Nachspielzeit von Sascha Nicolay
Und ich hatte noch das Glück, bei der Mannschaft zu spielen, die haushoch überlegen war, die nicht nur darauf bedacht sein musste, das Resultat in Grenzen zu halten. Vor den gegnerischen Spielern, in meinem Fall waren das die Akteure des TuS Becherbach II, kann ich nur den Hut ziehen – aber eigentlich kann mir keiner von ihnen ernsthaft erzählen, dass ihnen die 90 Minuten Spaß gemacht haben. Ich jedenfalls hatte trotz des Sieges keine Freude. Am Spiel nicht und auch am Erfolg selbst nicht. Dass, was viele schon als Hauptkritikpunkt genannt haben, kann ich nur bestätigen. Das Feld, jene 106 mal 50 Meter, ist viel zu groß, um mit nur 16 Feldspielern bespielt zu werden. Und diesen viel zu großen Platz sollen ausgerechnet die Spieler der zweiten Mannschaften beackern, die Reserve des Vereins, AH-Spieler,technisch und konditionell schwächere Akteure...!? Es ist absurd!
Am absurdesten sind die letzten 20 Minuten. Im gefühlten 30-Sekunden-Takt haben die Akteure beider Mannschaften den Schiedsrichter befragt, wie lange noch zu spielen sei. Die Partie sah fast so aus wie beim ganz großen Fußball. Auf einem Streifen von etwa 30 Metern Breite hielten sich beide Mannschaften aus. Freilich nicht aus taktischen Gründen, nicht wegen Pressing und Gegenpressing, sondern nur deshalb, weil beide kaputt waren oder keine Lust mehr hatten. Es ging beinahe nur um die Frage, stand der Passempfänger jetzt im Abseits oder nicht...? Und das musste dann ein Schiedsrichter entscheiden, der – bei allem Respekt – auch nicht zur Elite seiner Zunft zählte.
Doch ich möchte diese Einlassung nicht als Schiedsrichterkritik verstanden wissen. Der Mann gab sein Bestes und hätte alleine deshalb bei einem wichtigeren Spiel angesetzt werden müssen. Einer Partie wie jene des TuS Niederbrombach gegen den SV Wilzenberg-Hußweiler am vergangenen Sonntag, zu der bekanntlich kein Schiedsrichter gekommen war, weil jene C-Klasse gar nicht besetzt wird. Abgesehen davon ist es für einen Verein, der Gastgeber dieses absurden Neun-gegen-Neun-Spiels ist, wohl eher eine Strafe, wenn ein Referee kommt, denn der Schiri muss ja bezahlt werden...
Alles in allem war meine Selbsterfahrung eine Bestätigung dessen, was ich vergangene Woche an dieser Stelle gefordert hatte – eine Spielklassenreform muss her. Dringend! Wir brauchen unterhalb der Bezirksliga drei Klassen im Kreis Birkenfeld (A-, B-,C-Klasse) mit ersten Mannschaften (oder 1b-Teams, die sich wirklich ernsthaft dem Wettbewerb stellen können) plus Reserven, die immer das Vorspiel in der Klasse bestreiten, in der die erste Mannschaft angesiedelt ist.
