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Die Goldmedaille für Sportfeindlichkeit geht an den Kreis Birkenfeld: Hallenschließungen sind ein Skandal
Sascha Nicolay
Sascha Nicolay
Jens Weber. MRV

warum gibt es Sporthallen? Na klar, um sie abzuschließen, um sie zu putzen, um dort Reparaturarbeiten vornehmen zu können, um Hausmeister-, Heiz- und Energiekosten einzusparen. Haben Sie, liebe Sportgegeisterte, sich auch aufgeregt, als Sie die Argumente des Landrats gelesen haben, warum die Schulsporthallen im Kreis in den Ferien verschlossen bleiben?

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Es ist nichts weniger als ein Skandal, dass die Schulsporthallen im Kreis Birkenfeld während der Ferienzeit für Vereine geschlossen bleiben sollen. Ein Argument: Es gibt schon lange eine grundsätzliche Entscheidung, die Hallen in den Ferien zu schließen. Frei nach dem Motto, das war schon immer so und bleibt deshalb so. Um es klar zu sagen, auch wenn es diese Entscheidung schon lange geben sollte, wird sie deshalb nicht richtiger.

Landrat verpasst eine hundertprozentige Chance

Ganz offensichtlich sieht der Kreis die Vereine vor allem als Verschmutzer, Kaputtmacher und Energievergeuder. Wie sonst kann es passieren, dass ein Schreiben der Bauabteilung an die Vereine ergeht, das ihnen androht, die Reinigung in Rechnung zu stellen und die Nutzungserlaubnis zu entziehen, wenn eine Halle trotz Verbots genutzt werde.

Dass sich Landrat Miroslav Kowalski zwar für den „Ton“ entschuldigt, nicht aber für den Inhalt, schlägt dem Fass den Boden aus. Er hat damit eine hundertprozentige Möglichkeit vergeben, sich als Politiker zu profilieren. Er hätte sagen können, „weil mir und uns im Kreis Birkenfeld die Kinder und Jugendlichen wichtig sind, weil Sport für die Menschen bei uns von großer Bedeutung ist, tun wir alles, um die Hallen in den Ferien offen zu halten“. Aber was hat er gesagt? „Die sachlichen Gründe haben Bestand!“ Und die Hallen bleiben in den Ferien zu.

Menschliche Gründe statt sachliche

Ich frage mich, warum geben sachliche Gründe den Ausschlag? Sollten nicht menschliche Gründe entscheiden? Offensichtlich ist in Vergessenheit geraten, was Sportvereine und die Menschen darin leisten. Offenbar wird der Wert von Sport, von Bewegung falsch eingeschätzt. Und anscheinend spielt die Gesundheit gerade von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen eine untergeordnete Rolle. Und dass Sport das Miteinander fördert, dass er Sozialverhalten lehrt und dass er eine Heimat gibt, hat bei den Entscheidern im Kreis offenbar auch noch keiner gehört.

Dass Hallen geschlossen gehalten werden, ist eine Katastrophe und wirft ein ganz schlechtes Bild auf unseren Landkreis. Er ist damit drauf und dran, die Goldmedaille für Sportfeindlichkeit zu bekommen.

Vereine dürfen sich veräppelt fühlen

Es gehört schon eine gehörige Portion Zynismus dazu, nach einer Zeit, in der Hallen wegen der Coronakrise über viele Monate nicht zu benutzen waren, damit zu argumentieren, dass Schließungen jetzt notwendig seien, um Reparaturen vorzunehmen. Man fragt sich wirklich, wie viele Wochen der Ferien dort jetzt noch gewerkelt werden muss. Wobei – in den Osterferien wird ja gar nicht gewerkelt, da ist ja nur kein Hausmeister da. Nicht nur, dass sich die Vereine pseudo-sachlichen Argumenten beugen müssen, sie werden auch noch veräppelt. Dabei leisten diese Klubs unsagbar viel .

Sport ist für die Gesundheit wichtig

Gerade erst haben Studien doch wieder einmal belegt, dass Kinder und Jugendliche immer ungesünder leben, dass sie sich immer weniger bewegen, dass sie zunehmend motorische Probleme haben, dass sie immer dicker werden. Die Sportvereine mit ihren vielen ehrenamtlichen Trainern, Betreuern und Helfern arbeiten dagegen an und vermitteln auch noch jede Menge Spaß und die so oft zitierten Grundwerte, die für eine Gesellschaft so wichtig sind. Anstelle diese Vereine zu unterstützen, ihnen für ihre Arbeit zu danken, zu erkennen, dass damit letztlich sogar Geld eingespart wird , werden die Sporthallen, wo die Trainingseinheiten stattfinden, geschlossen und – wie im Fall des Sportplatzes „auf der Bein“ in Weierbach – verkommen gelassen.

Wettkämpfern fehlen Trainingsmöglichkeiten

Dabei sind so ein Sportplatz und so eine Halle nun einmal auch als Wettkampfstätten unerlässlich. Die Vereine brauchen sie, um zu trainieren, um sich mit anderen zu messen. Dem Träger dieser Hallen müsste es extrem peinlich sein, wenn – wie bei den Handballern des TV Birkenfeld geschehen – seine Klubs in Nachbarkreise fahren müssen, um zu trainieren. Peinlich deshalb, weil Sportvereine und ihre Athletinnen und Athleten nun einmal auch wunderbare Werbeträger einer Region sind. Und womöglich gäbe es noch viel mehr und größere Erfolge als die Athletinnen und Athleten unseres Kreises ohnehin schon abliefern, wenn es ihnen möglich wäre, unter vernünftigen Bedingungen, mit Konstanz und ohne Ferienunterbrechungen zu trainieren. Sporttalente schlummern im Kreis Birkenfeld tatsächlich genug. Doch um dieses Talent zu entwickeln, braucht es nun einmal womöglich eine Halle – auch in den Ferien.

Sporthallen sind kein Ort, um Kosten zu sparen

Natürlich kommt noch das Totschlagargument unserer Zeit: Die Energie- und Heizkosten. Ist die Halle zu, dann können sie eingespart werden. Die Frage, ob da wirklich an der richtigen Stelle gespart wird, ist ganz leicht zu beantworten. Nein! Denn Sporthallen sind grundsätzlich kein Ort, um Kosten zu sparen. Da dürften sich leicht bessere Möglichkeiten finden.

Die Vereine können nur hoffen, dass irgendwann die Einsicht die Oberhand gewinnt, dass Sportstätten keine Orte sind, wo der Kosten-Rotstift Regie führt, sondern solche, wo gerannt, gelaufen, geklettert, geturnt, gekickt, geworfen, gehalten, gezogen, gejubelt und getrauert wird.Orte, wo Sport in all seinen Facetten stattfindet. Orte für Menschen und nicht für pseudo-sachliche Erwägungen. Ohne diese Einsicht ist der Kreis Birkenfeld auf dem besten Weg zur Goldmedaille für Sportunfreundlichkeit. Und das ist wirklich ein Armutszeugnis.

E-Mail: sascha.nicolay@rhein-zeitung.net

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