinen Elfmeterpfiff. Stark war sich sicher: BVB-Spieler Marcel Schmelzer hat den Ball an die Hand und nicht – wie die Zeitlupen zeigen – ans Knie respektive den Oberschenkel bekommen. Stark steht zu seiner Entscheidung: „Ein Wahrnehmungsfehler. Das tut mir leid“, gab der 43-Jährige zu.
Natürlich bringt diese Entschuldigung den Dortmundern die Punkte nicht zurück; und selbstverständlich wäre die Einstellung des Verfahrens gegen Schmelzer nur das Mindeste und ein schwacher Trost für die Borussia. Doch bemerkenswert ist Starks Schuldeingeständnis allemal. Der ordnungsliebende Landshuter hat einen Fehler gemacht und ihn zugegeben – derartige Ehrlichkeit sucht man bei Fußballprofis häufig vergebens.
Nun war es nicht Starks erster Fehler, und bisweilen gilt der Referee auf dem Platz als arrogant. Doch ihn zu verteufeln, wie es Ex-Kollege Markus Merk tat („Das darf einem Spitzenschiri nicht passieren“), wäre ebenso unangebracht wie „Sünder“ Schmelzer zum Helden zu machen. BVB-Trainer Klopp lobte seinen beherrschten Schützling: „Wie er mit dem Platzverweis umgegangen ist, müsste man ihn für den Friedensnobelpreis vorschlagen.“ Zum Glück gibt es da noch andere Kandidaten.
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