Nachspielzeit von Sascha Nicolay
Was nicht passt, wird passend gemacht, notfalls mit Gewalt. So wirkt die neue Spielklasseneinteilung. 15 Vereine in der A-Klasse, eine B- Klasse mit 17 und die andere mit 16 Startern sowie drei C-Klassen mit komplett unterschiedlichen Mannschaftszahlen, weil sie unter die A- beziehungsweise B-Klassen „passen“ müssen, um zu gewährleisten, dass die zweite Mannschaft möglichst oft vor der ersten spielt. Und mittendrin in diesen C-Klassen sind bedauernswerte erste Mannschaften, die sich dort irgendwie behaupten müssen.
Schon länger ist der Spielbetrieb im Fußballkreis Birkenfeld nicht mehr gesund, jetzt ist er geradezu toxisch. Es gibt viel zu viele Spielklassen im Wettbewerb, gefüllt mit Mannschaften, die nur eingeschränkt wettbewerbsfähig sind. Statt derzeit sechs Ligen im Auf- und Abstiegskampf dürfte es eigentlich nur drei geben. Doch kurioserweise gibt es im Fußballkreis Birkenfeld derzeit beinahe zu viele Mannschaften dafür. Und das liegt unter anderem am ausgeuferten kreisübergreifenden Spielbetrieb.
Die A-Klasse Birkenfeld kickt mit nur 15 Teams, doch davon gehören vier zum Fußballkreis Bad Kreuznach und ein weiterer zum Kreis Bad Kreuznach. Wenn die betroffenen Klubs dort spielten, wo sie tatsächlich angesiedelt sind, wäre noch ordentlich Platz für „echte“ BIR-Klubs in der Birkenfelder A-Klasse, und logischerweise würde es auch darunter Raum schaffen, um einem gesünderen Drei-Ligen-System (eine A-Klasse, eine B- Klasse, eine C-Klasse) näher zu kommen.
Das freilich ist auf die Schnelle mittlerweile kaum noch zu bewerkstelligen, denn die angesprochenen vier bis fünf Vereine sind ja nun einmal A-Klassisten und müssten bei einem Wechsel in „ihren“ Fußballkreis in der A-Klasse Bad Kreuznach eingegliedert werden. Doch diese A-Klasse spielt schon mit 19 Mannschaften. Der kreisübergreifende Spielbetrieb hat also faktisch dazu geführt, dass der Kreis Bad Kreuznach 24 A-Klasse-Mannschaften hat, der Kreis Birkenfeld aber nur zehn.
Ähnlich absurd ist die Situation in der B-Klasse – dort freilich in die andere Richtung. Während die Birkenfelder B-Klasse mit ihren beiden Staffeln unter 33 Vereinen ächzt, gibt es im Kreis Bad Kreuznach nur 26 B-Klassisten. Die Frage muss erlaubt sein, ob es deshalb nicht doch besser wäre, wenn die SG Perlbachtal, der TuS Becherbach, die zweite Mannschaft des ASV Langweiler, die Spvgg Teufelsfels und womöglich auch der Kreis-Kusel-Klub TV Grumbach im Kreis Bad Kreuznach spielen würden.
Würden tatsächlich alle Vereine in dem Fußballkreis kicken, dem sie angehören, wäre aktuell rein von den Mannschaftszahlen im Kreis Birkenfeld folgendes Modell möglich. Eine A-Klasse mit 16 Mannschaften, eine B-Klasse mit 16 Mannschaften und eine C-Klasse mit 14 ersten beziehungsweise 1b-Mannschaften. Mit dem entsprechenden Reservespielbetrieb wäre das ein relativ gesundes System.
Doch das ist, wie schon erwähnt, wegen des mittlerweile zu tief verwurzelten kreisübergreifenden Spielbetriebs nicht auf die Schnelle möglich. Zudem bräuchte es etwas Fantasie bei Auf- und Abstiegsfragen in einer Übergangssaison.
