Für den VC Neuwied 77 und die Volleyballerinnen läuft es überhaupt nicht gut. In der Bundesliga kassieren die Deichstadtvolleys eine 0:3-Niederlage nach der anderen, in neun Spielen hat Neuwied noch keinen einzigen Satz gewonnen. Und jetzt kommt auch noch der finanzielle Schock: Der Verein hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Der Spielbetrieb soll zunächst fortgesetzt werden, doch die Zukunft des Teams ist nun offener denn je.
„Die Enttäuschung ist natürlich groß“
„Die Deichstadtvolleys Neuwied GmbH, Träger des Bundesligisten VC Neuwied 77, hat am 13.12.2023 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. In Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Gerd Seibert, verbleibt der Bundesligist im laufenden Spielbetrieb“, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins.
„Mannschaft und Trainer sind natürlich geschockt, und auch bei mir ist die Enttäuschung groß“, erklärt GmbH-Geschäftsführer Manohar Faupel, „wir haben es nicht geschafft, Neuwied als wirtschaftlich gesicherten Standort zu etablieren.“
Schwieriger Einstieg während Corona-Pandemie
Die VCN-Frauen hatten in der Saison 2020/2021 den ersten Platz in der 2. Bundesliga Süd und den Aufstieg ins Oberhaus erreicht – auch dank eines speziellen Förderprogramms der Volleyball-Bundesliga (VBL), in dem festgeschrieben wurde, dass die „Aufsteiger auf Einladung“ frühestens 2024 wieder absteigen können. „Wir haben damals unter widrigen Umständen den Aufstieg gewagt“, spricht Faupel über die Bundesligaanfänge in der Corona-Zeit, in der es schwierig war, Unternehmen zu finden, die Geld lockermachen und beim VCN einsteigen. „Und auch danach haben normale wirtschaftliche Verhältnisse nie eingesetzt“, ergänzt Faupel.
Keine wirtschaftliche Stärke, kein sportlicher Erfolg, kaum Zuschauer – der Neuwieder Verein steckte zuletzt in einer Abwärtsspirale. Faupel: „Am Ende ist es bei uns wie in einem Unternehmen: Es muss Geld reinkommen.“ Es kam aber zu wenig Geld rein. Neben den Personalkosten für Trainer, Spielerinnen, Mentalcoach und Geschäftsführer – die Spielerinnen sind alle Profis – kommen für den VCN noch hohe Reiskosten hinzu – am Samstag fährt der VCN beispielsweise ins mehr als 500 Kilometer entfernte Vilsbiburg nahe München inklusive Übernachtung. Noch schwerer ins finanzielle Gewicht fallen die Mietkosten für die sechs Wohnungen der Spielerinnen. „Wenn man überlegt, was im Privaten zuletzt an Mehrkosten für Energie entstanden sind, das haben wir sechsfach“, erzählt Faupel. Das alles konnte der VC Neuwied bei einem Etat von 500 000 Euro nicht mehr stemmen.
Mittelfristige Zukunft ist offen
Wie es mittel- und langfristig für die Deichstadtvolleys weitergeht, ist nun offener denn je. Faupel erklärt: „Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben waren wir angesichts einer drohenden Zahlungsunfähigkeit gefordert, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Wir haben in den vergangenen Tagen in Abstimmung mit unseren Partnern und Beratern unter Hochdruck ein Setting erarbeitet, dass die Fortführung des Spielbetriebs unter dem Schutzschirm des Insolvenzverfahrens ermöglicht.“
Der Bundesligist wurde, so heißt es in der Pressemitteilung, aufgefordert, weitere Unterlagen beim Lizenzierungsausschuss der VBL einzureichen, um die Situation bewerten zu können. Zusammen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter kamen die Verantwortlichen zu der Einschätzung, dass die Teilnahme im Spielbetrieb zunächst weiter möglich sein soll.
„Die notwendigen finanziellen Zusagen liegen vor, sodass der weitere Trainings- und Spielbetrieb gesichert ist. Die Mannschaft wurde über das eingeleitete Insolvenzverfahren informiert und will auch die weiteren Spiele bestreiten“, so Rechtsanwalt Seibert.
Auswärtsspiel als Ablenkung
Am Samstag gastieren die Deichstadtvolleys bei den Roten Raben Vilsbiburg. Anschließend sind für das Jahr 2023 noch zwei weitere Spiele angesetzt. „Natürlich waren die Spielerinnen und ich geschockt und überrascht, als wir die Nachricht bekommen haben. Aber es war auch kein Geheimnis, dass die Situation schwierig ist, das ist sie schon seit zwei Jahren“, sagt Neuwieds Trainer Tigin Yaglioglu. „Aber nachdem wir es am Mittwochabend erfahren haben, haben wir Donnerstagmorgen schon wieder fleißig trainiert.“ Für ihn sei es jetzt nicht schwer, sich für die restlichen neun Rückrundenspiele zu motivieren, stellt der Trainer klar. „Wir sind alle hoch motiviert, können jetzt erst recht zeigen, was wir für eine gute Sache gemacht haben und können befreit aufspielen“, sagt Yaglioglu, der froh ist, dass es weit weg nach Vilsbiburg geht, „um auch örtlich etwas Abstand zu gewinnen“. Yaglioglu: „Wir wollen uns erhobenen Hauptes verabschieden.“