Sascha Nicolays Nachspielzeit
Der SC Idar braucht mehr gestandene Oberligaspieler
Sascha Nicolay
Jens Weber. MRV

Der SC Idar-Oberstein hat den Abstieg vermieden. Doch reicht die Qualität des Kaders, um die Oberliga auch in der kommenden Saison zu halten? Unser Autor ist da - Stand jetzt - skeptisch.

Lesezeit 3 Minuten

Gut drauf waren die Jungs des SC Idar-Oberstein am Sonntag. Zuerst haben sie den Klassenerhalt in der Oberliga perfekt gemacht, und dann haben sie mir noch augenzwinkernd und ganz cool eins ausgewischt. Etwa sechs Wochen ist es her, da habe ich an dieser Stelle geschrieben: „Beim SC Idar-Oberstein riecht es nach Abstieg!“ Der Konter kam nun prompt und zielstrebig: „Im Haag riecht es nach Klassenerhalt. Sorry Sascha!“, postete die Mannschaft aus dem VIP-Raum des Haag-Stadions in die diversen Social-Media-Kanäle. „Treffer, versenkt – 1:0 für den SC“, kann ich da nur sagen, gratulieren und festhalten, dass ich ungern recht behalten hätte.

Aber, sorry Jungs, es hat damals eben ziemlich stark nach Abstieg gerochen. So sehr, dass ja tatsächlich die Abstiegsbrandmelder angefangen haben zu blinken und zu schrillen. Und es wird weiter nach Abstieg riechen, wenn der SC Idar-Oberstein nicht die richtigen Schlüsse aus dieser Runde zieht.

Die Qualität ist nicht ausreichend

Ich habe vor sechs Wochen die Frage aufgeworfen, ob die Einstellung oder die Qualität der Mannschaft nicht ausreicht. Kritik an der Einstellung war danach definitiv unangebracht. Die Einstellung war vom 0:0 in Worms bis zum 3:1 jetzt gegen Herxheim, trotz drei Niederlagen in Folge zwischendurch, top.

Doch wenn konstatiert werden kann, dass die Einstellung zuletzt in Ordnung war, dann muss – weil der SC nun auch am Schluss die Gegner nicht gerade weggefegt hat – die Qualitätsfrage diskutiert werden. Die sportliche Leitung muss sich damit auseinandersetzen, ob der Kader für eine weitere Oberliga-Saison gut genug besetzt ist. Und sie sollte vernünftigerweise zum Schluss kommen, dass er es – Stand jetzt – nicht ist.

Derzeit hat der SC den Hoffnungskader einer Fahrstuhlmannschaft

Bisher ist der SC-Kader für die kommende Saison ein Hoffnungskader. Darin finden sich Spieler, mit denen es in der kommenden Saison gut gehen kann – oder eben auch nicht. Dass es im Fußball immer Unwägbarkeiten gibt, ist klar – doch der SC Idar-Oberstein sollte sich schon so aufstellen können, dass er mit sehr, sehr guten Aussichten in die Runde gehen und als nächsten Schritt eine ruhige Saison anstreben kann, um sich auf Sicht in der Oberliga wieder zu etablieren. Denn angesichts der super Infrastruktur und des Aufwands im Nachwuchsbereich kann es nicht mehr das Ziel sein, im Fahrstuhl zwischen Verbandsliga und Oberliga zu pendeln.

Aktuell hat der SC aber eine Fahrstuhlmannschaft beisammen – eine, die wahrscheinlich eine Klasse tiefer zu den absoluten Top-Teams gehören würde, die in der Oberliga aber leicht an ihre Grenzen stößt. Dem Kader mangelt es an gestandenen Oberligaspielern.

Derzeit hat der SC nur vier Ankerspieler

Der Satz klingt härter, als er gemeint ist, denn der SC hat eine ganze Reihe Spieler, die ihre Leistungsgrenze noch lange nicht erreicht haben. Spieler, die höchst talentiert sind, die absolut das Zeug dazu haben, gestandene Oberligaspieler zu werden. Bis dahin brauchen sie aber Hilfe, brauchen Akteure, die für die Statik verantwortlich sind, die das Gerüst bilden. Es braucht Spieler, an die sich die Talente, die Akteure in der Entwicklungsphase, anlehnen können. Spieler, die keinen allzu großen Schwankungen mehr unterworfen sind. Es braucht Ankerspieler.

Von dieser Sorte hat der SC aktuell mit Blick auf die kommende Spielzeit genau vier, nämlich Torwart Tobias Edinger, Kapitän Flavius Botiseriu, Innenverteidiger Kevin Kraus und Angreifer Florian Zimmer. Ob Kevin Kraus bleibt, steht noch nicht fest. Alle anderen Spieler der Mannschaft sind entweder noch (sehr) entwicklungsfähig oder spielen in der Oberliga an ihrem absoluten Limit, sind dort also sogar leicht bis stark überfordert.

Audri und Lind sind ein Versprechen – mehr noch nicht

Vor diesem Hintergrund war die Verpflichtung von Tyrecce Herzhauser ein wichtiger Schritt. Der neue „Schienenspieler“ vom SV Morlautern hat mit seinen 22 Jahren schon deutlich mehr Oberligaeinsätze gesammelt als die meisten SC-Spieler. Die beiden anderen bisherigen Verpflichtungen, Marvin Lind und Jan-Uwe Audri, können vorläufig noch nicht als Verstärkungen bezeichnet werden. Bei beiden hat man ein gutes Gefühl, weil sie aus der Region sind, weil sie Potenzial besitzen, weil sie sich mit der Aufgabe im Haag identifizierten werden, doch sie sind bestenfalls ein Versprechen für die Zukunft. Ob sie es tatsächlich „packen“ beim SC und vor allem in der Oberliga, das bleibt abzuwarten. Lind und Audri reihen sich in die Riege jener Akteure des Kaders ein, die im Idealfall auf dem Weg zum gestandenen Oberligaspieler sind.

Fazit: Angesichts der bis zum vergangenen Samstag ungeklärten Klassenzugehörigkeit war es für die Kaderplaner des SC – bisher waren dafür in erster Linie Teammanager Christoph Hahn und Finanz-Vorstand Rolf Kielburger verantwortlich – nicht leicht, eine wettbewerbsfähige Mannschaft für die kommende Runde zusammenzustellen. Doch jetzt muss noch ein bisschen was kommen. Die Achse muss stabiler, stärker werden. Klappt das nicht, dann riecht es wieder nach Abstieg im Haag beim SC Idar-Oberstein. Und den Geruch braucht nun wirklich keiner.

Top-News aus dem Sport