Bei der Party nach dem Kampf beim Karlsruher Weihnachtscirkus gab es ein paar verwunderte Blicke, als der Norather Daniel Dietz, neuer Box-Europameister im Schwergewicht der Verbände IBF und IBO, auftauchte. „Der eine oder andere hat gefragt: Hast du überhaupt gekämpft?“, schmunzelte der 2,04-Meter-Mann. Er hatte. Und wie. Zehn Runden lang hatte Dietz den Rostocker Felix Langberg dominiert.
Dabei hatte er selbst kaum etwas abbekommen, im Gegensatz zu seinem Kontrahenten. „Als wir uns morgens beim Frühstück getroffen haben, hatte er das Auge dick, die Nase dick, die Lippe dick“, berichtete Dietz, der aber eine Menge Respekt vor seinem Gegner hatte: „Er hat viel eingesteckt und hat immer weiter gemacht.“
Langberg, der den EM-Titel auch schon inne hatte, konnte Dietz aber nie wirklich in Gefahr bringen. Denn der 28-Jährige, der in Neuwied bei der 72-jährigen „Legende“ Peter Schmidt trainiert, war boxerisch überlegen. Und das über die volle Distanz von zehn Runden. Auch da waren die Experten gespannt, ob Dietz die Kondition dafür hätte. Denn für ihn – oder besser gesagt seinen Gegner – war in den vorherigen elf Kämpfen meist nach einer oder zwei Runden Schluss durch K.o. Dietz beantwortete auch diese Frage eindeutig. „Viele waren vielleicht auch überrascht“, glaubt Dietz, „sie haben gesehen: Der Typ kann ja wirklich boxen.“
Neue Handschuhe, Blessur an rechter Hand
Dass es kein Knockout wurde, lag nicht nur am Plan grundsätzlich, sondern auch an etwas anderem. Dietz boxte in anderen Handschuhen, die etwas weicher waren, in denen er aber grundsätzlich ein besseres Gefühl hatte. „Bei einem Schlag auf seinen Ellenbogen in der dritten Runde habe ich mir die rechte Hand etwas verletzt, ich hoffe aber, dass es nur eine Prellung ist“, sagt der Hunsrücker, „man sieht auch, dass ich die eine oder andere Serie abbreche, weil ich nicht unnötig auf die Deckung schlagen wollte. Ich habe mehr die linke Hand benutzt und nach der sechsten Runde habe ich dann gedacht: Okay, dann boxe ich ihn jetzt eben aus.“
Es war eine gute Erfahrung, über zehn Runden zu gehen.
Daniel Dietz
Das tat Dietz, der sich Langberg immer wieder mit dem linken Jab vom Leib hielt. „Er war verzweifelt, weil ich auf jede Situation eine Antwort hatte“, freute sich Dietz. Und war auch froh, dass er durch die rechte Hand ein wenig vorsichtiger agieren musste: „Es war eine gute Erfahrung, über zehn Runden zu gehen.“
Sein Trainer Schmidt sah direkt im Anschluss dennoch Ansätze, was besser zu machen ist. „Peter hat gesagt: Geil, ich habe so viel gesehen, an dem wir arbeiten können.“ Das werden sie nach einer kurzen Erholungsphase über Weihnachten auch wieder tun. Denn der frühere Kickbox-Weltmeister Dietz will weiter nach oben. „Peter hat es geschafft, aus dem Kickboxer einen Boxer zu machen, davor habe ich Riesenrespekt.“
Nummer 73 der Welt, Nummer 5 in Deutschland
Diesen Respekt hat Dietz auch vor weiteren Karrieresprüngen, die er aber definitiv machen will. „Ich bin jetzt 73 in der Welt, die Nummer 5 in Deutschland, das muss ich auch mal realisieren. Aber es ist jetzt nochmal ein mindestens genauso großer Sprung in die Top 30, da muss ich noch fünf, sechs Kämpfe machen. Aber es passt alles, wir sind auf einem guten Weg.“
Mit „wir“ meint Dietz auch seinen Manager Rainer Gottwald, der ihn im März 2022 unter die Fittiche nahm. Gottwald, unter anderem Sieger bei „Promi Big Brother“ 2022 oder bekannt durch die Doku „King of the Ring“, prägte den fürs Boxen fast schon unabdingbaren Kampfnamen „Triple D“ für Dietz: dreimal D, der deutsche Dampfhammer. Dietz ist Gottwald dankbar: „Wahnsinn, wie wir vorangekommen sind in der Zeit. Der Kampf hat mir gezeigt, dass ich mich vor keinem verstecken muss, das brauchte ich auch für den Kopf.“
Triple D wird das Heavyweight aufmischen.
Rainer Gottwald
Gottwald, den sogar Glückwünsche für Dietz aus dem Team des Weltmeisters und ukrainischen Superstars Oleksandr Usyk erreichten, sagt: „Triple D wird das Heavyweight aufmischen.“ Dietz wählt etwas gemäßigtere Töne als sein Manager, aber auch er will in die Weltspitze. Anfang des neuen Jahres wird er vermutlich wieder mit Usyk trainieren und den 36-Jährigen im Sparring auf den Mega-Kampf mit dem 35-jährigen Tyson Fury vorbereiten.
Nächster Kampf in Riad?
Dieser Kampf war für Ende Dezember geplant, findet aber nun am 17. Februar in Riad (Saudi-Arabien) statt. „Ich werde schauen, dass ich für Daniel einen Kampf bekomme in Riad“, sagt Gottwald. Es könnte der nächste Meilenstein für den aus Halsenbach stammenden Hünen sein.