Dazu muss man allerdings wissen, dass durch die im Winter stattfindenden Cyclocross-Wettbewerbe nicht wie üblich im Radrennsport eine längere Winterpause gegeben ist, sondern Greta Kunz von Oktober bis Februar auch an diesen Wettbewerben anstatt am Saison vorbereitenden Grundlagentraining teilnimmt.
Schneller als gleichaltrige Jungs
Nicht zu ahnen war deshalb, dass die junge Fahrerin des VfR Baumholder schon am 1. Mai in Offenbach in ihrer Altersklasse nicht nur durch eine Soloattacke vor Schluss gewann, sondern auch alle gleichaltrigen männlichen Altersgenossen hinter sich ließ.
Auf der darauffolgenden rheinland-pfälzischen Straßenmeisterschaft in Engen am Bodensee, die gemeinsam mit dem LV Baden Württemberg stattfand, fand sie eine sehr bergige Strecke vor, die teilweise Anstiege bis zu 15 Prozent bereithielt. Auch hier attackierte sie am steilsten Berg, während sie sich in einer Spitzengruppe mit dem gleichaltrigen Sohn von Radsportstar Jan Ullrich befand, und flog mit deutlichem Abstand solo zur Rheinland-Pfalz-Meisterschaft.
Sieg beim Einzelzeitfahren in Rüssingen
Auf die eine Woche später stattfindende Meisterschaft im Einzelzeitfahren in Rüssingen freute sich Greta besonders, denn gleich ihrer großen Schwester Hannah ist dieser Kampf gegen die Uhr ebenso eine Paradedisziplin der Baumholdererin. Nicht verwunderlich, dass auch hier mit einem Vorsprung von über 20 Sekunden zum nächsten männlichen Teilnehmer die Uhr bei 12:06 Minuten stehen blieb und auch dieser Rheinland-Pfalz-Titel dazu kam.
Einen weiterer Saisonhöhepunkt bildete dann die 21. europäische Ostthüringentour, die mit ihren mehr 240 Teilnehmern aus dem In- und Ausland bereits Marcel Kittel, Pascal Ackermann oder Stefan Bötticher als Sieger hervorgebracht hat. Schon bei der ersten Etappe, einem Geschicklichkeitsfahren, musste sich Greta nur um drei Zehntelsekunden einer Sportlerin aus Sachsen geschlagen geben.
Lange Berge sind Gretas Steckenpferd
Das darauffolgende Rundstreckenrennen „Rund um Silbitz“ entwickelte sich zu einem regelrechten Krimi. Während Gretas schärfste Konkurrentin schon vom Start weg attackierte, ließ die Baumholdererin nicht locker. Die Beiden lieferten sich fernab des restlichen Pelotons ein packendes Rennen. So auch bei der dritten und letzten Etappe im thüringischen Münchenbernsdorf. Dort wartete eine eher bergige Strecke mit knapp 300 Höhenmetern auf alle Teilnehmer. In der Gesamtwertung lagen Greta und ihre schärfste Konkurrentin fast gleichauf und punktemäßig weit weg von den weiteren Sportlern. Auch hier versuchte die mehrfache sächsische Meisterin, das Rennen von Anfang an schnell zu machen und am Berg immer wieder eine Lücke entstehen zu lassen. Dies gelang ihr nicht, sind doch gerade lange Berge Gretas Steckenpferd. Doch im Zielsprint hatte die Sachsenmeisterin die besseren Beine, und so hieß es am Ende Platz zwei in der Gesamtwertung für Greta Kunz.
Vorbild nicht Schwester Hannah, sondern Lotte Kopecky aus Belgien
Sie zeigte sich danach selbstkritisch: „Ich bin nicht wirklich zufrieden mit Rang zwei, weil ich mich seit Februar auf diese Rundfahrt vorbereitet habe, aber es gibt noch zwei Chancen in diesem Jahr“, sagte sie. Der anwesende Bundestrainer zeigte sich allerdings schwer beeindruckt von der facettenreichen Sportlerin aus Baumholder. Deren Vorbild ist lustigerweise nicht die große Schwester Hannah, die sich Hoffnungen auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen macht, sondern Straßen- und Bahnweltmeisterin Lotte Kopecky aus Belgien. „Mein Ziel ist es, wie sie auf der Bahn, der Straße und im Cyclocross erfolgreich zu sein. Dafür werde ich alles geben und hart arbeiten“, hat Greta Kunz ehrgeizige Pläne. vek/sn