Wobei – Fantasie sollte das Problem nicht sein, angesichts des Umstands, dass es der Kreisvorstand zulässt, dass sich Vereine ihre Ligen aussuchen. Das war beim SV Nohen so und hat sich nun bei der Spvgg Teufelsfels wiederholt. Faktisch haben beide Vereine nämlich in der vergangenen Saison die A-Klasse gehalten. Beide schätzten sich aber nicht (mehr) als konkurrenzfähig in der höchsten Spielklasse des Fußballkreises ein und stellten den Antrag auf einen freiwilligen Abstieg.
Bitte aber nur eine Klasse tiefer, denn für die B-Klasse reichen Quantität und Qualität ja. Die Spielordnung sieht eigentlich in einem solchen Fall eine Art Neustart ganz unten, in der C-Klasse, vor. Und das aus gutem Grund. Denn sich die Klasse auszusuchen, die vermeintlich zur aktuellen Spielstärke passt, bewegt sich an der Grenze zur Wettbewerbsverzerrung.
Aus Sicht der betroffenen Vereine, aus Sicht des SV Nohen und der Spvgg Teufelsfels, sind die Anträge nur eine Liga abzusteigen, natürlich durchaus nachvollziehbar. Mit Blick auf das große Ganze ist es aber nur schwer zu verstehen, diese tatsächlich auch zu genehmigen. Denn letztlich wird so ein „ausgesuchter Abstieg“ auf dem Rücken anderer Vereine ausgetragen. Die Spielklasse wird größer (zu groß), und es droht ein vermehrter Abstieg, von dem der SV Nohen und die Spvgg Teufelsfels ihrer eigenen Einschätzung zu Folge eher nicht betroffen sein werden.
Dass sich beide Vereine, angesichts der Umstände, schon in der vergangenen Saison nur eingeschränkt konkurrenzfähig gewesen zu sein und nun durch weiteren Personalverlust womöglich noch weniger Qualität zu besitzen, gegen eine weitere A-Klasse-Saison, in der es wohl nur „auf die Mütze“ gegeben hätte, entschieden haben, ist verständlich, ja sogar weitsichtig. Aber warum wurde der Abstieg nicht mit allen Konsequenzen, also nach ganz unten – wie es die Spielordnung grundsätzlich vorsieht – eingeleitet?
Die Frage ist leicht zu beantworten. Eben weil die Vereine weitsichtig sind und nicht in der C-Klasse im Kreis Birkenfeld ran wollen, denn diese C-Klasse ist eine Katastrophenspielklasse. Sie ist ein Mix aus um den Aufstieg ringenden ersten Mannschaften, einigermaßen normal funktionierenden zweiten Teams und Hobby- beziehungsweise Thekenmannschaften ähnlichen Gebilden, die mal zu neunt, mal zu elft gegeneinander spielen.
Es ist alles andere als ein normaler Wettbewerb, der nicht von neutralen Schiedsrichtern begleitet wird und in dem es zu Entscheidungsspielen kommen kann, in denen nur eines der beteiligten Teams aufstiegsberechtigt ist und das andere letztlich deshalb auf dem Feld steht, um dem Gegner den Sprung nach oben kaputt zu machen. Niemand will ernsthaft in solch einer Spielklasse dem Ball nachjagen. Schon gar nicht freiwillig. Denn die erste Mannschaft, die dort einmal gefangen ist, hat es enorm schwer, wieder herauszukommen.
Um die C-Klasse wieder aufzuwerten, muss die hier schon mehrfach vorgeschlagene Spielklassenreform her, die zumindest dafür Sorge trägt, dass erste Mannschaften mit Aufstiegsrecht und -willen nicht mehr auf Reserveteams treffen, die einfach nur kicken oder das Vereinsleben aufrecht erhalten wollen. Diese „Freizeitteams“ müssen endlich wieder in einen sehr flexiblen Reservespielbetrieb eingegliedert werden.
Von heute auf morgen sind all diese Veränderungen wohl aus mehreren Gründen nicht möglich, aber sie müssen in Angriff genommen werden, wenn es irgendwann Klasseneinteilungen geben soll, die nicht mehr zum Kopfschütteln sind.
E-Mail: sascha.nicolay@rhein-zeitung.net