Beim Bundesliga-Wochenende in Wissen erreichte der in Moskau lebende Israeli dieses Ziel – trotz aller Gedanken an die politische Lage in seinem Heimatland, die er am Schießstand offenbar gut in den Hintergrund drängen konnte. An Position drei schaffte Richter das perfekte Ergebnis, für das er vom Gastgeber aus den Händen von Wissens Schießmeister Burkhard Müller eine extragroße Magnum-Flasche Gerstensaft überreicht bekam, die wiederum noch in verschlossenem Zustand von einer Hand in die nächste wanderte. Richter reichte die „Auszeichnung“ als Dankeschön für die Unterstützung an die Kevelaerer Fanschar weiter. Diese wollten die Flasche später signiert von den Mitgliedern der Mannschaft vom Niederrhein versteigern. Sie könnte in ihrem Wert steigen, wenn die SSG im Frühjahr zum fünften Mal in Folge die Endrunde um die deutsche Meisterschaft gewinnt.
Auf Kurs befindet sich der Titelverteidiger jedenfalls. Durch zwei Siege in Wissen gegen den bis dahin ungeschlagenen Spitzenreiter SV Wickenberg (4:1) und den guten, aber eben nicht konstant genug schießenden Gastgeber (4:1) ist der Einzug ins DM-Viertelfinale so gut wie sicher. „Wir haben vor zwei Wochen gegen Aufsteiger Müllenborn verloren und wollten diesmal wieder zeigen, dass wir nicht ohne Grund vier Mal den Titel gewonnen haben“, erklärte Kevelaers Nummer zwei Franka Jansen.
Auch wenn Wissen nach 15 der 40 Wettkampfminuten virtuell mit 3:1 führte, hatten Wissens Schießmeister Müller und Trainer Bernd Schneider eine Vorahnung, dass sich am Ende die Klasse des Gegners durchsetzen würde. „Gegen den Deutschen Meister kannst du verlieren“, sagte Schneider. Er wollte viel mehr das gute Mannschaftsergebnis von 1975 Ringen hervorheben. „Das ist das, was wir draufhaben. Ich bin zufrieden, dass das Team dieses Potenzial im Heimwettkampf abrufen konnte.“
Wissens Erstliga-Bestwert liegt bei 1980 Ringen, der mit etwas Glück hätte geknackt werden können. Schneider blieb ein Moment in Erinnerung: „Als ich einmal auf die Anzeigetafel geschaut habe, leuchtete bei uns parallel vier Mal die 9,9 auf. Das sind auf einen Schlag gleich vier Ringe, die um eine Winzigkeit fehlen. Da hatten wir etwas Pech, aber das Team hat sich super verkauft.“
Vor allem Franziska Stahl auf Position drei, die sich durch die undankbare Aufgabe, gegen Richter antreten zu müssen, eher motivieren und zu starken 397 Ringen antreiben ließ, sowie Tamara Zimmer, die mit dem gleichen Ergebnis den einzigen Einzelpunkt für die Siegstädter holte, zeigten sich in guter Verfassung.
Seine Hausaufgaben hatte der Gastgeber am Samstag gegen den SV Gölzau mit einem 3:2-Sieg erledigt. „Ein wichtiger Sieg für uns, weil wir zu Hause auf jeden Fall zwei Punkte holen wollten“, so Müller. Diese hätte auch Gölzau dringend benötigt. Die Ostdeutschen verloren auch ihren zweiten Einsatz gegen Aufsteiger SuSC Müllenborn um die Elkhausenerin Luca-Marie Heuser und sind somit Tabellenletzter. „Im Abstiegskampf wird es jetzt ganz eng“, mutmaßt Müller vor dem Saisonabschluss am ersten Januar-Wochenende.
Diesen können die Wissener mit 10:8 Punkten ohne Druck in Angriff nehmen. Die frühe Planungssicherheit, auch in der nächsten Saison der 1. Bundesliga Nord anzugehören, gibt Argumente bei der Zusammenstellung des Aufgebots. „Wir werden ein gutes Team stehen haben“, ist sich der WSV-Schießmeister sicher. Bislang liegen aus den eigenen Reihen ausnahmslos Zusagen vor. Bei den ausländischen Schützen sehen Müller und Schneider noch Handlungsbedarf, der mit der Herkunft der vier Nordeuropäer im Wissener Team zusammenhängt. „Wenn ein Wettkampf in Skandinavien ansteht, kommt es vor, dass sie alle dort ranmüssen“, erklärt Schneider, warum sich der Verein noch auf der Suche nach einem internationalen Neuzugang befindet, der nicht aus Nordeuropa kommt.
Wissener SV – SV Gölzau 3:2 (1968:1963 Ringe). Anna Nielsen – Sabina Thurnwaldova 0:1 (394:399), Marvin Giegling – Tomasz Bartnik 0:1 (393:395), Franziska Stahl – Annika Neumann 1:0 (397:394), Sophie Scholz – Lena Cramer 1:0 (393:387), Benedikt Mockenhaupt – Lina Lipinski 1:0 (391:388).
Wissener SV – SSG Kevelaer 1:4 (1975:1987). Jon-Hermann Hegg – Anna Janßen 0:1 (395:399), Marvin Giegling – Franka Janßen 0:1 (393:397), Franziska Stahl – Sergey Richter 0:1 (397:400), Sophie Scholz – Franziska Driessen 0:1 (393:396), Tamara Zimmer – Hannah Wehren 1:0 (397:395).