Rücksichtslosigkeit kann zum Erfolg führen. Und Thomas Tuchel will rücksichtsloser sein, jetzt, wo klar ist, dass er nicht mehr lange Trainer des FC Bayern sein wird und er sich bei seinen Entscheidungen nicht mehr allzu viele Gedanken über die Folgen für die Zukunft des Rekordmeisters machen müsse. Das 2:1 gegen RB Leipzig, der erste Sieg der Münchner nach zuvor drei Niederlagen in Folge, resultierte jedoch nicht etwa aus einem rücksichtslosen und revolutionären Tuchelschen Ansatz bei Taktik und Aufstellung. Vielmehr zeigte dieses Spiel einmal mehr, dass Trainer maximal abhängig sind vom Spielglück und von der Leistung einzelner Akteure.
Hätte Stürmer Harry Kane nicht aus dem Nichts heraus auch noch seinen 27. Liga-Saisontreffer erzielt, und hätte Torwart Manuel Neuer nicht ein zweites Gegentor verhindert – Tuchel wäre wieder der Schuldige gewesen. Im Fokus steht er so oder so. Die Bayern haben sich durch die halbgare Entscheidung, den 50-Jährigen noch bis zum Saisonende weiterwerkeln zu lassen, selbst ein Dauerthema geschaffen.
Alles schaut auf Tuchel. Ob er nun am Spielfeldrand auf einem (gepackten?) Alu-Koffer sitzt, sich mit den Spielern über ein Tor freut oder lieber alleine – oder ob er eben rücksichtslos seinen Kader nominiert. Wobei er ja schon bei seiner vogelwilden Aufstellung beim 0:3 gegen Tabellenführer Leverkusen ohne Rücksicht auf Verluste gehandelt hatte. Und das war noch in der Zeit, bevor er zum Trainer auf Zeit degradiert wurde.
Durch Kanes Siegtreffer und Neuers Paraden gegen Leipzig ist es nun erst mal – für Münchner Verhältnisse – verhältnismäßig ruhig um Tuchel. Allerspätestens bis zum nächsten Bundesligaspiel am Freitag beim SC Freiburg.
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