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Bei Elfmetern gilt: linker Fuß – rechte Ecke – Nachspielzeit von Sascha Nicolay

Also in aller Unbescheidenheit – den Elfmeter von Niklas Alles vom VfR Baumholder am Samstag in Idar, den hätte ich auch gehalten. Heute noch. Warum? Na, weil Horst-Dieter Strich mal mein Trainer war.

Nachspielzeit von Sascha Nicolay

Kennen Sie noch Horst-Dieter Strich? Der Mann war in den 1960er-Jahren Torwart beim 1. FC Kaiserslautern und später ein renommierter Coach bei diversen rheinhessischen Traditionsvereinen. Zum Beispiel bei Hassia Bingen. Dort sind wir aufeinander getroffen. Und auch, wenn ich das Training des heute 79-Jährigen eher als höchst zweifelhaftes Vergnügen in Erinnerung habe, so hat sich seine Anleitung für gelungene Elfmeterparaden bei mir eingebrannt. Mitte Juli 1995 muss es gewesen sein, im Trainingslager der Hassia in Schabbach, pardon, Woppenroth. Während einer der Traingseinheiten auf dem Rasenplatz des SV Oberkirn hat Herr Strich die entscheidende Anweisung gegeben. "Sascha, bei Elfmetern schauen Sie (Horst-Dieter Strich hat seine Spieler gesiezt und mit Vornamen angeredet), mit welchem Fuß der Schütze schießt – und dann: linker Fuß nach rechts, rechter Fuß nach links!“ Herr Strich meinte natürlich, in welche Ecke man als Keeper springen sollte, und gab die Anweisung aus Sicht des Torhüters.

Ich muss zugeben, dass ich von Herrn Strichs Anweisungen im Allgemeinen nicht sonderlich viel gehalten habe. Die spezielle Elfmeteranweisung habe ich später ziemlich oft aber als passend und stimmig empfunden. Bis zu jenem Training 1995 bin ich bei Elfmetern nämlich rein intuitiv vorgegangen, bin bald nach links, bald nach rechts gehopst und bin auch einfach mal stehen geblieben. Ich habe wohl auch mal einen gehalten, aber die Quote hat sich stark verbessert, nachdem ich Horst-Dieter Strichs Elfmeterleitfaden umgesetzt habe. Linker Fuß nach rechts, rechter Fuß nach links – und vorher lange stehen bleiben.

Um also zurück zum Elfmeter für den VfR Baumholder zu kommen, den der von mir wegen seiner fußballerischen Klasse so geschätzte Niklas Alles versemmelt hat, ich hätte ihn auch gehalten, weil ich es genauso gemacht hätte wie Julian Beyhl im Tor des SC Idar-Oberstein. Ich wäre lange stehen geblieben, um dann gegen den Linksfuß Alles nach rechts zu springen. Im Gegensatz zu Julian Beyhl hätte ich es aber nicht intuitiv so gemacht, sondern aus Prinzip – wegen Horst-Dieter Strich.

Für Niklas Alles wäre es trotzdem ungleich besser gewesen, wenn ich am Samstag noch einmal im SC-Kasten gestanden hätte. Dann wäre nämlich sein Nachschuss ins Netz geflogen. Wie Julian Beyhl wäre ich zwar bei dem Elfmeter nach rechts (aus Sicht des Torwarts) abgetaucht. Das wäre wegen der Erdanziehungskraft sicherlich auch noch in vergleichbarer Geschwindigkeit passiert. Aber dann... Julian Beyhl ist dann ja wie eine Feder nach oben geschnellt und hat auch den Nachschuss spitze gehalten. Ich hätte diesen Nachschuss höchstens noch an die Latte kucken können, weil die Nachspielzeit angebrochen wäre, bis ich wieder auf den Füßen gestanden hätte. Meine einzige Chance wäre gewesen, den Elfer gleich festzuhalten.

Niklas Alles sollte sich indes nicht grämen. Elfmeter zu verschießen, das ist schon den Besten der Besten passiert – und jetzt weiß er ja, wie er in Zukunft als Linksfuß schießen soll. Nicht (vom Schützen aus gesehen) nach links, sondern nach rechts. Und dann muss man nur noch hoffen, dass der Torwart auch nach der alten Regel von Horst-Dieter Strich springt...

E-Mail: sascha.niclay@rhein-zeitung.net

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