Triathlet aus Eitelborn will künftig an anderer Stelle Menschen zum Sporttreiben bewegen - Finale in Israel mit Pannen und Freunden
Triathlet Boris Stein ist bereit fürs neue Leben: Letzter Lauf in Israel mit Pannen und Freunden
Auch wenn sein letztes Rennen beim Ironman Israel am See Genezareth nicht nach Wunsch verlief, beendete Boris Stein seine Profilaufbahn nach zehn Jahren mit einem Lächeln. Foto: Ingo Kutsche
Ingo Kutsche

Tiberias/Eitelborn. Neun Jahre nach seiner ersten Langdistanz und acht Jahre nach seinem ersten von insgesamt drei Siegen bei einem Ironman über 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,196 Kilometer Laufen hat Boris Stein sein letztes Profirennen absolviert.

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Auch wenn sein letztes Rennen beim Ironman Israel am See Genezareth nicht nach Wunsch verlief, beendete Boris Stein seine Profilaufbahn nach zehn Jahren mit einem Lächeln. Foto: Ingo Kutsche
Ingo Kutsche

Beim Ironman Israel am See Genezareth wollte der 38-jährige Triathlet aus Eitelborn noch einmal eine Topplatzierung erreichen, doch ausgerechnet bei seiner Paradedisziplin, dem Radfahren, warfen ihn zwei Pannen entscheidend zurück. Am Ende landete Stein beim Sieg seines Kumpels Patrick Lange (7:42:0 Stunden) in der Zeit von 8:13:38 Stunden (54:33 – 4:21:54 – 2:49:16) auf Rang 16.

Wieso er sich für den zweifachen Hawaii-Sieger Lange freute, wie ihn die Gesellschaft von Sebastian Kienle beflügelte, warum er trotz der Pannen nicht ausstieg, welchen Rollenwechsel er im Rennen vollzog und wie sein Plan für die Zukunft aussieht, verrät Stein im letzten RZ-Interview als Profi.

Herr Stein, Sie wollten in Ihrem letzten Profirennen wenig bremsen und den Rausch der Geschwindigkeit spüren. Zwei Pannen haben diesen Plan bei Ihrer Aufholjagd auf dem Rad jäh unterbrochen. Was ist da genau passiert?

Nach 90 Radkilometern hatten sich an meinem Lenker einige Schrauben so weit gelöst, dass ich mein Rad nur mit Schwerpunktverlagerung anstatt mit Lenken steuern konnte. Die anschließende Reparatur hat mich etwa vier Minuten gekostet. Gerade als ich diesen Rückstand kompensiert hatte, bemerkte ich noch einen platten Reifen vorne.

Wie sind Sie mit diesen Schockmomenten umgegangen?

Der zweite Stopp ereignete sich während eines starken Regenschauers. Also habe ich erst mal schnellstmöglich den Defekt behoben, um nicht irgendwo im Niemandsland total auszukühlen.

Was hat Sie davon abgehalten, das Rennen vorzeitig zu beenden?

Wenn es nicht mein letztes Profirennen gewesen wäre, hätte ich mit meinen zitternden Händen und ohne Aussicht auf Preisgeldränge wahrscheinlich den Weg ins Appartement angetreten.

Gab es in Ihrer Karriere ähnliche Situationen und wie hoch ist das Risiko, dass solche Pannen vorkommen, wenn man sich auch beim Material am Rande des Limits bewegt?

Mit dem Verzicht auf die Pannenschutzeinlage kann Schwalbe bei reinen Wettkampfreifen meine Radzeit um etwa zwei Minuten verringern. Das können mehrere Plätze im Gesamtergebnis sein. Da ich bisher noch keine negativen Erfahrungen gemacht habe, gehe ich das erhöhte Pannenrisiko gerne ein.

Auf dem Rad gehörte Boris Stein stets zu den weltbesten Triathleten. Seine Stärke spielte er Ende Juni auch beim Ironman Frankfurt noch einmal aus.
Joaquim Ferreira/dpa

Schauen wir noch mal auf den Rennverlauf beim Schwimmen und bis zu Ihrer ersten Panne auf dem Rad. Wie sehr war es nach Ihrem Geschmack, nach dem Schwimmen mit einem starken Radfahrer und alten Weggefährten wie Sebastian Kienle das Profifeld von hinten aufzumischen?

