Dazwischen lagen turbulente Tage für ihn und den Achter, der hinter Großbritannien, den Niederlanden und der USA Vierter wurde. Wir sprachen mit dem 28-Jährigen von der Rudergesellschaft Treis-Karden.
Herr Wiesen, ist es zu plakativ, wenn man Olympia für den Achter auf die Schlagzeile herunterbricht: Kein Schiffbruch, aber auch längst noch nicht wieder Flagschiff?
Flagschiff bezieht sich ja eher auf die Größe des Bootes, in Bezug auf Zugpferd ist es ja eher seit Jahren Olli Zeidler, der jetzt im Einer Gold gewonnen hat. Wir waren 2023 Fünfter bei der WM, jetzt sind wir Vierter, aber klar: Wir wollen wieder in die Medaillenränge, das ist ein dauerhaftes Ziel. Es ist ein Entwicklungsprozess, wir müssen den Weg weitergehen, es war noch viel Luft nach oben. Wir waren enttäuscht, aber es war auch kein schlechtes Finale. Aber um die Drei vorne zu schlagen, hätte es schon einer außergewöhnlichen Leistung bedurft. Der vierte Platz war realistisch nach dem turbulenten Jahr mit der Umbesetzung des Schlagmanns.
Nach dem starken Hoffnungslauf hatte die Öffentlichkeit die Hoffnung auf eine Medaille. Sie auch?
Das kann man so nicht sagen, es gab ein, zwei Anhaltspunkte, wie wir es angehen könnten. Aber wir hatten da eine Lücke auf die Niederländer, Großbritannien und die USA waren schon im Finale. Es sieht dann visuell besser aus, wenn du Zweiter bist. Aber wir hätten auch Sechster im Finale werden können. Wir haben Großbritannien in dem olympischen Zyklus nie geschlagen. Auch die Rumänen und Australier hatten wir in diesem Jahr noch nicht geschlagen.
Schlagmann Mattes Schönherr hatte im Hoffnungslauf eine Magen-Darm-Infektion, Julius Christ aus dem Zweier ersetzte ihn, Torben Johannesen übernahm den Schlag. War das auch eine Option fürs Finale?
Da abzusehen war, dass es bei Mattes nur kurzfristig ist, war unstrittig, dass er wieder ins Boot rückt. Den Grund für die Probleme bei Mattes konnten wir nicht lokalisieren, vielleicht etwas mit dem Essen, aber das ist rein spekulativ. Da wir aber nur zwei Tage zwischen Hoffnungslauf und Finale hatten, haben wir nicht wieder ganz umgebaut, sondern Torben auf dem Schlag gelassen.
War der Hoffnungslauf eine Trotzreaktion nach der Umbesetzung oder auf den schlechten Vorlauf?
Es ist ja öffentlich diskutiert worden, ob das nur an Julius lag und der Umbesetzung. Wir wären aber auch mit Mattes ziemlich sicher so gefahren, denn es war nicht nur Trotzreaktion auf die Umbesetzung, sondern auf den Vorlauf an sich. Wir haben es im Finale nämlich nicht schlechter gemacht als im Hoffnungslauf, waren sogar einen Tacken schneller. Aber die anderen Drei waren eben besser.
Die Stadt der Liebe ist immer eine Reise wert. Im Fall der 32-köpfigen Reisegruppe aus Treis-Karden war es die Liebe zum Rudersport, die sie nach Paris führte. Genauer gesagt an die olympische Ruderstrecke in Vaires-sur-Marne 25 Kilometer östlich vor den Toren der französischen Hauptstadt.RG zu Gast beim Achterfinale in Paris: Treis-Kardener reisen zu „ihrem“ Steuermann
Wie geht es mit dem deutschen Achter und mit Ihnen persönlich in Richtung Olympia Los Angeles 2028 weiter?
Im Oktober ist Trainingsstart, es wird Analysen geben. Wir sind noch eine grundlegend junge Mannschaft, die Selektion beginnt dann neu, auch bei mir. Ich werde mir Zeit nehmen, ob ich einen weiteren Zyklus dranhängen möchte. Ich könnte es mir gut vorstellen.
Schauen Sie sich nun noch etwas von Olympia und Paris an?
Ja, es sind geile Spiele. Wir werden bis Sonntag jeden Tag etwas gucken, aber uns auch in der Stadt umsehen und den Flair aufschnappen. Das Deutsche Haus ist immer Anlaufpunkt.
Das Interview führte Mirko Bernd