Ein Bundesligaspieler als Balljunge, ein US-Amerikaner, der in A lsbach unweit von Grenzau lebt und noch für Bergneustadt spielt, aber trotzdem dem Verein aus seiner Wahlheimat einen Punkt beschert, und ein Brite, der fast alles richtig macht und doch wieder dem Gegner gratulieren muss: Letzte Spieltage erzählen oft besondere Geschichten, da hat die sportlich bedeutungslose Partie zwischen dem TTC Zugbrücke Grenzau und dem TTC Schwalbe Bergneustadt keine Ausnahme gebildet. Die Zuschauer hat’s gefreut, auch wenn das Spiel mit 1:3 verloren ging.
„Für mich war das die schlechteste Saison, aber auch eine Saison mit so viel Pech.“
Slobodan Grujic, Trainer TTC Grenzau
Die großen Entscheidungen fielen an diesem Abend in anderen Hallen. In Bad Königshofen etwa, wo sich der 1. FC Saarbrücken mit 3:0 durchsetzte und damit genauso in die Play-offs einzog wie der unterlegene TSV, weil zeitgleich in Mühlhausen der Titeltraum des TTC Fulda-Maberzell platzte. Die einzige Mannschaft, die der TTC Grenzau in dieser Saison zweimal schlagen konnte, unterlag beim Post SV mit 2:3 und beendet die Saison in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) trotz großer Investitionen nur als Fünfter.

Diese Tabellenregionen blieben für die Grenzauer Lichtjahre entfernt. Während es Fulda auf 26:18 Punkte brachte und die beiden Führenden der Hauptrunde, Borussia Düsseldorf und die TTF Liebherr Ochsenhausen, jeweils auf 32:12 Punkte kamen, standen am Ende für den TTC aus dem Brexbachtal nach 22 Spielen nur schwache 8:36 Punkte zu Buche. Kein Wunder also, dass alle Beteiligten aufatmeten, dass diese Saison für sie nun Geschichte ist. Auf die Frage, ob er erleichtert sei, antwortete Grenzaus Trainer Slobodan Grujic ehrlich: „Erleichtert? Ja, stimmt. Für mich war das die schlechteste Saison, aber auch eine Saison mit so viel Pech.“
Ausfälle prägen die schwierige Saison
Letztlich sei der letzte Platz die Realität für sein Team – und das Glück, dass Grenzau nicht zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte absteigen muss. Angesichts der vielen Ausfälle durch Verletzung und Krankheit sei aber auch nicht mehr zu erwarten gewesen. „Mit Maciej Kubik wäre das etwas anders gewesen“, erinnerte Grujic an den jungen Polen, der vielversprechend in die Runde gestartet war und aus gesundheitlichen Gründen nahezu die gesamte Rückrunde verpasst hat. Auch Sam Walker und Patrick Baum fehlten bei etlichen Spielen, beim Abschluss gegen Bergneustadt wurde Feng Yi-Hsin vermisst.

Sinnbildlich für die personellen Nöte in dieser Saison steht Marlon Börner, der elfjährige Nachwuchsspieler des TTC, der im Heimspiel gegen die TTF Ochsenhausen zu seinem Bundesligadebüt gekommen war, weil Grujic nur noch zwei Profis zur Verfügung gestanden hatten. Gegen Bergneustadt war der Schüler auch in der Halle, nicht als Spieler, sondern als Balljunge. Für einen kurzen Moment rückte der jüngste Bundesligaspieler aller Zeiten aber noch mal ins Rampenlicht. Als Dankeschön hatte Grenzaus Trainer ein Präsent mit in die Halle gebracht, das er dem Talent überreichte.
Zuschauer nehmen der Mannschaft Misserfolg nicht übel
Erfreulich für alle: Beachliche 400 Zuschauer spendeten dem jungen Marlon Börner, der sich bei seinem Debüt mit Weltklassemann Hugo Calderano hatte messen dürfen, kräftig Applaus. 400 Zuschauer, die es der Mannschaft nicht übel nahmen, dass sie so nur ein einziges Mal in eigener Halle gewinnen konnte, sondern ein feines Gespür dafür bewiesen und ihren TTC trotz ausbleibender Erfolge stets unterstützten. Denn an Kampf und Willen hatte es nicht gelegen, vielmehr waren es die beschriebenen Umstände, die ein besseres Abschneiden verhinderten.