Brombacher: „Vereine müssen aus finanziellen Gründen dicht machen“
Abgesehen vom Reservespielbetrieb würde die C-Klasse aufgewertet, deren Einteilung in drei Staffeln mit höchst grenzwertigen Spielplänen zu den kuriosesten Konstellationen führt, die sich im ersten Moment zwar lustig anhören, aber entweder dem Wettbewerbsgedanken widersprechen oder die Vereine vor große Probleme stellen. Da hat zum Beispiel der TuS Niederbrombach im Schnitt nur einmal im Monat ein Heimspiel. Bernd Brombacher, Mitglied des TuS, stellt da zurecht die Frage, wie sich ein eigenständiger Verein so überhaupt noch finanzieren soll und provoziert ganz richtig mit der These: „Wenn es so fortgeführt wird wie jetzt, dann werden die kleinen selbstständigen Vereine nicht aus Spielermangel, sondern aus finanziellen Gründen dicht machen.“
Gute Gründe von Armin Donner
Auch Armin Donner von der SG Berglangenbach/Ruschberg würde eine Spielklassenreform mit Rückkehr zum Reservespielbetrieb sofort unterstützen. Und er führt gute Gründe an. Wieder spielt der absurde Spielplan eine Rolle, der dazu führt, dass die SG Berglangenbach/Ruschberg II ihr erstes Heimspiel der Saison am 3. Oktober haben soll, also an jenem aus vorauseilender Angst vor schlechtem Wetter eingeschobenen Rückrundenspieltag. Passenderweise findet dieses erste Heimspiel der SG-Zweiten auch genau dann statt, wenn die Spielgemeinschaft die Spielstätte wechselt, vom Rasen in Berglangenbach auf den Hartplatz in Ruschberg. „Das erste Spiel zu hause auf Rasen 'im Allewald' in Berglangenbach bestreitet unsere Zweite laut Spielplan am 28. April“, erklärt Donner.
Zurecht schüttelt der renommierte Schiedsrichter den Kopf darüber, dass die erste Mannschaft der SG Berglangenbach/Ruschberg (Donner lobt übrigens, wie gut die Spielgemeinschaft funktioniert) am vergangenen Sonntag und am kommenden Sonntag in der B-Klasse jeweils um 13 Uhr bei zweiten Mannschaften (in Nahbollenbach und Weierbach) antreten muss, während das zweite SG-Team in der C-Klasse jeweils um 15 Uhr bei ersten Mannschaften (in Wilzenberg und Achtelsbach) spielt. „Das ist mit die schlimmste Konstellation“, sagt Donner. „Eigentlich würden die Berglangenbacher und Ruschberger Zuschauer gerne beide Teams unterstützen, können es aber nicht wirklich, und das führt dazu, dass dann ausgerechnet die ohnehin chancenlose Zweite auch noch ohne Unterstützung ran muss, um dann mit einer zweistelligen Klatsche nach Hause zu fahren.“ Donner stellt deshalb die These auf, dass ein richtiger Reservespielbetrieb „wie früher“ eher wieder die Chance eröffnen würde, die zweite Mannschaft mit einem Elferteam spielen zu lassen und erklärt diese These mit einer rhetorischen Frage: „Wer fängt denn an zu kicken oder wechselt zu deinem Verein, wenn er weiß, dass er in einer dezimierten Mannschaft ran muss?“ Und dann liefert Donner ein flammendes Plädoyer für die Rückkehr zum Reservespielbetrieb: „Was gibt es schöneres als nach dem Spiel der „Zweiten“ bei einer Kiste Bier der „Ersten“ zu folgen,
die Freunde anzufeuern , Emotionen auszuleben, hinterher gemeinsam zu diskutieren. Das alles fehlt, und weil es fehlt, werden unsere Bemühungen, den Fußball auch auf den Dörfern zu erhalten, kaputt gemacht.“
Also, einmal mehr: Der Reservespielbetrieb muss wieder her. Doch ernsthaft funktionieren wird er nur nach einer Spielklassenreform, nach einer Reduzierung der Ligen im Wettbewerb mit Auf- und Abstieg. Dieser Reservespielbetrieb sollte dann aber total flexibel gestaltet, den Bedürfnissen der Vereine und den Mannschaftsstärken angepasst werden. Im Klartext: Wenn es denn sein muss, dann muss auch ein Sieben gegen Sieben möglich sein. Aber bitte nicht über den ganzen Platz, sondern quer auf zwei kleine Tore. Das hätte mir am Sonntag zweifellos auch mehr Spaß gemacht...
E-Mail: Sascha.Nicolay@rhein-zeitung.net