Nach Sebis Vorleistungen dieses Jahr war ich überrascht, ihn bei Schwimmhalbzeit in meinem Wasserschatten zu erblicken. Diese gute Ausgangsposition animierte mich zu einem hohen Anfangstempo auf dem Rad – und Sebi zog auch entsprechend mit. Als wir nach 50 Kilometern die Verfolgergruppe erreicht hatten, ließ ich mich sogar zur direkten Attacke verleiten, obwohl es die Wettkampfsituation – Rennzeitpunkt, Windrichtung und Abstinenz von Kampfrichtern – nicht hergab. Ein Fehler, der mich neben den Defekten eine bessere Radzeit gekostet hat.

Wie haben Sie es geschafft, den Hebel noch mal umzulegen und am Ende einen Marathon in 2:49 Stunden draufzupacken?

Die Zeit zeigt mir, dass meine Form nicht das Problem war. Zudem verlängert langsames Laufen die Leiden schlichtweg.

Sie haben in der zweiten Wechselzone Ihren Trainingspartner Markus Thomschke getroffen und sind einige Zeit mit ihm zusammen gelaufen. Wie sehr konnten Sie diese eher ungewöhnliche Konstellation genießen? Oder bleibt Laufen in diesem Tempo unabhängig von der Gesellschaft eine Qual?

Ein Marathon im Triathlon ist ja nicht von Beginn an hart. Anfangs muss man sich eher bremsen, um am Ende nicht zu stark abzubauen. In diesem Wissen haben wir unsere gesparte Luft anfangs zum regen Austausch genutzt. Entsprechend schnell verflog auch die erste Hälfte des Marathons.

Weiter vorne und im Marathon in Rekordzeit unterwegs war der zweifache Hawaii-Sieger Patrick Lange, ein weiterer langjähriger Trainingspartner von Ihnen. Hatten Sie dadurch einen besonderen Zieleinlauf unter Freunden, der die Enttäuschung über die Pannen etwas schmälern konnte?

Ich habe mich gefreut, dass jemand aus unserer Mallorca-Trainingsgruppe so abgeliefert hat. Nachdem ich meine eigenen Ambitionen schon einige Stunden vorher begraben musste, habe ich mich beim Laufen eher als Animateur nicht nur für Patrick versucht.

Einer der ganz großen Momente: Am 10. Oktober 2015 wurde Boris Stein bei der Ironman-WM auf Hawaii Zehnter.
Bruce Omori/dpa

Ihrem Podcast während der Coronazeit haben Sie den Namen „Zielverpflegung“ gegeben. Wie sah die Zielverpflegung nach Ihrem letzten Profirennen aus?

Nach dem regnerischen Wettkampftag war mir primär kalt und ich habe erst mal gar nicht an Essen gedacht. So war das Erste dann ein Kakao und später Chili con Carne.

Wie greifbar ist es für Sie schon, dass jetzt ein besonderes Kapitel in Ihrem Leben zu Ende ist?

Seit dem Sommer hatte ich ja einige Zeit, mich mit dem Gedanken anzufreunden. Ich bin gerne Triathlonprofi und dankbar für die Erfahrungen, die ich in den letzten zehn Jahren sammeln konnte. Ich glaube aber, dass ich auch an anderer Stelle Menschen zum Sporttreiben begeistern kann. Zudem möchte ich nicht mehr mehrfach im Jahr über Wochen von meiner Familie getrennt sein und meine Kinder direkter beim Aufwachsen begleiten.

Als Sie im Sommer den Entschluss gefasst haben, mit dem Ironman Israel Ihre Karriere als Profi zu beenden, haben Sie sich nicht näher zu Ihren weiteren Plänen geäußert. Was antworten Sie jetzt auf die Frage, was Sie künftig machen werden.

Ich möchte wieder als Lehrer arbeiten und habe fleißig Bewerbungen geschrieben. Vollzug kann ich aber noch nicht vermelden.waii das Ziel. Bei seiner Premiere in Kailua-Kona belegte er 2014 auf Anhieb Rang 20. in 8:40:42 Stunden, es folgten die Plätze zehn (2015 in 8:31:43), sieben (2016 in 8:16:56) und zehn (2017 in 8:22:24). Dabei gehörte der Westerwälder stets zu den schnellsten Radfahrern, 2016 führte er das Rennen zeitweise an. Weitere Erfolge auf Hawaii blieben im verwehrt, weil Verletzungen seine Planungen durchkreuzten.

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