Als hätte es dafür eines letzten Beispiels bedurft, verlor Sam Walker, zum ersten Mal an Position eins aufgeboten, das Eröffnungseinzel gegen Romain Ruiz. Angesichts von nur zwei Siegen, die der Brite in dieser Saison feiern konnte, war das vielleicht zu erwarten. Doch an der Platte war die Geschichte eine andere. Zwei Sätze lang offenbarte Walker große Probleme gegen den kampfstarken Bergneustädter, dessen rechter Ärmel abgetrennt ist, um die Oberarmmuskeln wie zur Abschreckung freizulegen. Mit 11:8 und 11:5 dominierte Ruiz den Beginn, doch dann schlug Walker zurück. Satz drei und vier holte sich der Grenzauer, um beim Stand von 10:7 im fünften Durchgang wie der sichere Sieger auszusehen.
Walker kann vier Matchbälle nicht nutzen
Doch diese drei Matchbälle reichten dem Briten genauso wenig wie ein weiterer beim Stand von 11:10. Ruiz fand stets die richtige Antwort, hatte aber selbst Probleme, den Sack zuzumachen. Die Folge: Erst beim 15:17 aus Walkers Sicht war das packende Duell entschieden. „Es tut mir leid für Sam, dieses Selbstvertrauen hätte er gut gebrauchen können“, bedauerte TTC-Coach Grujic, dass seinem Spieler ein Erfolg in diesem Spiel genauso verwehrt blieb wie am Ende bei der klaren Niederlage gegen Benedikt Duda. „Die Saison ist auch für ihn nicht so gut gelaufen“, blickte der Trainer zurück. „Er hat sich verletzt, war für einen Monat weg, dann war es schwer, wieder zurückgekommen. Aber jetzt hat er gut gespielt. Da wäre ein Sieg am Ende schön für ihn gewesen.“

Für die Fans war der Krimi gleich zu Beginn ein sportlicher Höhepunkt ohne Happy End, dem ein einseitiger Schlagabtausch zwischen Luka Mladenovic und Duda folgte, ehe es kurios wurde. Nur für Sekunden standen sich Grenzaus Routinier Patrick Baum und Kanak Jha an der Platte gegenüber. Genauer gesagt: Es gab einen einzigen Ballwechsel, bei dem Baum keine Gegenwehr erfuhr. Dann schenkte der Ex-Grenzauer Jha überraschend ab, packte seine Sachen und verließ die Halle. Ein Sieg aus dem Nichts – und plötzlich waren die Brexbachtaler wieder drin im Spiel.
„Es gab viele bittere Niederlagen für mich, aber auch für die Mannschaft. Jetzt ist Schluss – und nächste Saison ist es hoffentlich wieder besser.“
Sam Walker, Spieler TTC Grenzau
„Ich habe mich ein bisschen krank gefühlt, nicht fit genug, um zu spielen“, kommentierte der in Grenzau heimische US-Amerikaner, der zur neuen Saison für Rekordmeister Borussia Düsseldorf spielen wird, das schnelle Ende des dritten Einzels. Zugleich versprach er: „Die Grenzau-Fans werden in Zukunft wieder mehr von mir sehen. Der TTC ist definitiv mein Lieblingsverein in Deutschland, und es ist immer etwas Besonderes, hier zu spielen.“

Während Jha nach dem Spiel wieder genesen schien und fleißig Autogramm- und Selfiewünsche erfüllte, saß Sam Walker schweigend in der Box und blickte ins Leere. Er hatte den Erfolg so dicht vor Augen – und musste sich doch so knapp geschlagen geben. „ Das war ganz bitter heute“, sagte er nach einem Moment der inneren Einkehr. „Aber ich glaube, es war so, wie die ganze Saison“, weitete er den Fokus. „Es gab viele bittere Niederlagen für mich, aber auch für die Mannschaft. Jetzt ist Schluss – und nächste Saison ist es hoffentlich wieder besser.“ Wie passend diese Worte am Ende der Saison der vielen Schrecken doch waren.
TTC Zugbrücke Grenzau – TTC Schwalbe Bergneustadt 1:3
Samuel Walker – Romain Ruiz 2:3 (8:11, 5:11, 11:8, 11:7, 15:17)
Luka Mladenovic – Benedikt Duda 0:3 (10:12, 2:11, 5:11)
Patrick Baum – Kanak Jha 3:0 (11:0, 11:0, 11:0)
Samuel Walker – Benedikt Duda 0:3 (8:11, 5:11, 6:11)