Es sind zwei große Baustellen, die in dieser Woche die Verantwortlichen des TTC Zugbrücke Grenzau umtreiben. Auf die eine haben sie (noch) selbst Einfluss, auf die andere nicht. Am Ende geht es bei beiden um nicht weniger als die Zukunft des Westerwälder Traditionsvereins in der Tischtennis-Bundesliga. Ein Grenzauer Abstieg drohte in den vergangenen Jahren schon mehr als einmal. Doch jedes Mal, wenn es kritisch wurde für die Brexbachtaler, fand sich kein Kandidat aus der zweiten Liga, der nach oben wollte. Das könnte jetzt anders sein.
Droht Gefahr aus Mittelfranken?
Zum einen kann sich der Tabellenletzte natürlich noch selbst aus seiner misslichen sportlichen Lage befreien, müsste aber einen Rückstand von aktuell je vier Punkten auf den TTC OE Bad Homburg und den Post SV Mühlhausen aufholen. Im Idealfall würde die Mannschaft von Trainer Slobodan Grujic bereits am Montagabend mit der Aufholjagd beginnen, wenn sie ab 19 Uhr zum fünftletzten Saisonspiel bei Aufsteiger Borussia Dortmund antritt. Zum anderen gehen die Blicke Richtung zweite Liga, wo der TV 1879 Hilpoltstein nicht nur sportlich zur Mannschaft der Stunde avanciert, sondern auch für allerlei Spekulationen sorgt.
Mit Siegen gegen den 1. FC Saarbrücken II (6:4 und 6:0), den 1. FC Köln (6:3) und am Wochenende gegen den 1. FSV Mainz 05 (6:3) haben die Mittelfranken in den vergangenen Wochen den Beweis angetreten, dass sie zu den Spitzenteams des TTBL-Unterbaus zählen. Mit jedem dieser Erfolge scheint im Umfeld die Hoffnung zu wachsen, die Hipoltsteiner in der neuen Saison in der höchsten deutschen Liga zu sehen. Würden sich die Verantwortlichen tatsächlich dafür entscheiden, in der bis Mittwoch dieser Woche laufenden ersten Lizenzierungsphase für einen Platz in der Tischtennis-Bundesliga ihren Hut in den Ring zu werfen, würde der Tabellenletzte (und damit aktuell der TTC Grenzau) in akuter Abstiegsgefahr schweben.
Hohe Anforderungen an die TTBL-Bewerber
Allein mit dem Lizenzantrag eines Zweitligisten wäre aber noch nichts entschieden, die Hürden sind hoch – und werden immer höher, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. „Das Lizenzierungsverfahren ist ein wesentlicher Baustein in der professionellen Entwicklung der Tischtennis-Bundesliga und sorgt für die Sicherstellung einer wirtschaftlich stabilen und nachhaltigen Durchführung der TTBL-Wettbewerbe im Interesse aller teilnehmenden Vereine“, heißt es seitens der TTBL vor Stufe eins des Lizenzierungsverfahrens. Insgesamt zwölf Vereine können eine Lizenz erhalten, dafür werden „die rechtlichen, personellen, administrativen, infrastrukturellen und finanziellen Kriterien der Vereine geprüft“.
Neu in diesem Verfahren: „Zusätzlich zu den in den vergangenen Spielzeiten bereits erfolgreich angewendeten Lizenzierungskriterien haben sich die TTBL-Vereine einstimmig dazu entschieden, neu auch Nachhaltigkeitsaspekte in den drei Bereichen Organisation, Compliance und Integrität, Klima und Umweltschutz sowie Menschenrechte in den Lizenzierungsprozess einzubeziehen.“ Das hat die TTBL zuletzt mitgeteilt – und damit klargemacht, dass die Erwartungen an die Bewerber – insbesondere für einen potenziellen Aufsteiger, aber auch für die kleineren Vereine aus dem Kreis der Erstligisten, zu denen auch der TTC Grenzau zählt – immer größer werden.
Maximal zehn Punkte sind noch zu holen
Um nicht von den Entscheidungen anderer abhängig zu sein, brauchen die Brexbachtaler vor allem: Punkte, Punkte, Punkte. Maximal zehn Zähler können sie in den verbleibenden fünf Spielen noch holen. Doch TTC-Coach Grujic weiß nach zuletzt neun Niederlagen in Folge, wie verzwickt die Lage ist. „Generell ist es ganz schwer für uns“, sagt er. „Jedes Spiel ist wie ein Finale.“ Zwar wartet am Montagabend ein Bundesliga-Neuling auf das Urgestein aus dem Westerwald, doch Tischtennis-Tradition hilft nicht weiter.
„Wir haben noch nie in Dortmund gespielt und zu Hause 1:3 verloren“, bringt Grujic die Ausgangslage auf den Punkt. „Das ist eine ganz starke und unangenehme Mannschaft für uns, weil sie viele Linkshänder haben. Das ist atypisch, auch im Doppel spielen sie meistens mit zwei Linkshändern“, nennt er die Besonderheiten des BVB. Der Ex-Grenzauer Anders Lind (Bilanz 9:7) Yongyin Li (12:12) und Cedric Nuytinck (8:9) bilden den Stamm der Mannschaft und sorgten in der Hinrunde auch für einen ungefährdeten 3:1-Sieg der Dortmunder in der Zugbrückenhalle.
„Wir probieren alles. Ich glaube und hoffe, dass das jeder sieht. Ich kann den Jungs keinen Vorwurf machen, keinem von meinen Jungs.“
Slobodan Grujic, Trainer TTC Grenzau
„Sie stehen besser als wir, haben sechs Punkte mehr“, zeigt Grujic Respekt vor dem Gegner. Wohl auch vor dem Hintergrund, dass es wieder auf ein Schlussdoppel hinauslaufen könnte. Und genau da haperte es zuletzt bei den Grenzauern. Durch den langen Ausfall von Maciej Kubik konnte der TTC in dieser Saison noch nicht auf sein Erfolgsduo der Vorsaison zurückgreifen, als der junge Pole an der Seite von Sam Walker eine starke Bilanz spielte. Und jetzt? Fünf der letzten sieben Spiele verlor Grenzau mit 2:3, war also stets nah dran, hatte aber nicht die nötige Qualität oder das Quäntchen Glück im Doppel.
„Mehr als kämpfen können wir in dieser Situation nicht, denn ohne Maciej sind wir schon geschwächt“, weiß Grujic. „Wir probieren alles. Ich glaube und hoffe, dass das jeder sieht. Ich kann den Jungs keinen Vorwurf machen, keinem von meinen Jungs.“ Auch die Fans erkennen die Lage und stehen hinter ihrer Mannschaft, das haben sie zuletzt immer wieder gezeigt. Zu Hause, aber auch auswärts war sich die Mannschaft der Unterstützung gewiss. Das zeigt: Grenzau hat nach mehr als vier Jahrzehnten noch nicht genug von der Bundesliga, dennoch ist die Zukunft ungewiss. Ein Sieg in Dortmund wäre ein wichtiger erster Schritt auf sportlicher Seite. Mitte der Woche wird sich dann vielleicht schon zeigen, ob die Zukunft in der TTBL auch unabhängig von den eigenen Ergebnissen gesichert ist.