Nach Gesamtsieg im Europa-Cup
Cortina-Bonus für Bobpilotin Charlotte Candrix
Auf Charlotte Candrix wartet ein besonderer Nachschlag: Die Europa-Cup-Siegerin aus Alpenrod darf die neue Olympiabahn in Italien testen.
Arvid Kaffke/BSD

Ihr Ziel hat sie mit dem Gewinn des Europa-Cups erreicht – und zur Belohnung gibt’s jetzt einen besonderen Nachschlag: Als eine der ersten Bobpilotinnen darf Charlotte Candrix aus Alpenrod die nagelneue Olympiabahn unter die Kufen nehmen.

Eigentlich wäre die Saison 2024/25 für Charlotte Candrix jetzt beendet. Die Natureisbahn von St. Moritz war die letzte Station des Europa-Cup-Winters, wo die Alpenroderin im Zweier genauso abschnitt wie viermal zuvor. 0,7 Sekunden Vorsprung auf Platz zwei sind eine Welt im Bobsport, und das, obwohl sie nach einem Sturz im Trainingslauf einen Leihbob von Maximilian Illmann, dem Europacup-Gesamtsieger bei den Männern, nutzte. „Es war mental keine einfache Aufgabe“, schildert Candrix, die die Vorgeschichte ausblendete und gemeinsam mit Anschieberin Talea Prepens zu ihrem fünften Saisonsieg fuhr.

Das ist ein riesiger Erfolg für mich. Den Europa-Cup zu gewinnen bedeutet, dass man das ganze Jahr über konstante Leistungen gezeigt hat. Darauf bin ich stolz.“
Charlotte Candrix, Bobpilotin aus Alpenrod

908 Punkte sammelte die Westerwälderin auf den Bahnen von Innsbruck-Igls in Österreich, Lillehammer in Norwegen, den beiden deutschen Bahnen in Altenberg und Winterberg sowie im Nobelort St. Moritz in der Schweiz. Da kam bei Weitem niemand heran, gleichzeitig ist dieser Wert das beste Gesamtergebnis einer Europa-Cup-Starterin seit Carolin Zenker in der Saison 2013/14.

Die 20-jährige Candrix wollte – so ihre vor dem ersten Rennen aufgestellte Zielsetzung – ihre erste Europa-Cup-Saison mitdominieren. Sie hat’s geschafft. „Das ist ein riesiger Erfolg für mich. Den Europa-Cup zu gewinnen bedeutet, dass man das ganze Jahr über konstante Leistungen gezeigt hat. Darauf bin ich stolz“, sagt Candrix, die zudem auch noch einmal Silber und einmal Bronze bei der Junioren-Welt- und Europameisterschaft gewann. Bei der WM verhinderte ein klemmender Bügel am Bob eine bessere Ausbeute, bei der EM auf der Heimbahn in Winterberg im Sauerland war die Pilotin mit höheren Ambitionen als Platz drei angetreten. „Es hat an meinem Ego gekratzt, dass es nicht für eine bessere Platzierung gereicht hat. Das Abschneiden macht mich wütend, aber auch hungrig auf mehr.“

Auf Testfahrt in Cortina d’Ampezzo

Weitere Top-Ergebnisse kann Charlotte Candrix ab dem nächsten Winter sammeln. In die schlittenfreie Zeit verabschiedet sie sich allerdings noch nicht. Bei einer Auslosung befand sich die Glücksfee aufseiten der früheren Leichtathletin. Das Los wollte es so, dass Charlotte Candrix Ende des Monats als eine der ersten überhaupt in den Genuss kommt, die nagelneue Olympiabahn von Cortina d’Ampezzo ausprobieren zu können. Homologation nennen sich im Bob-Zirkus die Testfahrten, bei denen Erkenntnisse über Bahnen gesammelt werden.

„Als mir nach der Auslosung jemand gesagt hat: ,Du fährst nach Cortina‘, habe ich den Hintergrund zuerst gar nicht verstanden und mir nur gedacht: ,Das ist aber lustig‘“, berichtet die Alpenroderin. Als sie dann das offizielle Schreiben des Internationalen Bob- und Skeleton-Verbandes (IBSF) sah, wusste die 20-Jährige, was genau hinter der Reise vom 24. bis 30. März nach Italien steckt. „Auch wenn ich bei der Auslosung natürlich Glück hatte, ist es für mich eine große Ehre und viel Verantwortung, bei den Testfahren die Bahn gehen zu dürfen“, sagt Candrix, die als Anschieberin auf die Dienste von Lena Brunnhübner setzt, und neben der Chinesin Mingming Huai eine von nur zwei Zweier-Pilotinnen ist, die knapp ein Jahr vor den Olympischen Spielen zum ersten Kennenlernen mit der Bahn aufbricht.

Ziel sind die Olympischen Spiele 2026

Drei deutsche Starterinnen können bei den Olympischen Spielen im Zweier um die Medaillen kämpfen. In der Reihenfolge Laura Nolte, Kim Kalicki, Lisa Buckwitz haben sie die ersten drei Plätze im Gesamt-Weltcup belegt. Da scheinen die Tickets bereits vergeben zu sein. Candrix ist als beste Europacup-Fahrerin derzeit die Nummer vier und hat alle Chancen auf die Rolle der Ersatzpilotin. „Das ist mein Ziel“, erklärt sie – wohlwissend, dass in einem Jahr einiges passieren kann. Die Selektion zu Beginn des nächsten Winters wird richtungsweisend sein und zeigen, ob das aktuelle Kräfteverhältnis auch nach dem Sommer weiterhin Bestand hat.

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