Jubelnde Fans, herumhopsende Spieler, erleichterte Funktionäre allenthalben. Aber vielleicht waren alle Beteiligten der TuS Koblenz gerade deshalb so losgelöst, weil es in den vergangenen Monaten nun wirklich nicht viel zu feiern gab. Geschenkt daher, dass das 2:0 im Finale gegen einen zwei Klassen tiefer angesiedelten Gegner keine Offenbarung war.
Viele Widrigkeiten in der Regionalliga – und ein kaum konkurrenzfähiger Kader
Wie konnte es auch? Hinter den Blau-Schwarzen liegt eine Spielzeit, in der sich schon früh abzeichnete, dass die Mannschaft nur bedingt regionalliga-tauglich ist – zumal Verletzungen den ohnehin schmalen Kader immer wieder zusätzlich ausdünnten. Die fehlende fußballerische Substanz ist letztlich aber auch das Ergebnis einer wirtschaftlichen Solidität, die bei der TuS Einzug gehalten hat. Ungeachtet allen Anspruchsdenkens, das auf dem Traditionsklub lastet – nur das Geld auszugeben, das auch in der Kasse ist, ist auch mit Blick auf manche Insolvenz in der wechselvollen Historie alternativlos.
Angesichts dieser widrigen Umstände bedeutet der Erfolg im Rheinlandpokal in vielerlei Hinsicht mehr als nur eine Ergänzung auf dem Briefkopf oder eine zusätzliche Trophäe in der Vereinsvitrine. Natürlich, da ist zuvorderst das Preisgeld. Knapp 200.000 Euro sind für einen künftigen Fünftligisten viel Geld – und bei einem attraktiven Los in der ersten Runde des DFB-Pokals (man denke nur an Bayern München, Borussia Dortmund oder auch den 1. FC Kaiserslautern) käme noch einiges dazu. Angesichts dessen auf dem Pfad der finanziellen Tugend zu bleiben und gleichwohl eine ambitionierte Mannschaft auf den Platz zu bringen, die den Neustart in der Oberliga angeht, ist die schwierige Aufgabe der kommenden Wochen und Monate.
Wobei die Arbeit gerade für Michael Stahl nicht weniger werden wird. Angesichts der dürftigen Bilanz in der Regionalliga hätten es sich die Verantwortlichen leicht machen und spätestens im Winter den Trainer wechseln können – sie taten es aber nicht. Warum? Wohl auch, weil es dem 36-Jährigen in den tristen Monaten immer wieder gelungen war, die Moral und Mentalität in der Mannschaft aufrecht zu erhalten sowie in der Außendarstellung die Misserfolge in den Kontext einzuordnen. Es ist nun vor allem auch Stahls Verdienst, dass der Verein nicht im Tal der Tränen landet, sondern mit positiven Gefühlen und guter Dinge in den Sommer geht.
Pokalwettbewerb als Strohhalm
Der Trainer, noch dazu eine wichtige Identifikationsfigur, nutzte nicht zuletzt den Pokal als Strohhalm, an den sich alle klammern konnten. Spätestens seit dem 1:0 im Viertelfinale bei Eintracht Trier eröffnete sich die Perspektive, doch noch etwas Erfreuliches aus dieser Saison zu ziehen. Ein Wettbewerb, in dem man mit wenigen Spielen viel gewinnen kann, und der im Fall von TuS Koblenz auch die Klammer mit den Kummer gewohnten Fans bildete.
Der Traditionsverein TuS Koblenz ist 2023/2024 in der Regionalliga Südwest angetreten – eine sportlich und finanziell enorm herausfordernde Saison war abzusehen. Am Ende wurde die TuS mit einer echten Horrorbilanz Letzter.TuS Koblenz zwischen Abstieg und Pokalfinale – Saisonbilanz zum Nachhören im Podcast
Denn eines haben die 90 Minuten vom Samstag auf dem Oberwerth eindrucksvoll untermauert: Wenn mehr als 4000 Zuschauer zu einer Partie gegen einen Rheinlandligisten kommen, zeugt dies von einer besonderen Strahlkraft, die in der Region ihresgleichen sucht. Dieses Pfund gewinnbringend einzusetzen, ist einmal mehr die große Herausforderung. Leichter gesagt als getan. Aber ein Pokal in der Hand ist allemal eine zusätzliche Motivation.
E-Mail an den Autor: sven.sabock@rhein-zeitung.net