Kreis Birkenfeld
Fußball im Kreis Birkenfeld liegt auf der Intensivstation, weil der Mittelbau wegbricht: Eine Prognose
Sascha Nicolay
Sascha Nicolay
Jens Weber. MRV

Von einigen Nachholspielen mal abgesehen, ist die Vorrunde der Saison im Südwestdeutschen Fußballverband vorbei. Ein guter Moment, um nach vorne zu blicken und sich anzuschauen, wie es um den Männerfußball im Kreis Birkenfeld in einem guten halben Jahr – zu Beginn der Spielzeit 2024/25 – bestellt sein könnte.

Die Prognose fällt zweischneidig aus. Einerseits wird es weiter absoluten Amateurspitzenfußball bei uns geben, andererseits droht der Mittelbau wegzubrechen und die Kluft zur Spitze riesig zu werden.

Das Positive zuerst: Die Fußballfans im Kreis Birkenfeld dürfen sich womöglich auf zwei Oberligisten freuen. Dieses Novum ist alles andere als unwahrscheinlich. Der aktuelle Oberligist VfR Baumholder ist im heftigen Abstiegssumpf, der am Ende der Saison Stand jetzt wohl bis zu sieben Vereine verschlucken wird, nicht untergegangen. Der Meister der vergangenen Verbandsligasaison hat sich behauptet und zu Beginn der Rückrunde alle Chancen, die Klasse zu halten. Sollte den Baumholderern das gelingen, wird es zu einem Kreis-Derby in der Oberliga kommen.

Zwei Oberligisten aus dem Kreis?

Beim SC Idar-Oberstein hat Tomasz Kakala nämlich ganze Arbeit geleistet. Der neue Trainer hat mit seinem Verein aus dem Idarer Haag zur Halbzeit die Konkurrenz abgehängt und ist mit acht Punkten Vorsprung Herbstmeister der Verbandsliga geworden. Die Mannschaft wirkt so stabil, dass ein Einbruch nicht zu erwarten ist und der SC Idar-Oberstein langsam aber sicher seine insgesamt 18. Saison in der Fußball-Oberliga seit dem ersten Aufstieg 1995 planen kann.

An der absoluten Spitze stimmt es also noch im Fußballkreis Birkenfeld, doch darunter sieht es dünn aus. Sollten der VfR Baumholder und der SC Idar-Oberstein nächste Runde tatsächlich in der Oberliga starten, dann sprechen alle Anzeichen dafür, dass darunter, in den beiden Top-Ligen des Südwestdeutschen Fußballverbandes, in der Verbands- und der Landesliga, kein Verein aus dem Kreis vertreten sein wird. Der derzeit einzige Landesligist, der FSV Blau-Weiss Idar-Oberstein, hinkt nach der Vorrunde schon so weit hinterher, dass ein Wunder geschehen müsste, damit er die Klasse hält.

Blau-Weiss nicht konkurrenzfähig

Nach bisher 14 Spielen muss konstatiert werden, dass die Blau-Weissen in der Landesliga nicht konkurrenzfähig sind. Der Grund dafür ist vielschichtig und ein Mix aus begrenzter Kaderqualität, Verletzungs- und Ausfallpech, naivem Herangehen sowie fehlender Einstellung und Motivation. Nach ihrem zweiten Aufstieg in Folge hätten sich alle Spieler der FSV-Mannschaft mit Haut und Haaren auf die Landesliga einlassen müssen, doch genau das ist nicht geschehen. Das Team versucht eher, sich durchzuwurschteln.Doch dafür ist die zweithöchste Spielklasse im SWFV schon zu anspruchsvoll.

Vier Absteiger aus der Bezirksliga?

Den FSV Blau-Weiss Idar-Oberstein werden wir in der kommenden Saison also wieder in der Bezirksliga sehen – womöglich als einer von dann nur noch fünf Mannschaften des Fußballkreises Birkenfeld. Weil neben dem FSV wohl auch der VfL Simmertal aus der Landesliga absteigen wird, ist zu befürchten, dass vier Mannschaften die Bezirksliga nach unten verlassen müssen – und leider ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese vier Mannschaften aus dem Fußballkreis Birkenfeld kommen werden.

Drei Teams aus dem Kreis sind ja schon fast sicher auf den letzten drei Rängen festgetackert. Die Rückstände des TuS Hoppstädten (11 Punkte), des Bollenbacher SV und des SC Birkenfeld (beide 8 Punkte) auf den ersten sicheren Platz sind schon so gewaltig, dass sie schon beinahe abgestiegen scheinen.

Die übrigen fünf Mannschaften des Kreises müssen sich alle als gefährdet betrachten. Dass es aus diesem Quintett ein Team erwischt, ist alles andere als unmöglich. Wenn dann aus der A-Klasse Birkenfeld der eigentlich im Kreis Kusel und im Fußballkreis Bad Kreuznach beheimatete ASV Langweiler/Merzweiler Meister wird und der Zweitplatzierte die Aufstiegsspiele zur Bezirksliga verliert, dann ist der Anteil „unseres“ Fußballkreises in der Bezirksliga von derzeit acht auf fünf Teams geschrumpft.

Folgen einer zu großen Kluft

In der kommenden Saison könnte also zwischen den beiden besten und dem ganz großen Rest der Mannschaften im Kreis ein vier Ligen großes Loch klaffen, in dem gerade noch fünf Teams eher ums höherklassige Überleben kämpfen, denn die Aussicht besitzen, den Kreis auch über die Nahe-Region hinaus vertreten zu können.

Die Folgen werden über kurz oder lang alle spüren:

Die Spitzenmannschaften, die kaum noch Akteure aus dem eigenen Einzugsgebiet einbauen können werden.

Die Teams ab der A-Klasse abwärts, für die es immer schwieriger wird, gestandene Akteure aus höheren Ligen als Spielertrainer oder Säulen zu bekommen und die im Vergleich zu den wenigen überkreislich agierenden Mannschaften sportlich immer unattraktiver werden.

Die Talente, die, um höherklassig zu spielen, gleich einen Riesenschritt machen müssen und sich nicht in Bezirks- oder Landesliga ausprobieren können.

Vor allem aber ist das Schrumpfen des Mittelbaus ein deutliches Anzeichen dafür, dass es mit dem Fußball im Kreis Birkenfeld abwärts geht, dass er mindestens auf der Intensivstation liegt. Wenn der Mittelbau wegbricht, dann wankt auch die Spitze – und der Unterbau versandet. Er rettet sich noch einige Zeit über die Runden – durch das Bilden von immer größeren Spielgemeinschaften.

Aktive wie Jugend

Überraschen kann die Entwicklung nicht, denn der Aktivenfußball bekommt es zeitversetzt mit den Problemen des Jugendfußballs zu tun. Bald könnte also der jetzige Mittelbau der Einheitsbau im Fußballkreis Birkenfeld sein.

Noch aber ist es nicht so weit. Noch hört man nur das Grollen in der Ferne. Noch lässt sich ein einigermaßen stabiler Spielbetrieb im Fußballkreis Birkenfeld organisieren. Auch 2024/25 wird das so sein. Nur die Kluft zwischen hoch- und tiefklassig wird wohl alarmierend groß sein.

E-Mail: sascha.nicolay@rhein-zeitung.net

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